Neue Schuhe zum Dessert
zu nehmen. Andere Kinder klammerten sich an Plüschkaninchen oder an kleine Decken, aber meins hatte sich in einen Schraubenschlüssel verliebt, der so lang war wie ihr weicher, warmer Arm. (Sie nannte den Schraubenschlüssel Jessie, nach meiner Schwester Jessie, die im Juni zu einem kurzen Besuch aus Argentinien gekommen war, wo sie sich auf Dauer mit ihrem Partner Julian niedergelassen hatte. Ema war ziemlich beeindruckt von ihr gewesen.)
Doch das Schlimmste von allem war der allgegenwärtige Staub … unter den Fingernägeln, zwischen den Laken, hinter den Augenlidern. Es war ein bisschen, als lebten wir in einem Wüstensturm. Wenn ich mir das Gesicht eincremte, rieb ich die Haut mit dem Staub ab, und das Putzen hatte ich ganz aufgegeben, weil es so sinnlos war.
Es war die reinste Hölle, besonders für mich, da ich zu Hause arbeitete, aber als ich Anton bat, etwas zu unternehmen, versicherte er mir, dass sie wiederkommen würden, wenn die Fensterstürze angekommen waren, wo immer die nun herkamen.
Ich wusste immer noch nicht, was Fensterstürze waren. Aber das war unwichtig, sie machten mich auch so unglücklich.
An einem staubigen Morgen aß Anton zum Frühstück ein Müsli. Plötzlich warf er den Löffel auf den Tisch und sagte: »Die ganze Zeit denke ich, es ist Staub.«
Er fuhr mit dem Finger in die Schüssel und fischte etwas heraus. »Guck mal hier!« Er streckte mir den Finger hin. »Staub.«
»Das sind Haferflocken.«
»Es ist Staub, verdammt noch mal.«
Ich gab vor, es genauer zu untersuchen. »Du hast Recht. Es ist Staub.« Vielleicht würde er jetzt anrufen.
Er rief Macko, den Vorarbeiter, an, und die Nachricht war fürchterlich: Die Fensterstürze waren eingetroffen, aber die Mad Paddys hatten woanders angefangen zu arbeiten. Sie würden uns irgendwann dazwischenschieben.
Wir plusterten uns auf und stapften durchs Haus und beschwerten uns lauthals. Sie müssen weitermachen. Guck dir doch mal an, wie das hier aussieht. So kann man doch nicht leben!
Anton und ich mussten uns abwechselnd wie Erwachsene benehmen und bei der Firma anrufen und darauf bestehen, dass sie die Arbeit innerhalb einer Woche beendeten, aber sie lachten uns einfach aus. Das war nicht meine Paranoia, sie haben uns wirklich ausgelacht, ich habe sie nämlich gehört.
Schließlich gelang es Anton, sie zu einem Zugeständnis zu bewegen. »Am Montag kommen sie. So wahr ich hier stehe, am Montag sind sie mit den Fensterstürzen hier.«
Inzwischen war es Donnerstag, drei Tage später.
»Nein, Anton, sie sind noch nicht gekommen.«
»Du bist dran mit anrufen.«
»Entschuldige bitte, ich glaube nicht. Ich habe sie heute Morgen angerufen.« Wir riefen vier- bis fünfmal am Tag an.
»Du nicht, Zulema hat für dich angerufen.«
»Ich habe sie bestochen.«
»Womit?«
Ich zögerte. »Mit meinem Tönungsmittel.«
»Das Tönungsmittel, das ich dir gekauft habe? Das von Jo Malone?«
»Ja«, sagte ich. »Es tut mir Leid, sei bitte nicht sauer. Ich mochte es, sehr sogar. Aber das Anrufen ist mir verhasst, und sie macht es ganz gut. Sie wird nicht ausgelacht.«
»Das geht doch alles zu weit«, sagte Anton, grimmig entschlossen. »Ich gehe zum Anwalt.«
»Nein!«, rief ich. »Dann kommen sie überhaupt nicht mehr!« Ich hatte immer wieder gehört, dass die Handwerker einen einfach aufgeben, wenn man erwähnt, dass man sie verklagen will.
»Bitte, Anton. Das sollten wir auf keinen Fall machen. Wir versuchen es weiter so.«
»Gut, dann rufe ich sie an.«
Dann fiel mir ein, dass er befreit werden musste, weil er am Tag zuvor beim Zahnarzt gewesen war und einen Zahn plombiert bekommen hatte.
Anton und ich hatten in den letzten Wochen, was die Handwerker anging, ein kompliziertes System von Verpflichtungen, Ausnahmen und Belohnungen ausgeklügelt. Weil ich mehr verdiente als Anton, musste er zwei Anrufe machen, wenn ich einen gemacht hatte. Aber diese Verpflichtung konnte verkauft oder getauscht oder an einen anderen weitergegeben werden, wenn man jemanden dazu überreden konnte; seit Montag hatte ich Zulema zweimal mit Kosmetika bestochen. Anton hatte versucht Ema zu überreden. Wenn man krank war, wurde auch eine Ausnahme gemacht, und Antons Plombe bedeutete, dass er einmal befreit werden konnte. Ich meinerseits freute mich schon auf meine nächste Periode.
Ich hörte, wie sich der Schlüssel in der Haustür drehte: Zulema und Ema kamen von ihrem Spaziergang zurück.
»Ich hatte vergessen, dass du wegen deiner Zahnplombe
Weitere Kostenlose Bücher