Nette Nachbarn
zurückkehren. »Also schön,
mach’ ich.«
Sie erklärte mir den Weg und versprach,
LaFond über sein Autotelefon anzurufen und ihm auszurichten, daß ich unterwegs
wäre. Ich ging zu meinem Wagen hinaus und fuhr wieder zurück auf den Freeway.
Der Weg zur Brücke führte am Gefängnis
San Quentin vorbei, dessen Mauern in der Nachmittagssonne eine täuschend
angenehme Pfirsichfarbe aufwiesen. Die Brücke spannte sich über das ruhige
Wasser der Bucht, und dann führte die Straße — deren Belag vom ständigen Verkehr
der schweren Lastkraftwagen mitgenommen war — durch ein Industriegebiet, um
schließlich mit dem Eastshore Freeway zusammenzulaufen. LaFonds neues
Wohnungsprojekt war leicht zu erkennen. Es befand sich auf einem Landstück, das
in die Bucht hinausragte, in der Nähe der großen Rennbahn. Schon waren die
Betonfundamente für die Häuser ausgegossen, und Stahlstreben reckten sich aus
ihnen himmelwärts.
Ich fuhr durch die Öffnung im
Drahtzaun, der die Baustelle umgab, und fragte einen Mann mit Schutzhelm, wo
ich Mr. LaFond finden könnte. Er zeigte auf drei Männer, die an einem
Lieferwagen lehnten und über ein paar Baupläne diskutierten. »Der mit dem
weißen Haar ist es.«
Ich ließ den Wagen in der Nähe des
Zaunes und ging auf die Männer zu. Sie drehten sich um, als ich näher kam, und
dann sagte der Weißhaarige ein paar Worte zu den anderen, klopfte einem auf die
Schulter und kam dann zu mir. Er war groß und schlank, trug lässige Kleidung,
die ebenso gut auf eine Baustelle wie auf einen Golfplatz paßte, und sein Gesicht
war braungebrannt und praktisch ohne Falten. Das Haar, so entschied ich, mußte
vorzeitig weiß geworden sein.
»Miss McCone?« Er streckte mir die Hand
hin. »Ich bin Roy LaFond. Danke, daß Sie hergekommen sind. Ich hätte Sie ja im
Büro empfangen, aber zwischen meinem Architekten und meinem Bauingenieur hat es
ein Problem gegeben, das umgehend gelöst werden mußte.«
»Macht nichts.« Ich deutete auf die
Stahlgerüste. »Ich nehme an, das wird wieder ein solches Projekt wie das, was
Sie in Tiburon gebaut haben.«
Er lächelte erfreut. Lachfältchen
zeigten sich in seinen Augenwinkeln. »Dann kennen Sie Bay Shores?«
»Ich habe es von weitem gesehen.«
»Nun, Bay Shores East wird noch besser.
Fünfhundert Einheiten, Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen. Pool, Jakuzzi,
Gesundheitspark, Anlegestelle für Boote, völlige Sicherheit und — natürlich — die
Aussicht auf San Francisco über die Bucht.« Seine Stimme klang jungenhaft und
enthusiastisch, sein Ton hob sich am Satzende.
Ich sah mir Roy LaFond genau an und kam
zu dem Schluß, daß der Ladenbesitzer Hung Tran recht gehabt hatte — das war
kein Mann, der sich in Kellergeschossen herumtrieb oder Kinder im Treppenhaus
erschreckte. Trotzdem, er könnte ein Mann sein, der jemanden anstellte, um...
»...interessiert daran, eine zu kaufen,
nehme ich an?«
Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder
dem zu, was LaFond sagte. »Verzeihung?«
»Ich nehme nicht an, daß Sie daran
interessiert sind, eine unserer Wohnungen zu kaufen?«
Er schien einen Witz zu machen, aber
ich spürte doch die Ernsthaftigkeit hinter seinen Worten. Nach allem, was ich
gehört hatte, hatte Roy LaFond für jemanden, der nicht älter als vierzig Jahre
sein konnte, eine Menge Geld gemacht, und wahrscheinlich war ihm das gelungen,
weil er niemals eine Gelegenheit ungenutzt hatte verstreichen lassen.
»Tut mir leid, aber ich bezweifle, daß
ich mir das leisten kann«, erklärte ich. Ich fügte nicht hinzu, daß ich auch
keine wollte. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der ich dachte, ich würde
schlanke, moderne Häuser vorziehen und ebensolche Möbel. Aber je älter ich
wurde, desto mehr liebte ich das Traditionelle. Mein Häuschen, das als
Notquartier nach dem Erdbeben von 1906 gebaut worden war, war genau das
Richtige für mich.
In diesem Augenblick rumpelte ein
Tieflader mit einer Ladung Stahl durchs Tor. LaFond legte eine Hand auf meinen
Arm und führte mich aus dem Weg, obwohl ich einige Meter entfernt war. Er
beugte sich zu mir und sagte: »Meine Sekretärin hat mir gesagt, Sie wollten mit
mir über das Globe Hotel sprechen. Sind Sie eine mögliche Käuferin?«
Ich wollte ihm gerade mein Interesse an
dem Hotel erklären, als der Fahrer des Lastwagens aus seiner Fahrerkabine
sprang und eine Gruppe von Arbeitern anbrüllte, die faul in der Nähe
herumstanden. Ich sah zu ihnen hinüber und erkundigte mich dann: »Gibt es
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