Neue Schuhe zum Dessert
dümmer war, als sie ohnehin gedacht hatte –, und den Sonntag verbrachten Jojo und Mark in großer Zerknirschung. »Das war ein bisschen sehr knapp«, sagten sie. »Wir dürfen uns das nicht noch einmal leisten.«
Aber sie leisteten es sich noch einmal, vier Nächte später. Obwohl sie beim ersten Mal riesige Angst ausgestanden hatten, war es nicht das Ende der Welt gewesen. Sie waren nicht aufgeflogen. Und auch diesmal flogen sie nicht auf.
33
Donnerstagmorgen, Dalkin Emery
Jojo trat aus dem Aufzug heraus und winkte Nathan Frey aufmunternd zu, ihr zu folgen.
»Gut«, sagte er und schluckte, dann setzte er einen Fuß auf den geweihten Boden von Dalkin Emery. Er hatte das Bedürfnis, ihn zu küssen.
»Sie brauchen nicht nervös zu sein«, sagte Jojo und klopfte ihm leicht auf den Rücken. »Es ist nur ein Verlag – der Ihnen haufenweise Geld geben und Ihr Buch veröffentlichen will. Die meisten Autoren wären bereit, über Leichen zu gehen, um das zu erreichen.«
Mit klappernden Absätzen ging sie den Flur entlang und lächelte dem Mädchen am Empfang freundlich zu. »Morgen, Shirley.«
»Morgen, Jojo.«
»Darf ich Nathan Frey vorstellen.«
Shirley lächelte dem blassen, etwas verwirrt dreinblickenden Mann höflich zu – für ihn also hatte sie um halb acht im Verlag sein und Sand im Vorstandszimmer ausstreuen müssen. »Sie sind im Vorstandszimmer. Ich sage nur eben Bescheid, dass Sie hier sind …«
»Ich kenne den Weg.«
»Ja, dann mache ich …«
Aber Jojo war schon weg, und Nathan trottete brav hinter ihr her.
Im Vorstandszimmer waren alle wichtigen Personen von Dalkin Emery versammelt und warteten: die Leiter von Vertrieb, Werbung und Marketing und deren Assistenten sowie die zuständige Lektorin Tania Teal und der Verleger selbst. Liebe und der Schleier war das wichtigste Buchprojekt, um das sie sich in dem Jahr beworben hatten.
»Diese Jojo, sie kommt immer zu spät«, sagte Tania Teal, streckte den Kopf zur Tür raus und rief dann aufgeregt: »Mann, jetzt kommen sie.«
Ein aufgeregtes Scharren, als jeder seinen Platz einnahm, dann war Jojo an der Tür mit Nathan, der verkrampft lächelte und Schweißperlen auf der Oberlippe hatte.
Dick Barton-King, Vertriebsleiter, richtete sich auf und versuchte, durch den Augenschlitz seiner Burka zu sehen. Leider sah er nur sehr wenig, was bedauerlich war, denn er mochte Jojo über alles. Unter den vielen Metern Stoff suchte seine Hand nach dem Ausgang, damit er Jojo begrüßen konnte. Er hasste seine Burka. Die Idee kam aus der Marketingabteilung – woher auch sonst? Warum trug bitte keiner von denen das Ding? Wieso hatten sie nur National-Trust-Geschirrtücher als Turbane auf dem Kopf?
Außerdem hatte man ihm keins der Spielzeugmaschinengewehre gegeben, die Tania Teal persönlich gekauft hatte. Es war alles nicht fair.
Verkaufsveranstaltungen für »wichtige« Bücher waren immer ausgefeilter geworden. Ein Zimmer voller Sand und anderer afghanischer Accessoires war ja gut und schön, dachte Jojo, jetzt wollte sie aber den Werbeetat sehen.
Alle nahmen Platz, und das Team fing an, große Versprechungen zu machen, von Fernsehwerbung, einer dreiwöchigen Lesereise, einer Erstauflage von hundertausend Stück, Interviews in den nationalen Zeitungen …
»Ich würde vom Observer interviewt werden?« Nathan klang hocherfreut.
»Ja«, sagte Juno, der Leiter der Werbeabteilung. »Das können wir sicherlich arrangieren.« Möglich war’s immerhin. Wahrscheinlich sogar.
Vorschläge für die Gestaltung des Schutzumschlags wurden herumgereicht, ebenso Entwürfe für Werbeplakate und eine Hochrechnung der Verkaufszahlen. Sogar Jojo, die an Verlagsauftritte gewöhnt war, musste zugeben, dass es eine beeindruckende Show war.
Nathan hingegen schien an einem Punkt so überwältigt, dass Jojo befürchtete, er könne ohnmächtig werden.
Als es vorbei war, sah die Belegschaft von Dalkin Emery ihnen nach.
»Das hat doch gut geklappt«, sagte Tania Teal leise, zog den Reißverschluss an ihrem Stiefel auf und leerte den Sand daraus auf dem Fußboden aus.
»Finde ich auch«, sagte Fran Smith, ihre Assistentin, und blickte auf den Sand überall, den natürlich sie jetzt zusammenfegen musste.
Jojo half Nathan in ein Taxi und fuhr mit ihm zu Southern Cross, wo Olive Liddy und ihr Team eine Aufführung der anderen Art vorbereitet hatten. Kein Sand, keine Burkas, keine Spielzeugmaschinengewehre, sondern die Aussicht auf den Booker Prize.
Obwohl sie
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