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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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für ihre Wohnung leisten, und was auch sonst geschehen würde, ihre Wohnung würde sie nicht aufgeben.
    Zwei Optionen standen ihr offen, beide nicht sehr attraktiv: Sie konnte eine neue Hypothek auf ihre Wohnung aufnehmen, oder sie konnte eine Stelle in einer der großen Agenturen annehmen. Eine Hypothek auf ihre Wohnung aufzunehmen, wäre ohne festes Einkommen schwierig (eigentlich unmöglich). Also hatte sie genau eine Option, aber wenn sie sich sagte, es seien zwei, fühlte sie sich besser.
    Einerseits war sie der Meinung, dass sie klein beigab, wenn sie wieder in das System eintrat, das ihr so übel mitgespielt hatte. Doch andererseits fand sie, dass es ums Überleben ging. Sie hatte alles versucht, aber die kluge Frau weiß, wann sie aufhören muss.
    Sie musste essen. Sie musste Handtaschen kaufen.
    Seit die Nachricht, dass sie bei Lipman Haigh weggegangen war, die Runde gemacht hatte, waren von fast jeder literarischen Agentur in der Stadt Angebote eingegangen, und sie hatte sie alle dankend abgelehnt.
    Gut, vielleicht war sie ein bisschen zu selbstbewusst aufgetreten. Doch wenn ihre Autoren bei ihr geblieben wären, dann hätte es funktioniert. Aber – was nützte es, wütend zu sein? Im Kopf hatte sie sich eine Liste gemacht, welche Agenturen am wenigsten unerträglich sein würden, und sie würde oben anfangen und sich nach unten durcharbeiten.
    Mit einem seltsamen, wehmütigen Gefühl nahm sie den Hörer und wählte die erste Nummer, Curtis Brown. Der Mensch, den sie sprechen wollte, war nicht da, also hinterließ sie eine Nachricht und rief Becky an, um ihr zu erzählen, was sie vorhatte.
    »Jojo! Wenn du in das patriarchalische System wieder einsteigst, ist das schlecht für die Seele«, sagte Becky wie ein Papagei.
    »Ich bin pleite. Und wozu brauche ich eine Seele? Ich benutze sie doch nicht. Wenn ich zwischen einer Seele und einer Handtasche zu wählen hätte, würde ich die Handtasche wählen.«
    »Wenn das so ist …«
    Als das Telefon klingelte, dachte sie, es wäre jemand von Curtis Brown, der ihren Anruf beantwortete, aber weit gefehlt.
    »Jojo, hier ist Lily. Lily Wright. Ich habe ein Manuskript, das ich Ihnen gern bringen möchte. Ich glaube, ich meine, man kann sich nie sicher sein, aber ich glaube, es wird Ihnen gefallen. Ich hoffe es wenigstens.«
    »Meinen Sie? Dann sollte ich es mir mal ansehen!« Jojo hatte keine Hoffnung. Lily war zwar ein richtig netter Mensch, aber literarisch war sie eine Unberührbare. Nach dem Totalschaden von Glasklar würde sie nichts mehr veröffentlichen können.
    »Ich wohne ganz in der Nähe«, sagte Lily. »In St. John’s Wood. Ich könnte es vorbeibringen. Ema und mir würde der Spaziergang gut tun.«
    »Sicher, warum nicht!« Das hatte sie rein aus Höflichkeit gesagt, aber es war immerhin besser, als ihr gleich zu sagen, es habe keinen Zweck, oder?
    Lily und Ema kamen, Lily trank eine Tasse Tee, Ema brach den Griff von einem Becher ab und hängte ihn sich ans Ohr wie einen Ohrring, dann gingen die beiden wieder.
    Irgendwann am Nachmittag rief die Frau von Curtis Brown an und gab Jojo einen Termin für ein Gespräch später in der Woche. Sie rief Becky mehrmals an, sie guckte den ganzen Nachmittag fern, obwohl sie eine strenge Regelung hatte, nach der Fernsehen am Tage untersagt war, sie ging zum Yoga, guckte noch mal fern und beschloss so gegen halb zwölf, dass es Zeit war, ins Bett zu gehen. Sie schaute sich nach etwas zu lesen um, was ihr den Übergang in den Schlaf erleichtern würde, ihr Blick fiel auf Lily Wrights Bündel, und sie dachte, warum eigentlich nicht.
     
    Zwanzig Minuten später
    Jojo saß aufrecht im Bett, ihre Hände hatten die Seiten so fest gepackt, dass sie Kniffe bekamen. Sie hatte erst ein paar Seiten gelesen, aber sie wusste: Das war’s! Das Manuskript, auf das sie gewartet hatte, das Buch, das ihre Karriere wieder anfachen würde. Es war Mimis Medizin Nummer zwei, nur besser. Sie könnte ein Vermögen damit verdienen.
    Sie warf einen Blick auf die Uhr. Mitternacht. War es zu spät, um Lily jetzt anzurufen? Wahrscheinlich. Verdammt! Wie früh würde Lily aufstehen? Ziemlich früh, klar, sie hatte ein Kind, sie müsste früh aufstehen.
     
    6.30 Uhr am nächsten Morgen
    War es zu früh? Möglich. Sie zwang sich, eine Stunde zu warten, dann nahm sie den Hörer in die Hand.

Lily
    Dumm bin ich nicht. Noch bevor Ema den Griff von dem Becher abbrach und ihn zum Ohrring umfunktionierte, wusste ich, dass Jojo nicht besonders erfreut

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