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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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hörte ihm zu. Wenn man Dons
enthusiastischer Stimme Glauben schenken durfte, dann war das Leben nicht
vollkommen, wenn man sich noch nicht die neue Auswahl an Platten und Kassetten
in der Record Factory angesehen hatte. Und alle Kinder von San Ramon sollten
sich besser beeilen, um am kommenden Freitag abend im Civic Auditorium die von
KSUN gesponserte Weihnachtsfeier zu besuchen. Don wußte, es würde toll werden,
weil er persönlich KSUN-Shirts kostenlos an die fünfzig ersten Paare verteilen
würde...
    Dann produzierte er ein paar sonderbare
Töne, erzählte einen schrecklichen Witz, lachte dröhnend und legte eine Platte
auf.
    »Hallo, Schatz«, sagte seine Stimme am
anderen Ende der Telefonleitung.
    Ich stellte das Radio ab. »Ich schwöre
dir, manchmal frage ich mich, was ich überhaupt mit dir anfange.«
    »Aha, du hast meiner Show zugehört.«
    »Kurz. Ich bin froh, daß ich weiß, daß
das nicht wirklich du bist.« Der wirkliche Don war ein ruhiger Mann, ein
Klassik-Pianist, der den mittelmäßigen Rock haßte, der den Kern von KSUN
darstellte.
    »Ich auch. Sind wir zum Essen
verabredet?«
    »Ja, aber ich muß erst noch was
besorgen.« Wir besprachen, was wir essen wollten, entschieden uns für meine
Spezialburger mit Unmengen von Käse, und vereinbarten, daß wir uns nach sechs
in meinem Haus treffen würden. Wer immer zuerst ankam, sollte den Wein öffnen.
Nachdem ich aufgelegt hatte, versuchte ich es erneut mit meinem Handwerker,
aber mein Telefon daheim war immer noch besetzt.
    Das beunruhigte mich ein wenig. Der
Mann war ein kleiner Australier namens Barry, der von sich behauptete, sehr
gute Arbeit als Klempner zu leisten. Was mich betraf, so bestand seine größte
Tugend darin, daß er billig war. Bisher hatte er viel Zeit damit verbracht, im
Bad herumzufuhrwerken und dabei sonderbare Dinge zu murmeln. Ich vermutete, daß
man in Australien auf diese Art seinen Frust ausdrückte. Barry hatte eine Woche
gebraucht, um die Toilette zu installieren — die vorher in einer eisigen Kabine
auf der Veranda hinter dem Haus untergebracht gewesen war — und das Prinzip von
kaltem und heißem Wasser war ihm immer noch nicht aufgegangen. Das Ergebnis
war, daß ich entweder in dem umgebauten Speicher geduscht hatte, in dem Don
wohnte, oder bei meinen Nachbarn.
    Na ja, sagte ich mir, ich würde früh
genug erfahren, worin das Problem bestand. Es hatte keinen Sinn heimzurasen,
ehe ich eingekauft hatte.
    Als ich das Büro verließ, sah ich, daß
Ted gegangen war. Seine Schreibmaschine war ordentlich abgedeckt. Der Flur lag
im Dunkeln, das ›Bitte nicht stören‹-Schild hing noch immer an Hanks Tür, und
aus der Küche drangen weder Geräusche noch Gerüche. Früher wäre Ted noch hier
gewesen, hätte mit den Anwälten geschwatzt, die aus ihren Büros kamen oder von
einem Tag bei Gericht zurückkehrten. Hank hätte auf die Schnelle ein
wundervolles Abendessen zubereitet und wäre wegen beginnender
Verdauungsstörungen gehänselt worden. Ich wäre wahrscheinlich überredet worden,
noch auf ein Glas Wein zu bleiben — oder auch zwei oder drei. Aber jetzt war
alles düster und still. Ich fragte mich, ob in diesem Jahr überhaupt jemand
daran denken würde, den traditionellen Weihnachtsbaum ins Fenster zu stellen.
    Ich grübelte noch über den Zustand
nach, als ich hinausging und an meiner Windschutzscheibe eine Notiz fand. Sie
lautete: »Sharon — Bitte, parke nicht in der Auffahrt. Sie steht nur den
Anwälten zu.« Unterschrieben war sie von Gilbert Thayer, einem Absolventen der
University of Michigan, der im letzten Jahr der Sozietät beigetreten war — und
dem ich die Schuld am größten Teil unserer laufenden Probleme gab. Ich
zerknüllte die Notiz und ließ sie auf den Boden fallen. Ich hoffte, er würde
sie dort finden. Dann fuhr ich zum nahe gelegenen Einkaufscenter in der Mission
Street. Nachdem ich in zehn Minuten meine Einkäufe zusammengesucht und
anschließend fünfunddreißig Minuten an der Kasse gestanden hatte, befand ich
mich schließlich auf dem Weg nach Hause, um das letzte Unheil zu begutachten,
das mein Handwerker angerichtet hatte.
    Mein Heim war ein kleines Häuschen in
der Church Street, jenseits der Stelle, an der die J-förmigen Schienen der
Straßenbahn enden. Ich hatte eine ruhige Nachbarschaft, in der hauptsächlich
einfache Arbeiter und ein paar vereinzelte junge Akademiker wohnten, die
abgewohnte Häuser aufgekauft hatten und sie jetzt herrichteten. In den zehn Monaten,
die ich jetzt hier

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