Netha-Chrome

zwei Minuten hier und gehen mir schon mächtig auf den Keks! Die Amnesie ist Ihnen anscheinend gar nicht bekommen!“
    „Leiden Sie denn nicht unter diesem Gedächtnisverlust?“, wollte Sydney wissen. Catanzano winkte ab.
    „Nein. Und langsam habe ich das Gefühl, ich bin der Einzige hier.“
    „Das stimmt nicht“, erwiderte Sydney. „Wir haben Informationen, nach denen es nicht alle Menschen in der Stadt getroffen hat. Eine Erklärung für dieses Phänomen habe ich allerdings nicht.“
    „Das soll momentan auch nicht unsere Sorge sein“, blaffte der First Agent. „Unsere Sorgen liegen ganz woanders. Der MSS hat den Scheiß, der da gerade in der ganzen Stadt gelaufen ist, bereits vor einer Stunde in Form eines Video-Mitschnitts erhalten. Das Protektorat geht vor Wut darüber die Wände hoch und hat unsere Abteilung bereits angewiesen, dieses Video zu untersuchen und sich der Strafverfolgung annehmen.“
    „Wieso gerade unsere Abteilung?“, fragte Sydney.
    „Es war ein systemweiter Anschlag auf die Funktionalität des Streams. Die obersten Regierungsstellen haben uns deshalb damit beauftragt. Für die fällt das Ganze anscheinend unter die Rubrik Cyberkriminalität.“
    „Sollte da nicht eher die SOU eingeschaltet werden? Oder gar die MDA?“ Catanzano riss bei dem Wort MDA die Augen auf.
    „MDA? Nein, das Protektorat würde momentan den Teufel tun, und die MDA mit den Ermittlungen beauftragen.“
    „Und wieso?“, wollte ich wissen.
    „Haben Sie die letzten Wochen in einer Höhle gelebt?“, maulte der untersetzte Kerl. Ich zuckte die Achseln.
    „Nahe dran.“
    „Das Protektorat und die MDA sind sich momentan spinnefeind. Die Jungs aus der Regierung vermuten sogar eine Beteiligung der MDA an diesem Vorfall.“ Nun riss ich die Augen auf. Das war ja mal interessant.
    „Tatsächlich?“
    „Sie haben es überdeutlich gemacht, als sie den Ermittlungsauftrag erteilt haben. Man hätte gar meinen können, dass sie keinen anderen Verantwortlichen präsentiert bekommen wollen als irgendein hochrangiges Tier der MDA.“
    „Wie darf ich das verstehen?“, fragte Sydney sichtlich irritiert. Catanzano stöhnte.
    „Anscheinend hat das Protektorat beschlossen, die MDA absichtlich zu denunzieren und Beweise zu sammeln, um der gesamten Truppe Straftaten in größerem Ausmaße nachzuweisen. Scheint, als hätte sich die Agency einmal zu oft mit der Regierung angelegt. Ich weiß nicht, was da läuft, aber anscheinend will Oregon Lockwood und seine Regierungstruppe die MDA aus dem Verkehr ziehen.“
    „Interessant“, murmelte ich und strich mit einer Hand durch mein Gesicht.
    „Was ist interessant?“, zischte Catanzano. Ich schaute den Kerl an und hatte fast vergessen, dass ich offiziell noch unter Amnesie litt. Nun, im Grunde tat ich das ja wirklich, aber einige Sachen lagen klarer vor mir als andere. So erinnerte ich mich zum Beispiel daran, was Moskau mir kurz vor seinem Tode gesteckt hatte. Er hatte einst befürchtet, dass die MDA schon länger gegen das Protektorat arbeitete. Anfangs hatte ich das für Spinnerei gehalten, doch die Indizien häuften sich, dass er tatsächlich Recht hatte. Sie hatten Moskaus Leute festgesetzt und versucht, Vitali Asharow den Terranern zu übergeben. Ich war damals fest davon überzeugt gewesen, dass sie das alles ohne das Wissen oder die Einwilligung des Protektorates getan hatten. Aber das wollte ich Catanzano nicht unbedingt auf die Nase binden.
    „Ach nichts“, winkte ich ab und als Catanzano mich seltsam anschaute, warf ich hastig ein: „Was ist mit dem Video? Dürften wir es uns vielleicht nochmal ansehen? Ich meine, vielleicht finden wir noch irgendwelche Hinweise, die uns weiterbringen.“ Der glatzköpfige First Agent zog seine riesige Stirn kraus.
    „Ich weiß nicht, ob ich Sie überhaupt noch als Tracer für den MSS arbeiten lassen kann. Immerhin saßen Sie wegen schwerer Sachbeschädigung und tätlichen Angriffen im Gefängnis.“ Ich setzte eine unschuldige Miene auf.
    „Ich weiß von nichts. Tut mir leid. Aber ich bin durch diese Amnesie ein ganz anderer Mensch geworden. Egal was ich getan habe, ich würde nie wieder etwas Derartiges tun.“
    Ich musste mich zusammenreißen, um dabei nicht sarkastisch zu klingen oder gar anfangen zu lachen. Catanzano hingegen schaute mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank.
    „Ich glaube, nach dem Briefing sollten Sie sich dringend mal untersuchen lassen, Arkansas. Aber Macke oder nicht, ich kann Sie so