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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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den
derzeitigen Zinsraten, würde eine enorme Schuldenlast auf sich nehmen. Und dann
sind da noch die Reparaturkosten und die Kosten für den Unterhalt und Betrieb.
Das Gebäude trägt sich noch nicht einmal jetzt selbst, ganz zu schweigen, wenn
die Finanzierung höher wäre.« Er stieß sich von der Mauer ab und fing wieder
an, hin und her zu laufen. »Ich würde es liebend gern loswerden oder es in
etwas Gewinnbringenderes verwandeln.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Nun, da ist nichts, was ich tun kann ,
bei der Nachbarschaft. Wenn es ein paar Blocks weiter nördlich wäre, könnte man
eine dieser Frühstückspensionen daraus machen, oder ein schickes, kleines
Hotel. Kennen Sie das Abigail - in der Nähe der Hauptbücherei?«
    Ich nickte.
    »Na ja, so etwas eben. Es herausputzen,
mit hübschen, viktorianischen Antiquitäten einrichten, eine Bar einbauen,
vielleicht ein kleines Restaurant. Dann könnte man wirklich Geld damit machen.
Ich hatte einen möglichen Kunden, der sich genau das überlegt hat — bis er sich
die Gegend genauer angesehen hat.«
    »Das heißt also, Sie werden das Globe
nicht los — und auch nicht die Mieter.«
    »Richtig.« Er blieb stehen und wandte
sich mir zu, sah mich enttäuscht an. »Ich fürchte, so ist es.«
    »Haben Sie je daran gedacht, die Mieter
hinauszusetzen? Dann wäre das Haus leichter zu verkaufen.«
    »Natürlich habe ich daran gedacht. Aber
es gibt keinen legalen Weg, das zu tun.«
    »Aber wenn sie solche Angst hätten, daß
sie ausziehen würden...«
    Seine Augen verengten sich. »Wollen Sie
damit sagen, daß ich derjenige bin, der sie terrorisiert, um sie dazu zu
bringen, mein Haus zu verlassen?«
    Ich beobachtete ihn nur, erwartete
einen neuen Wutausbruch.
    Roy LaFond überraschte mich. Er fuhr
sich mit der Hand durch das dichte, weiße Haar, ihm fehlten offensichtlich die
Worte. Er überraschte mich tatsächlich so sehr, daß auch mir nichts mehr einfiel,
was ich hätte sagen können. Ich war ziemlich sicher, daß LaFond die Position,
die er innehatte, nicht dadurch erlangt hatte, daß er ein netter Kerl war, und
seine Jungenhaftigkeit hatte ich für gespielt gehalten, ebenso wie Otis Knox’
»Pah, Süße«-Vorstellung. Aber LaFond schien ehrlich verwirrt und verletzt zu
sein.
    Wir sahen einander eine Minute lang an,
und dann erklärte er mit verletzter Würde: »Ich versichere Ihnen, Miss McCone,
daß ich nicht im Hotel herumschleiche und Kinder im Treppenhaus anbrülle.
Genausowenig schaffe ich Stromausfälle, mache Lärm im Keller und zerstöre
Weihnachtsbäume. Vielleicht mag ich weder das Haus noch seine Bewohner, aber es
liegt in meinem eigenen Interesse, daß es ihnen gutgeht und sie sicher sind.«
    Ich hatte schon angefangen, mich zu
schämen, aber als er von seinem eigenen Interesse sprach, verging dieses
Gefühl. »Und Sie haben keine Ahnung, wer für diese Ereignisse verantwortlich
sein könnte?«
    »Nein, überhaupt keine. Und jetzt muß
ich zu meinem Ingenieur zurück.« Er hielt mir den Arm hin, so daß er mich zu
meinem Wagen bringen und auf diese Weise einen möglichen Rechtsstreit
verhindern konnte. Als wir ankamen, dankte ich ihm und versprach, ihn wissen zu
lassen, was ich herausfinden würde. Er nickte nur und ging davon.
    Während der ganzen Rückfahrt in die
Stadt dachte ich über Roy LaFond und seine sonderbare Reaktion nach. Ganz
besonders dachte ich über seinen Protest nach, daß er keine Kinder im
Treppenhaus anbrüllen oder Stromausfälle verursachen würde; anfangs hatte es
den Anschein gehabt, als wüßte er kaum etwas von den Vorkommnissen. Es wäre
interessant zu wissen, wieviel Mary Zemanek ihm erzählt hatte. Und es wäre auch
interessant zu wissen, wo Roy LaFond zu der Zeit gewesen war, als der
Weihnachtsbaum zerstört wurde.

SECHSTES
KAPITEL
     
    Als ich schließlich wieder in die Stadt
zurückkam, war es fast fünf Uhr; mir würde gerade noch genügend Zeit bleiben,
um in mein Büro in der All Souls Legal Cooperative in Bernal Heights zu fahren
und ein paar Telefonanrufe zu erledigen, ehe ich Don zum Abendessen bei mir
daheim treffen würde. Da ich nicht die Absicht hatte, lange zu bleiben, ließ
ich meinen Wagen in der Auffahrt des Hauses stehen und eilte die Treppe zur
Haustür hinauf.
    Ted, der Sekretär, tippte eifrig, als
ich zur Tür hereinkam, und er nickte mir zu, wobei er kaum den Blick von den
handschriftlichen Notizen hob, die er übertrug. Kein Anzeichen seines üblichen
Kreuzworträtsels aus der New York Times oder seines

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