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Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Titel: Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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aus der Taufe gehoben worden war. Glomser
war ein in die Jahre gekommener Enthusiast, der vorher an zahlreichen Wiener Bühnen
immer wieder in Nebenrollen mitwirken hatte dürfen. Jetzt hatte er sich den Traum
einer eigenen Schauspieltruppe erfüllt. Einmal im Jahr wurde an den zwei Wochenenden
vor Beginn der Sommerferien im Floridsdorfer ›Haus der Begegnung‹ ein Stück aufgeführt.
    Diese Aufführungen
waren eine willkommene Abwechslung im Kulturleben des Bezirkes. Allerdings stellte
der hohe Altersdurchschnitt der Schauspieler – Bekannte oder ehemalige Weggefährten
Glomsers – von Anfang an ein Problem dar. Wie die Rolle eines jugendlichen Liebhabers,
wie die der von ihm Angebeteten besetzen? Außerdem zeigten einige der Mimen nur
wenig Ausdauer und verabschiedeten sich bereits nach zwei Saisonen. Die ehrgeizigen
Pläne Glomsers waren also schon bald auf eine harte Probe gestellt.
    Da sprang
das Floridsdorfer Gymnasium ein und bot seine Mithilfe an. Die dortigen Schüler
sollten für die notwendige Auffrischung sorgen und dabei erleben, wie es war, auf
den ›Brettern, die die Welt bedeuten‹ zu stehen. Damit waren einerseits die Besetzungsprobleme
aus dem Wege geräumt, und den Schülern wurde andererseits die Möglichkeit gegeben,
ihr schauspielerisches Talent zu beweisen. Zusätzlich sorgte das Gymnasium durch
gezielte Werbemaßnahmen für eine beinahe 100%ige Auslastung der Vorstellungen. Mit
Hilfe des Schulbudgets konnte das finanzielle Risiko gering gehalten und in diesem
Jahr auch erstmals ein professioneller Regisseur engagiert werden. Alles, was Direktor
Marksteiner als Gegenleistung verlangte, war der Zusatz ›mit freundlicher und tatkräftiger
Unterstützung des Floridsdorfer Gymnasiums‹ in den Programmheften und auf sämtlichen
Plakaten. Klar, dass ihn der Fortgang der Proben interessierte.
    Heuer war
der 150. Todestag von Johann Nepomuk Nestroy, der von vielen immer noch als der Wiener Klassiker des Theaters angesehen wird, obwohl Franz Grillparzer zur selben
Zeit Dramen schrieb, die dem klassischen Ideal weit näher kamen. Aber Grillparzers
Helden waren irgendwo angesiedelt, im klassischen Griechenland oder in Spanien,
und wenn schon in Österreich, dann abgehoben am Hof der Habsburger. Nestroys Charaktere
hingegen entsprangen direkt der Seele des Wiener Volkes. Sie verkörperten dessen
ganze Schläue, Dummheit, Falschheit und Schicksalsgläubigkeit. Sie waren so beliebt,
weil der Wiener sich in ihnen wiedererkannte. Sie lachten und sangen, tranken und
prassten und vergaßen dabei die Welt, und mit den meisten von ihnen hätte es wohl
ein schlechtes Ende genommen, wenn nicht eine Glücksfee im letzten Moment ihr Füllhorn
über ihnen ausgeleert hätte. Dass man ein bisschen Glück im Leben braucht, darin
waren sich Nestroy und die Wiener einig. Und so endeten seine Stücke in Wohlgefallen
und waren allseits beliebt – bis zum heutigen Tag.
    Aus Anlass
des Todestages machte man sich von Seiten des ›Floridsdorfer Welttheaters‹ daran,
Nestroys Posse ›Einen Jux will er sich machen‹ aufzuführen, ein wildes Verwirrspiel
ganz in der Tradition des Wiener Volksstückes: Der Gewürzkrämer Zangler fährt in
die Stadt, um einige Dinge, vor allem seine bevorstehende Vermählung mit Madame
Knorr, zu regeln. Das Geschäft überlässt er seinem Angestellten Weinberl und dem
Lehrbuben Christopherl. Die beschließen allerdings, auch einmal ›verfluchte Kerle‹
zu sein, ebenfalls in die Stadt zu fahren und sich dort einen Jux zu machen – selbstredend
ohne Geld. Bald kommt es zu den turbulentesten Verwechslungen. Natürlich verliebt
sich Weinberl in Frau von Fischer, Madame Knorrs Freundin, und wird durch einen
missglückten Scherz für deren Mann gehalten. Zanglers Mündel Marie ist gleichzeitig
mit ihrem Geliebten Sonders auf der Flucht vor ihrem Onkel und Vormund. Später taucht
Zangler mit seinem leicht vertrottelten Hausknecht Melchior auf der Szene auf. Eine
wilde Verfolgungsjagd beginnt, ehe sich am Schluss doch alles in Wohlgefallen auflöst.
    »Wer von
unserer Schule spielt denn nun heuer mit?«, erkundigte Marksteiner sich.
    »Die Kollegin
Ilona Patzak gibt das Fräulein Blumenblatt, die Anette Riedl aus der siebenten Klasse
das Mündel Marie, und Toni Haslinger aus der fünften Klasse den Christopherl«, gab
Korber bereitwillig Auskunft.
    »Der Haslinger
ist auch dabei?«, zeigte sich Marksteiner überrascht. »Er hat doch ziemliche Schwierigkeiten
in der Schule, und was seine

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