Nette Nachbarn
hier
irgendwo einen ruhigen Ort, an dem wir uns unterhalten können?«
»Sicher. Gehen wir zur Mole hinunter.«
Er nahm wieder meinen Arm, als hätte er Angst, ich könnte auf dem unebenen
Boden stolpern, und führte mich über die Baustelle zum Ufer der Bucht, wo sich
eine Mauer aus Naturstein über das Wasser erhob. Ich lächelte schwach, als mir
seine Sorge wegen der Versicherungsprämien einfiel. Er ließ mich erst los, als
ich sicher auf der Mole saß. Dann trat er zurück und baute sich vor mir auf,
die Beine weit gespreizt, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Ich gehe davon aus, daß die Makler Sie
geschickt haben«, fing er an.
»Nein, ich bin Privatdetektivin.«
Sorge flackerte in seinen Augen auf.
»Was ist denn da los?«
»Es hat Probleme gegeben — «
»Wer hat Sie beauftragt?«
»Die Mieter. Sie — «
»Es ist warm genug, und sie haben genug
Wasser. Ich erfülle alle Auflagen. Und ich habe nicht einmal versucht, ihre
Mieten zu erhöhen.«
»Das weiß ich. Aber es hat — «
»Sie haben keinen Grund, sich zu
beschweren. Ich bemühe mich, ein fairer Vermieter zu sein.«
»Davon bin ich überzeugt.«
Aufgeregt fing LaFond an, hin und her
zu gehen. »Ich wollte diese Kiste nie haben, weiß Gott nicht. Wenn es nicht mit
dem Erwerb dieses Landes hier zusammengehangen hätte, hätte ich es nicht
angerührt. Ich weiß nichts davon, wie man sich als Hausherr über ein paar
Slumbewohner verhält, verdammt. Und ich kann das Loch nicht verkaufen; keiner
will es sich auch nur ansehen, und noch viel weniger macht man mir ein Angebot.
Und jetzt? Was ist jetzt? Haben die ‘ne neue Petition zusammengestellt oder
was?«
»Mr. LaFond — «
»Ich kann sie nicht auf das verdammte
Dach lassen. Sie verstehen nicht, die Versicherung — «
»Mr. LaFond!« Ich erhob die Stimme, wie
Carolyn es vorher bei Mary Zemanek getan hatte. »Niemand will etwas von Ihnen.«
Die Worte brachten ihn zum Stehen.
»Nicht?«
»Nein. Warum setzen Sie sich nicht hin?
Ich erkläre es Ihnen.«
Er zögerte, kam dann aber näher und
lehnte sich neben mir an die Mole. »Also gut, dann erklären Sie mal.«
»Im Hotel hat es Probleme gegeben.
Jemand scheint zu versuchen, Ihre Mieter zu ängstigen.«
»Ach, das. Mary Zemanek hat so etwas
erwähnt. Aber ich hatte den Eindruck, daß es mehr Hysterie als irgend etwas
sonst war.«
»Vielleicht. Aber das Refugee
Assistance Center — das viele der asiatischen Mieter im Hotel untergebracht hat
— ist doch immerhin so besorgt, daß man mich beauftragt hat, mich um die Sache
zu kümmern.«
»Sie bezahlen Sie?«
»Ja.«
»Dann muß ich also nicht dafür
aufkommen?«
»Nein.«
»Verstehe.« Er machte eine kurze Pause,
offensichtlich erfreut über diese Auskunft. »Aber warum sind Sie zu mir
gekommen?«
»Ich hätte gern Ihre Meinung dazu
gehört, wer wohl hinter diesen Vorfällen stecken könnte.«
»Meine Meinung? Warum sollte ich eine haben?«
»Nun, es ist immerhin Ihr Haus.«
»Es gehört mir, ja. Aber seit dem
letzten August bin ich nicht mehr dort gewesen. Ich habe eine Hausmeisterin,
die sich um alles kümmert. Erzählen Sie mir nur nicht, daß Mary ihre Aufgabe
vernachlässigt hätte.«
»Ich bin sicher, sie tut, was sie kann.
Aber diese Vorfälle sind scheinbar recht erschreckend.«
»Mir gegenüber hat sie sie nicht so
beschrieben.«
»Wahrscheinlich hat sie Sie nicht
aufregen wollen. Aber sie kehren wieder... Heute hat zum Beispiel jemand einen
Weihnachtsbaum zerstört, der in der Halle stand.«
Ein merkwürdiger Ausdruck trat auf
LaFonds Gesicht, und dann runzelte er die Stirn. »Ich kann mir erklären, wie
das gekommen ist. Die ganze Umgebung ist doch erschreckend. Wenn Sie mich
fragen: Das muß ein Irrer sein, jemand von der Straße, der seinen Spaß daran
hat, Leute zu terrorisieren.«
»Ist Ihnen jemals der Gedanke gekommen,
es könnte jemand mit einem tieferen Beweggrund sein?«
Er blinzelte mich durch den
Sonnenschein hindurch an. »Was für ein Beweggrund?«
Ich zuckte mit den Achseln, wechselte
vorübergehend das Thema. »Mr. LaFond, was haben Sie mit dem Hotel vor?«
»Es verkaufen, wenn ich kann. Es steht
in der Liste. Aber, wie gesagt, es gibt keine Interessenten.«
»Wenn es verkauft würde, müßte der
Käufer die Mieter mit übernehmen, richtig?«
»So steht es im Gesetz, ja.«
»Und der neue Besitzer könnte die
Mieten nicht erhöhen?«
»Nein. Das ist ein echtes Hindernis
beim Verkauf. Jeder, der dieses Gebäude heute finanziert, und bei
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