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Netha-Chrome

Netha-Chrome

Titel: Netha-Chrome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janco Weiland
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Erinnerungen zu ärgern finde ich weniger lustig. Besonders nicht, wenn es sich dabei um eine Dekrets-Verletzung handelt, Sydney!“ Die KI senkte den Kopf.
    „Das…ist keine Retourkutsche. Sie haben mich geküsst, als Sie von den Soldaten der MDA abgeführt worden sind. Können Sie sich wirklich nicht mehr daran erinnern?“
    180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 180 Sie pausierte kurz, um mir die Chance zu geben, die Erinnerungen wiederzuholen. Und tatsächlich kam langsam wieder etwas zurück. Bilderfetzen meiner Verhaftung. Einsatzagenten zerrten an mir herum, meine Lippen berührten Sydneys. Es schien, als hätte sie Recht. Doch was bedeutete das? War es ein einfacher Abschiedskuss gewesen? Oder hatte er eine nähere Bedeutung? Wenn wir beide so vieles dafür riskiert hatten, musste er von Bedeutung gewesen sein.
    Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, mich an Einzelheiten der Zeit vor meiner Verhaftung zu erinnern. Bilder, Gefühle, irgendetwas. Aber zu vieles lag noch in Scherben, als dass ich ein zusammenhängendes Bild zeichnen konnte. Zumindest, was die Beziehung zwischen mir und Sydney anbelangte.
    „Ich…kann mich daran erinnern“, sagte ich leise und schaute der Agentin in die eisblauen Augen. „Aber ich weiß momentan nicht, was es zu bedeuten hat.“ Die Mundwinkel der KI zuckten nach oben.
    „Nun ja, es könnte bedeuten, dass wir ein Paar sind und…“
    „Mooooment“, unterbrach ich sie und deutete ihr mit einer Geste, ihre Stimme zu senken. Alleine eine solche Behauptung könnte uns beide in arge Schwierigkeiten bringen. „Ein Kuss macht noch lange kein Liebespaar, Sydney. Außerdem verfügen Sie doch im Gegensatz zu mir wieder über sämtliche Erinnerungen. Sie müssten wissen, ob dieser Kuss eine Bedeutung hatte.“ Sydney neigte den Kopf zur Seite und lupfte ihre linke Augenbraue.
    „Sie vergessen, dass ich kein Mensch bin, der die Bedeutung von zwischenmenschlichen Interaktionen mit einer Selbstverständlichkeit lesen kann. Gerade hochkomplizierte Emotionen wie Liebe und Zuneigung muss ich erst noch vollständig verstehen lernen.“
    Ich atmete tief ein. Ich spürte schon die ganze Zeit über, dass zwischen mir und Sydney etwas war, dass ich aber bisher nicht erklären konnte. Gefühle, die ich nicht zuordnen konnte und die mich verwirrten. Natürlich war Sydney eine wunderschöne Erscheinung. Sexy, intelligent und stellenweise sogar witzig, gewollt oder ungewollt. Aber sie war nicht menschlich. In ihren Adern floss kein Blut sondern Kühlmittel, ihr Fleisch bestand aus verschiedenen, synthetisch hergestellten Polymeren. Gut, der Mensch bestand ebenfalls aus Biopolymeren, aber wir wurden gezeugt und wuchsen in einem biologischen Körper heran. Sydney hingegen wurde hergestellt, und so menschlich sie auch wirkte, sie wäre niemals ein echter Mensch. Konnte man Gefühle für einen künstlichen Menschen entwickeln? Konnte man Maschinen lieben?
    Früher wäre das für mich eine unmögliche Vorstellung gewesen, genauso wie die Vorstellung, eine Maschine zu küssen. Aber anscheinend hatte ich es getan, meine Gefühle hatten ihr Okay dazu gegeben. War es deshalb in Ordnung? War es das Risiko wehrt, verhaftet zu werden und ein paar Jahre meines Lebens im Knast zu verbringen? Der Verstand sagte definitiv Nein. Körper und Geist hingegen sagten Ja. Sydney war mehr als eine Maschine, mehr als die Summe ihrer Teile. Es stand also zwei zu eins. Der Verstand schien zu verlieren.
    Ich zog Sydney ein bisschen zur Seite und schaute mich um. Niemand hier drinnen durfte dieses Gespräch mitanhören.
    „Wie hat es sich denn angefühlt?“, wollte ich von der KI wissen. Ich kam mir dabei vor wie ein pubertierender Halbstarker, der bei seinem vorbestraften Kumpanen nachfragte, wie es denn war, nicht nur gegen die gesellschaftlichen Richtlinien zu rebellieren, sondern gleich massiv gegen das Gesetz zu verstoßen.
    Die KI verdrehte den Kopf und blickte etwas verwirrt. „Sie meinen den Kuss?“
    „Ja. Wie hat er sich für Sie angefühlt?“
    „Es…es war eine interessante Erfahrung.“ Diese Antwort hatte ich von einer Maschine

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