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Neues Vom Watership Down

Titel: Neues Vom Watership Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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offensichtlich ein hlessi, ein Streuner –, das unter einem Dornbusch auf der Seite lag, schwer atmete und sichtbarlich böse zugerichtet war. Ein Ohr war aufgerissen und blutete, seine beiden Vorderpfoten waren in getrocknetem Schlamm fast eingebacken, und die Hälfte des Fells auf dem Kopf hatte er verloren. Als sie näher kamen, versuchte es aufzustehen, fiel aber nach zwei Ansätzen wieder zurück und blieb liegen. Sie hielten kurz an, um sich zu vergewissern, daß es nicht vom Parda-rail war. Als sie es beschnüffelten, sagte es zu Hallion: »Herr, ich glaube, ich bin in einem bösen Zustand. Ich bin völlig erschöpft und weiß, ich kann nicht mehr laufen. Wenn ich so hier liegen bleibe, dann wird mich sicher der eine oder andere der Tausend erwischen. Könnt ihr mir in eurem Gehege Obdach für eine Nacht gewähren?«
    »Dir Obdach gewähren?« fragte Hallion. »Einem schmutzigen, gemeinen Kaninchen wie dir? Na, so was –«
    »Oh, es ist also tatsächlich ein Kaninchen?« warf Thyken ein. »Hab' mich schon gefragt, was das für ein Viech ist.«
    »Du machst dich hier besser aus dem Staub«, fuhr Hallion fort. »Solche wie dich wollen wir nicht um Parda-rail herumgammeln sehen. Da könnte einer meinen, du kämst von uns.«
    Der hlessi bat sie ziemlich verzweifelt, ihm zu ihrem Gehege zu helfen, er hielt das für seine einzige Überlebenschance. Aber keiner von beiden wollte ihm helfen; sie meinten, so ein dreckiger Vagabund würde dem Namen Parda-rail nur Scham und Schande bringen. Obwohl er sie weiter anflehte, gingen sie weg und verschwendeten keinen Gedanken mehr an ihn.
    Zwei oder drei Tage später schaute El-ahrairah vorbei, wie es an langen Sommertagen seine Gewohnheit war. Henthred begrüßte ihn mit großem Respekt und sagte, er hoffe, daß er einige Tage bleibe, um den Klee zu genießen, dessen Zeit gerade war. El-ahrairah nahm die Einladung an und meinte, er würde gern die Owsla treffen, die er lange Zeit nicht mehr gesehen hatte.
    Sie kamen alle stolz an, mit glänzendem Fell und weißblitzenden Schwänzen, und El-ahrairah lobte ihre Erscheinung und sagte zu Henthred, sie sähen wirklich phantastisch aus. Dann sprach er zu ihnen und blickte dabei von einem zum anderen.
    »Ihr seid tatsächlich der bestaussehende Kaninchenhaufen, den man sich nur wünschen kann«, sagte er. »Ich bin sicher, in eurem Herzen und in eurer Seele sieht es genauso schön aus. Zum Beispiel«, fuhr er fort und wandte sich dabei an ein großes Kaninchen namens Frezail, »was würdest du tun, angenommen, du findest eines Abends auf dem Heimweg einen verwundeten hlessi, der dich bittet, ihm zu deinem Gehege zu helfen und ihm für die Nacht Obdach zu geben?«
    »Natürlich würde ich ihm helfen«, antwortete Frezail, »ich würde ihn bleiben lassen, so lange er will.«
    »Und du?« fragte El-ahrairah das nächste Kaninchen.
    »Ich auch, Herr.«
    Und das sagten sie alle.
    Doch vor ihren Augen veränderte sich El-ahrairah ganz allmählich und verwandelte sich in den erbarmungswürdigen hlessi, den Hallion und Thyken einige Abende zuvor angetroffen hatten. Er ließ sich auf die Seite fallen und sah Hallion und Thyken an. »Und wie ist das mit euch?« fragte er. Aber sie antworteten nicht, sie starrten ihn nur verwirrt an.
    »Ihr habt mich also nicht erkannt?« forschte El-ahrairah nach. Die anderen Owslas blickten von ihm zu Hallion und Thyken; sie verstanden nichts, ahnten aber, daß es da etwas höchst Unangenehmes zwischen El-ahrairah und den beiden gab.
    »Du ... du hast nicht ausgesehen wie du«, sagte Thyken schließlich stockend. »Wir konnten ja nicht wissen –«
    »Konntet nicht wissen, daß ich ein Kaninchen war, richtig?« fragte El-ahrairah. »Wißt ihr's denn jetzt?«
    Bevor er sich zurückverwandelte, ließ er alle nähertreten und ihn aus der Nähe betrachten. »Um sicher zu sein«, sagte er, »daß sie mich das nächste Mal erkennen.«
    Hallion und Thyken erwarteten nun eine harte Strafpredigt von ihm, aber er erzählte nur Henthred, während alle zuhörten, was an jenem Abend geschehen war, als sie ihn unter dem Dornbusch hatten liegen sehen. Sie wußten alle in ihren Herzen, daß sie sich ebenso verhalten hätten, und sie gingen alle schweigend fort. Nur Henthred blieb da und ein graufelliges, uralt aussehendes Kaninchen, das Henthred als Themmeron vorstellte, das älteste Kaninchen im Gehege.
    »Was ich nur noch sagen will«, äußerte Themmeron mit zittriger Stimme, »ist folgendes: Hätte ich dich an jenem

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