Neue Schuhe zum Dessert
mir Leid.«
»Sie … sie wollte mir was mitteilen?«
»Nein, nur Grüße sollte ich ausrichten.«
Angst packte mich. Jede Hoffnung, dass dies ein bizarres Zusammentreffen war, verschwand. Gemma hatte dies geplant. Es war eine absichtliche und gezielte Aktion.
»Jojo, darf ich … geht es wohl, wenn ich … oder ist es vertraulich … worum geht es in ihrem Buch?«
»Um ihren Vater, der die Mutter verlässt.«
»Und ihre beste Freundin, die jemandem den Freund wegnimmt?«
»Nein, nur von dem Vater, der die Mutter verlässt. Es ist ganz witzig. Ich schicke Ihnen ein Exemplar, sobald ich die Fahnen habe.«
»Danke«, flüsterte ich und legte auf.
Jojo belog mich. Gemma musste sie schon auf ihre Seite gebracht haben.
Ema ist mit einer wildernden Gang von Steuerberatern durchgebrannt , dachte ich. Anton hat Hausschwamm in seinem linken Bein, und ich habe meine Mutter beim Kartenspielen verloren.
Ich zwang mich, dieser entsetzlichen Szene ins Auge zu blicken. Ich zog die Stirn in Falten und gab mir alle Mühe. Einen Moment lang konnte ich sehen, wie schrecklich es war, mit einem Mann zu leben, der Hausschwamm hatte. Dann gab ich mir im Geiste mit dem Ellbogen einen Stoß und sagte: Sei nicht dumm, das ist alles nicht wahr!
Diese Art Übung bewirkte normalerweise, dass ich für mein Schicksal dankbar war.
Heute aber nicht.
25
Anton rief an. »Sind sie gekommen?«
Ich brauchte nicht zu fragen, wen er meinte: Er meinte die Handwerker. Unsere Obsession, das, worum unsere Gedanken kreisten, der Mittelpunkt unseres Lebens.
Trotz der besten Bemühungen der meisten Banken in Großbritannien hatten wir unser wunderschönes rotes Backsteinhaus gekauft und waren Ende Juni eingezogen. Wir lebten in ständiger Euphorie. Ich war so glücklich, dass ich dachte, ich könnte sterben, und eine ganze Woche lang guckte ich mir schmiedeeiserne Bettgestelle im Internet an.
Noch bevor wir einzogen, hatten wir eine Firma beauftragt, die den Hausschwamm beseitigen sollte, als Vorbereitung für das ›Durchbrechen‹ von Wänden. Wir hatten noch nicht richtig ausgepackt, als eine kleine Gruppe irischer Handwerker ins Haus stürmte, die alle eine bestürzende Ähnlichkeit mit Mad Paddy hatten. Die Mad Paddys schwangen ihre Klauenhammer und machten sich mit Eifer an die Arbeit, als wären sie auf einer Abrissbaustelle: Sie klopften den Putz von den Wänden und den Backsteinmauern und zerstörten mehr oder weniger die Vorderseite des Hauses. Dass sie nicht einstürzte, lag einzig und allein daran, dass davor ein Baugerüst aufgestellt war.
Ungefähr eine Woche lang zerhackten und zertrümmerten sie das Mauerwerk, und als sie mit dem Wiederaufbau unseres kaputten Hauses beginnen sollten, entdeckten sie, dass der Hausschwamm viel schlimmer war als ursprünglich angenommen. Mit Umbauten erfahrene Hausbesitzer erklärten mir, dass das immer passiert. Aber weil Anton, Ema und ich die böse Familie sind, bei der alles immer schief geht und die im Restaurant immer den Tisch mit den wackeligen Beinen kriegt, nahm ich es persönlich.
Und die Kosten für die Arbeiten? Im Licht der neuen Funde verdoppelte sich der Kostenvoranschlag über Nacht. Auch das war der normale Gang der Dinge, aber wieder nahm ich es persönlich.
Die Handwerker murmelten etwas von Fensterstürzen – keine Ahnung, was das ist –, auf die sie warten müssten und ohne die sie nicht weiterarbeiten könnten, und verschwanden. Auch das verlief nach den üblichen Regeln, aber ich nahm es persönlich.
Zwei Wochen lang bekamen wir sie nicht zu Gesicht. Sie waren verschwunden, jedoch nicht vergessen. Anton, Ema, Zulema – über Zulema gleich mehr – und ich lebten im Dreck. Auf den hübschen Holzböden waren hässliche Fußspuren im Zementstaub zu sehen, überall fand ich Zeitungsreste – zum Beispiel unter Emas Kopfkissen – und dauernd knirschte der Zucker auf dem Boden. Die meisten Menschen beschweren sich, dass Handwerker zu viel Tee trinken, aber mir machte das mit dem Tee nichts aus, es war das Gekrümel von Zucker, das ich verabscheute.
Jede Nacht rechnete ich damit, dass jemand das Gerüst hochklettern, durch eins der vielen Löcher im Mauerwerk einsteigen und uns ausrauben würde. Allerdings wären sie zutiefst enttäuscht worden, denn das Einzige, was zu stehlen sich lohnte, war Ema.
Überall lagen Werkzeuge herum, und eins davon, ein dreißig Zentimeter langer Schraubenschlüssel, faszinierte Ema so sehr, dass sie darauf bestand, ihn mit ins Bett
Weitere Kostenlose Bücher