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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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stießen an. »Es ist komisch, dich hier als Zivilist zu sehen, Koch«, sagte Frank, »irgendwie wirst du für mich immer Obergefreiter bleiben.«
    »Das ist bitter«, sagte Koch gut gelaunt, »das ist Stigmatisierung!«
    »Aber du kannst mir vielleicht helfen«, sagte Frank, »du kannst mir vielleicht einen Tip geben.«
    »Wenn’s dabei um die Bundeswehr geht: Hab ich alles schon vergessen«, sagte Koch.
    »Ich brauch eine gute Methode, um mich zu verpissen«, sagte Frank.
    »Worum geht’s denn, Manöver?«
    »Ich soll als Fackelträger bei der Vereidigung mitmachen. Am Donnerstag, im Weserstadion.«
    »Ach du Scheiße«, sagte Koch.
    Die Folkgruppe brach mitten im Stück ab. »Ihr da! Könnt ihr vielleicht mal ein bißchen leiser sprechen, wenn ihr schon die ganze Zeit quatschen müßt?!« rief die Sängerin zu ihnen herüber.
    »Tut mir leid, Schatz«, rief Koch.
    »Und nenn mich nicht Schatz«, sagte die Frau. Dann gab sie ihren Mitspielern ein Zeichen, und sie fingen wieder an. Frank besah sich die Sängerin genauer. Sie war schlank, geradezu drahtig, trug sehr kurze Haare und eine Latzhose.
    »Bist du sicher, daß das deine Freundin ist, Koch?«
    »Wieso?«
    »Naja, das wirkte jetzt nicht ganz so, als wenn … «
    »Ja nun«, sagte Koch, »wie es wirkt, ist das eine, wie es ist, ist das andere. Außerdem hatte ich quasi gesagt, glaube ich.« Er trank einen langen Schluck Bier.
    »Ist die bei der AAO?« fragte Frank.
    »Nein, das sieht jetzt nur so aus, das ist nur wegen der Latzhose, die ist nicht bei der AAO, ich meine, wenn die bei der AAO sind, machen die doch keine Folkmusik!«
    »Nein«, gab Frank zu, »das glaube ich auch nicht. Das paßt irgendwie nicht zusammen.«
    »Nein, die ist nicht bei der AAO«, sagte Koch. »Da bin ich mir sicher.«
    »Was soll ich denn jetzt wegen der Vereidigung machen?« kehrte Frank zum Thema zurück. »Ich brauche irgendwas, vielleicht eine Art Krankheit oder so, ich will da auf keinen Fall hin.«
    »Das habe ich eigentlich alles schon vergessen«, sagte Koch. »Ich kenne übrigens einen, der war mal bei so einer öffentlichen Geschichte von der AAO, der hat vielleicht was erzählt, mein lieber Scholli … «
    »Ich brauche irgendeinen Trick«, ließ Frank nicht locker.
    »Rauchen!« sagte Koch, »ich hab’s mal mit Rauchen geschafft.«
    »Rauchen?«
    »Ja. Da sollten wir nach Putlos auf Schießübung, vierzehn Tage Schießübung an der Ostsee, mein lieber Schwan … «
    »Ja, ja, das ist schlimm, aber was hat das mit Rauchen zu tun?«
    »Achtzig Gitanes ohne Filter! An einem Tag.« Koch zeigte auf Franks Tabakpackung. »Nicht so einen Quatsch da … Ich dreh mir mal eine, ja?«
    »Klar«, sagte Frank. »Aber was soll das denn bringen?«
    »Nur so. Eigentlich habe ich aufgehört mit dem Rauchen.«
    »Nein, ich meine das mit den achtzig Zigaretten?«
    »Verdacht auf Lungenentzündung«, sagte Koch. Er drehte sich in Blitzgeschwindigkeit eine Zigarette, steckte sie sich in den Mund und holte ein Feuerzeug raus. »Da rasselt die Lunge aber sowas von, da hättest mal das Gesicht von dem Arzt sehen sollen, der hatte mich schon fast aufgegeben. Warst du bei uns schon mal beim Arzt?«
    »Beim Arzt? Nein.«
    »Das ist damals so ein junger Heini gewesen, weiß nicht, ob der noch da ist, der war Wehrpflichtiger, der hatte überhaupt keine Ahnung, glaube ich. Ist auch Glückssache.«
    Koch steckte sich die Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. »Habe ich bei uns gesagt? Siehst du, jetzt hast du mich schon so weit, daß ich bei uns sage.«
    »Tut mir leid«, sagte Frank.
    »Macht nichts«, sagte Koch. »Ist sie nicht wunderbar?« Er zeigte wieder auf die Sängerin. »Und wie schön sie singt!«
    »Was ist das eigentlich für eine Sprache?«
    »Das ist Mittelhochdeutsch? Da kenne ich mich aus. Das ist eindeutig Mittelhochdeutsch. Ich weiß alles über diese Gruppe.«
    »Aha«, sagte Frank.
    »Kannst du mich fragen, was du willst, Lehmann.«
    »Gut«, sagte Frank. Und weil Koch ihn so auffordernd anblickte, sagte er, um ihm eine Freude zu machen: »Wie heißen die denn?«
    »Aventiure!«
    »Aha«, sagte Frank.
    »Das ist mittelhochdeutsch für Abenteuer. Das habe ich jetzt angefangen zu studieren. Deutsch und Geschichte. Auf Lehramt.«
    »Aha …«, sagte Frank. »Da kenne ich noch einen. Aber wie schafft man es denn, achtzig Zigaretten zu rauchen? Das kommt mir ziemlich viel vor.«
    »Gitanes, Lehmann, Gitanes ohne Filter. Das ist abartig. Aber vierzehn Tage Schießübung an der

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