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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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umgebracht. Das ist aber auch keine gute Lösung, dachte Frank jetzt, das ist irgendwie unlogisch, sie hätten ja noch ein bißchen warten können mit dem Sichumbringen, dachte er, und in der Zeit hätten sie noch ein bißchen nachdenken können, dachte er, aber das brachte ihn auch nicht weiter, so geht das nicht, dachte er, so kommt man nicht weiter mit dem Nachdenken, wenn man sich ständig selber ablenkt dabei, und um sich auf die richtige Bahn zurückzubringen, bat er Leppert um seinen Tabak, vielleicht hilft es, wenn man mal ein bißchen raucht, dachte er und drehte sich ungeschickt eine Zigarette, was aber keinem auffiel, denn Schmidt sagte nun plötzlich in ihr Schweigen hinein doch etwas, und der stille Moment war dahin.
    »Alles Scheiße«, sagte Schmidt.
    Die anderen nickten. Dann wandte sich Hoppe an Leppert.
    »Was machst du denn sonst so? Ich meine, vorher?«
    Leppert sagte, daß er bei Opel in Rüsselsheim gearbeitet habe, und Hoppe sagte »Mein Gott, ich auch«, und daraufhin hatten die beiden sich ordentlich etwas zu erzählen, der eine, Leppert, war in der Lackiererei, der andere, Hoppe, in der Endmontage gewesen, und sie tauschten mit wachsendem Eifer Anekdoten aus ihrem früheren Arbeitsleben aus, Leppert brachte eine über das Verwechseln von Armaturenabdeckungen für Rechts- und Linkslenker und Hoppe eine über Schrauben, die man in die Türfüllungen werfen konnte, um die Endkontrolle zu verarschen, und so ging das eine Zeitlang, bis Schmidt, dem das wohl zu langweilig wurde, etwas von seiner Arbeit als Steinmetz erzählte, eine Geschichte über Grabsteine und Inschriften, worauf Hartmann es sich nicht nehmen ließ, noch einmal zu betonen, daß er zwar Maurer, aber eigentlich die rechte Hand vom Polier war, und daß sie neulich, kurz bevor er zum Bund mußte, einen Tag ohne Bauleiter hatten und was sie sich dann alles in die Kofferräume ihrer Wagen geladen hatten, und als Frank von der selbstgedrehten Zigarette nicht mehr schwindelig war, versuchte auch er einen Beitrag zu leisten, eine Geschichte aus seiner Erfahrung als Speditionskaufmann, es ging dabei um die beschädigte Verplombung eines Lastwagens im Transit durch Österreich, aber diese Geschichte stieß nicht auf so großes Interesse, Leppert stand sogar mittendrin auf und holte ein zweites Bier für alle, und die anderen wechselten das Thema, als Frank sich noch bei der Erklärung des Unterschiedes zwischen Verplombung und Carnet verzettelte. Frank war das ganz recht, er hatte nur höflich sein wollen, und wenn er ehrlich war, war ihm das alles auch schon viel zu weit weg, das sind Nachrichten aus einer anderen Welt, dachte er, und dann sprachen die anderen davon, was sie am kommenden Wochenende machen würden, nur Frank und
    Leppert waren bei diesem Thema eher schweigsam, Leppert sagte ohnehin nie viel, und Frank steuerte nichts bei, weil er nicht den Hauch einer Ahnung hatte, was er am Wochenende tun sollte, und was immer es war, er wußte, daß es nicht so spektakulär sein würde wie die Pläne von Hoppe, Schmidt und Hartmann, die im wesentlichen auf exzessive Ferkeleien mit ihren Freundinnen oder Bekannten oder was für Frauen auch immer hinausliefen.
    Dann holte Hartmann die nächste Runde Bier und brachte auch gleich für jeden ein Glas Jägermeister mit, das sie nach seiner Anweisung im Bier versenken sollten, er nannte das U-Boot. Frank nahm davon lieber Abstand, er kippte den Jägermeister separat hinunter und spülte den Geschmack mit einigen Schlucken Bier weg. Ihm lag nicht viel an Bier, aber doch genug, um es nicht auch noch mit anderen Getränken zu verpanschen, was ihm aber die anderen nicht krummnahmen. Sie waren mittlerweile überhaupt ziemlich entspannt, fiel Frank auf, die werden geradezu heimisch im Mannschaftsheim, dachte er mit einer gewissen Bewunderung, während seine Kameraden unter Gekicher und Gejohle ihr seltsames Gebräu tranken, Schmidt rief »Mein Gott, ist das ekelhaft«, und Hartmann rief »Sag ich doch«, und da flog auch schon der erste Bierdeckel.
    Zunächst dachte Frank, Schmidt hätte ihn geworfen, denn aus seiner Richtung kam er geflogen, aber Schmidt drehte sich zur Nachbarbucht um und rief »He!«, und daraufhin flogen noch mehr Bierdeckel, von denen einer auf Hartmanns Bierglas landete. Zwei Tische weiter saßen sechs ältere Soldaten, die schon längere Zeit, wie Frank bemerkt hatte, mit düsteren Mienen zu ihnen herüberstarrten, sie trugen alle schwarze Kordeln, die von der linken

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