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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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und mit ebenso peniblen und bösartigen Stuben- und Spindkontrollen zu Ende ging, dazwischen angefüllt mit Antreten, Marschieren, Stillgestanden, Rühren, Grüßen, Tarnen, Kriechen im Gelände, mit ABC-Schutzausbildung und anderen Dingen mehr, bei denen sie gar keine andere Wahl hatten, als dumm dazustehen und deshalb unaufhörlich das je nach Charakter entnervte, wütende, aufmunternde, gelangweilte, fröhliche, aufgesetzte, routinierte, immer aber einschüchternde Gebrüll ihrer Vorgesetzten über sich ergehen zu lassen, ein Tag, an dessen Ende Frank alle Hoffnung fahren ließ, daß er sich jemals an diese Welt würde gewöhnen können.
    Der Freitag dagegen stand schon ganz im Zeichen des kommenden Wochenendes, wenn zunächst auch nur in einem negativen Sinne, denn schon beim frühmorgendlichen Antreten sagte der Spieß, daß sie das Wochenende nicht erleben würden, wenn Sie auf den letzten Drücker noch Anzeichen innerer oder äußerer Abschlaffung zeigen würden, sei es beim Stuben- und Revierreinigen, sei es bei den theoretischen Vorträgen, sei es bei der Formalausbildung, sei es beim Sport. Er ist ein rhetorischer Fuchs, dachte Frank, war aber trotzdem beunruhigt, er war sich nicht sicher, wie ernst diese Drohungen zu nehmen waren, und der Kompaniechef haute auch sofort in die gleiche Kerbe und ließ sie wissen, daß es ihn »nur ein müdes Lächeln« kosten würde, sie so lange dazubehalten, wie es sich als nötig erweisen sollte, und so ging das immer weiter, sie hatten eine Stunde Formalausbildung, links um, rechts um, ohne Tritt marsch, »… wenn das nicht klappt, üben wir das am Wochenende«, rief Fahnenjunker Tietz, und in den theoretischen Vortrag über Dienstgrade und Dienstgradgruppen bei der Bundeswehr wurden sie vom Spieß mit den Worten »Benehmen Sie sich anständig und hören Sie genau zu, sonst holen wir das am Wochenende nach« entlassen. Dann waren sie mit einem Oberleutnant aus dem 2. Zug allein, der ihnen Hefte gab, in die sie jede Schulterklappe mit der dazugehörigen Dienstgradbezeichnung malen sollten, »das kontrollieren wir gerne mal nach und üben das zur Not am Wochenende«, sagte der Oberleutnant, und dann ging es erst einmal eine Zeitlang um die Dienstgrade und Dienstgradabzeichen der Bundeswehr, und Frank konnte, obwohl nervös und fahrig wegen des zum Greifen nahen und doch irgendwie nicht näher kommenden, tatsächlich mit jeder Minute mehr gefährdeten Wochenendes, nicht umhin, fasziniert zu sein von der Vielfalt und Ausgebufftheit dieses Machtsystems, von den feinen Abstufungen und der unterdifferenzierenden Gliederung der Dienstgrade in ihren Dienstgradgruppen, sie haben den Bogen raus, sie haben einen Sinn für Systematik, dachte er, sie überlassen nichts dem Zufall. Da gab es die Mannschaften mit Pionier, Gefreiter, Obergefreiter und Hauptgefreiter, die Unteroffiziere mit Unteroffizier und Stabsunteroffizier, die Feldwebel mit Feldwebel, Oberfeldwebel, Hauptfeldwebel, Stabsfeldwebel und Oberstabsfeldwebel, »die letzten beiden gibt es aber kaum, wenn Sie so einen mal sehen, haben Sie Glück gehabt«, sagte der Oberleutnant, was Frank etwas bezweifelte, dann kamen die Offiziere, die Leutnante mit Leutnant und Oberleutnant, die Hauptleute mit nur einem
    Dienstgrad, dem Hauptmann, die Stabsoffiziere mit Major, Oberstleutnant und Oberst, und ganz oben die Generäle mit Brigadegeneral, Generalleutnant, Generalmajor und schließlich und endlich, ganz oben, mit Eichenlaub und vier Sternen, der schlichte General, außerdem die Unteroffiziers- und Offiziersanwärter mit ihren Spezialnamen und Spezialabzeichen und die Abzeichen und Dienstgrade im Sanitätsbereich, »Marine und Luftwaffe lassen wir mal aus«, sagte der Oberleutnant, »das braucht Sie erst mal nicht zu interessieren, das können Sie ja mal in Ruhe nachlesen, wenn Sie das interessiert«, sagte er, »das sind alles nur Rostklopfer und Rollbahnfeger, mit denen haben Sie nichts zu tun.« Als das vorbei war, hatten sie Sport, der fand trotz des schönen Wetters in der Halle statt, »wer sich nicht reinhängt, darf am Wochenende noch einmal ran«, rief gleich zu Anfang der vollbärtige, drahtige Feldwebel aus dem 1. Zug, der sie beim Sport anführte und der sich in seinem Sportzeug und mit seinem Sportgebrüll nicht groß von den Sportlehrern unterschied, die Frank noch aus seiner Schulzeit kannte. Er ließ sie im Kreis laufen, machte Gymnastik mit ihnen, und zu guter Letzt, »damit alle vor dem Wochenende noch ihren

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