Neubeginn in Virgin River
ausgezeichnet, aber sein Weg war das hier.“
„Er ist doch so sanftmütig“, hörte sie sich selbst sagen.
„Das ist er. Jede meiner Enkelinnen fasst er an, als seien sie Nitroglyzerin und könnten jeden Moment in die Luft fliegen, wenn er nur eine falsche Bewegung macht. Aber im Kampf ist er nicht sanftmütig. Dieser Mann ist nicht nur irgendein Marine. Er ist ein hoch ausgezeichneter Held. Seine Schwestern und ich sind sehr stolz auf ihn.“
„Es muss schwer für Sie gewesen sein, wenn er im Einsatz war.“
„Ja.“ Wehmütig betrachtete er die Fotos und Orden. „Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr seine Mutter und ich ihn vermisst haben. Welche Sorgen wir uns um ihn gemacht haben. Aber er hat auf seine innere Stimme gehört und einfach getan, was er tun musste. Und er hat es gut gemacht.“ Sam lächelte. „Wir sollten lieber wieder in die Küche zurückgehen. Er wird sauer, wenn ich so prahle.“
Als Mel am nächsten Morgen aufwachte, lag Jack nicht neben ihr. Sie hörte, wie er sich mit seinem Dad in einem anderen Raum unterhielt und wie sie miteinander lachten. Sie duschte und zog sich an, bevor sie sich zu ihnen gesellte. Sie fand sie im Esszimmer, an einem Tisch voller Papiere.
„Vorstandssitzung?“, fragte sie.
„So etwas in der Art“, meinte Sam. „Also, Junge, findest du das alles gut so?“
„Bestens. Wie immer.“ Jack streckte seine Hand aus und schüttelte die seines Vaters. „Danke, Dad. Ich weiß das zu schätzen.“
Sam sammelte die Papiere ein, legte sie in eine Fächermappe und verließ den Raum.
„Bevor mein Dad sich zur Ruhe setzte, war er Börsenmakler. Während meiner Zeit bei den Marines habe ich ihm von Zeit zu Zeit Geld geschickt. Seit zwanzig Jahren legt er es nun schon für mich an.“
„Ich hätte nicht gedacht, dass ein Marine viel verdient“, sagte sie.
„Nicht wirklich.“ Er hob kurz die Schultern. „Aber wenn du allein lebst und ständig den Dienst verlängerst und weiter an Kriegen teilnimmst, dann gibt es Sonderzulagen, Anreizlohn, Kampfzulagen, Beförderungen. Bei meinen Kameraden – jedenfalls den meisten – gingen diese Leistungen für den Bau eines Hauses, Zahnklammern für die Kinder und diese Dinge drauf. Ich habe nie viel zum Leben gebraucht und immer gespart. Sparen war immer ein wichtiges Thema für meinen Vater, während ich aufwuchs.“
„Kluger Mann“, sagte sie und meinte damit nicht Sam.
Jack grinste. „Du hast wohl gedacht, ich mache mit der kleinen Bar in Virgin River einen großen Reibach?“
„Ich habe angenommen, dass du das nicht nötig hast. Mit einer Pension vom Militär und niedrigen Lebenshaltungskosten …“
„Ach wo. Davon unabhängig habe ich ausgesorgt“, unterbrach er sie. „Falls die Bar einmal abbrennen würde, müsste ich bloß Preacher sein Leben lang unterstützen. Und ich würde auch gerne noch dafür sorgen, dass Ricky eine gute Ausbildung erhält. Das wäre es dann aber auch schon.“ Er nahm ihre Hand. „Ansonsten habe ich alles, was ich brauche.“
An diesem Nachmittag fiel der Rest der Familie im Heim der Sheridans ein – vier Schwestern mit ihren Ehemännern und acht Nichten. Sowie die einzelnen Familien eintrafen, stürzten alle auf Jack los. Seine Schwestern liefen zu ihm, knuddelten und küssten ihn, und seine Schwäger umarmten ihn liebevoll. Jede einzelne seiner Nichten hob er hoch und schloss sie in die Arme, als wären sie seine Töchter, wirbelte sie herum und lachte in ihre hübschen Gesichter.
Mel war sich nicht sicher, was sie erwartet hatte. Nachdem sie jedoch die Familienfotos gesehen hatte, die in Sams Zimmer und im ganzen Haus verteilt waren, wusste sie, dass es eine gut aussehende Familie sein würde, mit guten Genen. Seine Schwestern waren sehr unterschiedlich, aber alle elegant, reizvoll und klug. Donna, die Älteste, mit vielleicht eins achtundsiebzig sehr groß, hatte kurzes, mit blonden Strähnen durchsetztes Haar. Dann kam Jeannie, fast ebenso groß, ziemlich dünn und modisch gekleidet. Mary war dann mit vielleicht eins vierundsiebzig die Nächstgrößte in der Reihe. Sie wirkte so adrett und zerbrechlich, dass man sich kaum vorstellen konnte, wie sie als Pilotin ein großes Handelsflugzeug handhaben könnte. Donna und Jeannie hatten beide drei Töchter, Mary zwei. Und dann war da noch Brie, die Jüngste, die ihren dreißigsten Geburtstag feierte. Sie war die einzige der Schwestern, die noch keine Kinder hatte. Ungefähr so groß wie Mel, mit langen hellbraunen
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