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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Meisterin der zusammenhängenden Sätze, sie konnte genauso gut sagen: »Anton leckt Bäume«, oder: »Anton trinkt Benzin«, aber es löste ein Sehnen in mir aus, so heftig und so vertraut, dass ich hätte losheulen können.
    Ich musste das Mantra wieder hervorholen, das mir in der ersten Zeit der Trennung von Anton geholfen hatte: Anton und ich waren verliebt gewesen, wir hatten zusammen ein Kind, wir waren vom Moment unserer ersten Begegnung Seelenverwandte gewesen. Das Ende einer so kostbaren Verbindung konnte nur schrecklich sein, und vielleicht würde die Erinnerung an die Trennung immer wehtun.
    Ich dachte an die hellen Tage, bevor ich London verließ, und daran, dass Anton und ich kurz davor standen, uns als Freunde zu begegnen. Ich hatte mich enorm getäuscht: Wir waren meilenweit davon entfernt.
    Ich schrieb jeden Tag, die Wörter strömten aus mir heraus, und jeden Abend, wenn ich Ema ins Bett gebracht hatte, las ich ihr und Mum das vor, was ich am Tage geschrieben hatte, und Mum geriet ins Schwärmen. Auch Ema äußerte sich dazu. (»Witzig.« »Bimbi.« »Kaki.«)
    Ich hatte nicht den Adrenalineinbruch, den Doktor Lott mir prophezeit hatte, aber in den fünf Wochen verschwand das Gefühl, gerettet worden zu sein, immer mehr, je mehr ich schrieb. Anfang Mai, als das Buch fertig war, fühlte ich mich fast wieder normal. (Aber vielleicht ein bisschen lebensfroher als vor dem Unfall.)
    Ich wusste, dass Ein zauberhaftes Leben ein sicherer Erfolg war; die Leute würden es lieben. Das war keine Überheblichkeit meinerseits, denn mir war auch klar, dass die Besprechungen sehr böse sein würden. Aber vielleicht hatte ich inzwischen ein bisschen über das Verlagswesen gelernt. Ich hatte erlebt, wie die Menschen auf Mimis Medizin reagiert hatten, und mein Gefühl sagte mir, dass sie auf dieses Buch ähnlich reagieren würden. Die Handlung von Ein zauberhaftes Leben war mit der von Mimis Medizin nicht vergleichbar, aber die Atmosphäre war ähnlich. Es war zum Beispiel völlig unrealistisch. Wenn ich das freundlich ausdrückte (und warum eigentlich nicht), dann würde ich sagen, es hatte etwas Magisches.
    Es war Zeit, wieder nach London zurückzukehren, worüber Mum traurig war, aber sie versuchte, es nicht zu zeigen. »Es geht nicht um mich«, sagte sie, »aber die Schafe werden kreuzunglücklich sein. Sie scheinen Ema für eine Art Göttin zu halten.«
    »Wir kommen bald wieder.«
    »Bitte. Und grüßt Anton von mir. Wirst du ihn in London sehen? Ist die Angst, etwas Übereiltes zu tun, jetzt weg?«
    Ich wusste es nicht. Vielleicht.
    »Darf ich dir einen Rat geben, Schatz?«
    »Nein, Mum, bitte nicht.«
    Aber sie konnte sich nicht bezähmen. »Ich weiß, dass Anton nicht gut mit Geld umgehen kann, aber es ist besser, mit einem Verschwender zu leben als mit einem Geizhals.«
    »Woher willst du das wissen? Wer war denn ein Geizhals?«
    »Peter.« Ihr zweiter Mann. Susans Vater. »Geld von ihm zu bekommen, war schwieriger, als ihm einen Zahn zu ziehen.« Das hatte ich nicht gewusst. Oder doch? Vielleicht hatte ich es vermutet, aber nach der finanziellen Unsicherheit mit Dad hatte ich geglaubt, dass Mum sich damit wohl fühlte.
    »Wenigstens hat das Leben mit deinem Vater Spaß gemacht«, sagte sie.
    »So viel Spaß, dass du dich hast scheiden lassen.«
    »Oh, Schatz, es tut mir Leid. Aber er hat mich zu Tränen gelangweilt mit seinen furchtbaren Plänen, wie er zu Geld kommen wollte. Doch nachdem ich mit einem Mann gelebt habe, der einem vorrechnet, wie lange eine Rolle Klopapier reichen soll, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es besser ist, einen Tag mit einem Verschwender zu verbringen als tausend Jahre mit einem Geizkragen.«
    Dann fiel ein Schatten auf ihr Gesicht. »Das soll aber nicht heißen, dass dein Vater und ich wieder zusammenkommen werden. Bitte denk das nicht.«
     
    Ema und ich fuhren nach London zurück.
    Ich fühlte mich so entsetzlich, weil Irinas Auto ein Schrotthaufen war, dass ich ihr ein neues kaufte – ich hatte ja noch die ganzen Tantiemen von Mimis Medizin auf der Bank. Irina war jedoch nicht im Geringsten beeindruckt von meiner Geste. »Das war nicht nötig. Die Versicherung gibt mir das Geld.«
    Ich zuckte die Achseln: »Wenn du das Geld von der Versicherung bekommst, kannst du es mir ja geben.«
    »Du bist so unvernünftig mit Geld«, entgegnete sie kalt. »Das ärgert mich.«
    Dennoch, sie verzieh mir und erlaubte mir, mit Ema weiter bei ihr zu wohnen, bis wir eine Wohnung für uns

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