Netha-Chrome
Ihren Datenbanken noch andere Anhaltspunkte, die Sie mir vorenthalten wollen weil Sie überzeugt sind, dass sie zu nichts führen.“
„Ich habe nicht gesagt, dass es zu nichts führt. Ich habe gesagt, dass es unwahrscheinlich ist, selbst wenn wir auch nur einem von diesen Leuten ein Engagement bei Netha-Chrome nachweisen könnten. Was wir bislang nicht getan haben.“
„Dann wird es Zeit“, sagte ich, aber die Agentin hob warnend eine Hand.
„Wir dürfen auf keinen Fall überstürzt handeln, Arkansas. Nicht bei diesen Leuten. Der MSS hat nicht umsonst die Überwachung eingestellt. Nicht nur, weil wir ihnen keinerlei kriminelle Machenschaften vorwerfen konnten, sondern auch deshalb, weil einige von ihnen in der Lage wären, dem MSS mächtig Schwierigkeiten zu machen.“
„Der MSS hat Angst vor diesen Typen?“, fragte ich ungläubig. Sydney schüttelte sachte den Kopf.
„Angst wäre das falsche Wort. Wir sollten nur unbedingt auf den behutsamen Umgang mit Fakten oder gar Anschuldigungen achten.“ Gut. Wir bekamen es also mit einer Klientel zu tun, deren Tür ich nicht einfach eintreten und die ich nicht am Kragen packen und so lange schütteln konnte, bis sie eine Verbindung zu einer Terrororganisation zugab. Schade eigentlich.
„Also schön. Wir gehen diesmal ganz behutsam vor.“ Die Agentin musterte mich ungläubig.
„Wieso ist mir nicht wohl dabei, wenn Sie das Wort behutsam in den Mund nehmen?“
„Was soll das denn heißen?“
„Das soll heißen, dass ich am besten die Befragungen durchführe und Sie sich im Hintergrund halten. Ginge das?“ Ich blieb kurz vor der nächsten Tubie-Haltestelle stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Hey, ich kann behutsam sein, wenn ich muss.“ Sydney lupfte eine Augenbraue.
„Schwer vorstellbar.“
Ich seufzte laut. Im Grunde hatte sie ja Recht. Behutsam und feinfühlig kamen in meinem Wortschatz so gut wie nicht vor. Zudem hatte ich überhaupt keine Erfahrung im Umgang mit dieser besonderen Art von Verdächtigen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass einige von ihnen tatsächlich den einen oder anderen Hebel in Bewegung setzen konnten, um dem MSS mächtig Feuer unterm Hintern zu machen. Ein falsches Wort oder eine falsche Anschuldigung konnten dabei genügen. Das war das Problem mit den Mächtigen in den Führungsetagen der hiesigen Wirtschaft. Sie waren einfach zu mächtig, als dass man mit ihnen spielen konnte. Diese Leute standen über allem. Über dem MSS, über der MDA oder der SOU, ja sogar noch weit über dem Protektorat. Sie waren die wahren Bosse auf dem Mars. Und je mehr ich darüber nachdachte, umso mehr musste ich Sydneys Bedenken teilen, in diese Richtung zu ermitteln. Aber wir konnten die Möglichkeit, dass einige hohe Tiere der Wirtschaft vielleicht etwas damit zu tun hatten, nicht einfach ignorieren.
„Vielleicht wäre es wirklich besser, Sie gingen alleine“, gab ich nun unumwunden zu.
„Ach ja?“ Ich nickte nachdenklich und beschloss, mich lieber in anderen Gefilden umzusehen. Mir kam da nämlich gerade ein Gedanke.
„Und während Sie bei den Schönen und Reichen ein bisschen auf den Putz klopfen, versuche ich nochmals Kontakt mit dem Gebilde aufzunehmen. Schließlich waren die es, die die Natter am Busen genährt haben.“ Sydney neigte den Kopf zur Seite.
„Wieso sollte jemand eine Natter an seinem Busen nähren? Mal abgesehen davon, dass Nattern Reptilien und keine Säugetieren sind.“ Ich grinste.
„Das ist ein uraltes, terranisches Sprichwort. Ich meine damit, dass Netha-Chrome sich vom Gebilde abgespalten hat und nun sein eigenes, krankes Ding durchzieht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Regulat darüber gar nicht erbaut ist. Vielleicht weiß er etwas und hilft uns noch einmal.“ Sydney legte die Stirn in Falten.
„Diese Möglichkeit hatte ich auch schon in Betracht gezogen. In diesem Fall wäre es tatsächlich besser, unsere Ermittlungen getrennt voneinander zu führen.“
Dieser Ausspruch machte mich stutzig. Es lag zwar auf der Hand, dass sich das Gebilde gegenüber einer Agentin der Abteilung Cyberkriminalität nicht sonderlich offenherzig zeigte, trotz dass sie uns schon einmal behilflich waren. Aber ein Agent des MSS ermittelte niemals alleine. Das war eine ihrer ersten und wichtigsten Regeln. Eine Regel, von der Sydney niemals bereit gewesen war, abzuweichen.
„Sie meinen, wir sollten uns aufteilen? Sie?“ Ein paar Meter weiter hielt ein Tubie an der Haltestelle, öffnete selbsttätig
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