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Neues Vom Watership Down

Titel: Neues Vom Watership Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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so etwas noch nie erlebt, und ich habe einfach keine Ahnung.«
    Den ganzen Tag über und auch den nächsten beschäftigte der Gedanke an Sandwort, der in der Grube lag, alle Kaninchen. Selbst diejenigen, die wie Silver und Bigwig allen Grund hatten, ihn nicht zu mögen, hätten ihm geholfen, sich aus seiner mißlichen Lage zu befreien, wenn sie nur gekonnt hätten.
    Drei Tage verstrichen, nachdem die Nachricht im Gehege bekannt geworden war; am Nachmittag dieses Tages mißachteten Tindra und Nyreem Hazels Verbot und schlichen heimlich über den Hügelkamm und dann, in sicherer Entfernung und außer Sichtweite, den Hügel hinab. Jung und unerfahren, wie sie waren, verirrten sie sich und wanderten eine Weile orientierungslos herum, bis sie, eigentlich mehr durch Zufall, durch die Hecke stolperten und in den Garten des großen Hauses gelangten.
    Sie brauchten nicht lange, um zur Grube zu kommen.
    Sandwort lag mit geschlossenen Augen unten im Wasser.
    Fliegen spazierten ihm über Lider und Ohren, doch alle paar Sekunden stiegen Bläschen hoch und zeigten an, daß er noch atmete. Etwas nasses hraka lag neben seinem Schwanz. Die beiden Weibchen starrten hinunter. Obwohl sie wirklich nichts tun konnten, blieben sie eine Weile fasziniert, reglos und ungeschützt dort stehen, bis die Stimmen näherkommender Kinder sie aufschreckten. Sie rannten in die Lorbeerbüsche zurück, und da kamen drei, vier Kinder und brachen durch die Azaleen auf der anderen Seite der kleinen Lichtung. Ein etwa elfjähriger Junge nahm einen Anlauf und sprang über die Grube. Auf der anderen Seite hielt er inne, drehte sich um und schaute in die Grube.
    »Seht mal, da unten liegt ein totes Kaninchen.«
    Ein anderer Junge stellte sich neben ihn und spähte hinunter.
    »Ist nicht tot.«
    »Ist doch tot.«
    »Ist nicht tot.«
    »Doch tot.«
    »Nicht tot. Paß auf, ich zeig dir's.«
    Der zweite Junge stützte sich mit den Händen auf beiden Seiten ab und ließ sich hinab, bückte sich, hob das Kaninchen hoch, das schlaff in seinen Händen hing, und legte es auf den Grubenrand. Dann zog er sich wieder hoch.
    »Hab' dir doch gesagt, daß es tot ist«, sagte der erste Junge.
    »Glaub' ich nicht. Warte mal, ich hol mir einen Grashalm.« »Oh, laßt das bloß liegen, ihr beiden«, rief ein älteres Mädchen, das neben den Azaleen stand, »sonst macht ihr euch noch die Hände an diesem dreckigen toten Ding schmutzig!
    Laß das liegen, Philip. Laßt das da, Hemmings räumt es weg, wenn ihr ihm Bescheid sagt.« Dann schrie sie mit schriller Stimme zum Haus: »Wir kommen!«
    Die Jungen ließen das Kaninchen neben der Grube liegen und folgten ihr um einen Schneeballstrauch herum und an Buchsbüschen vorbei. Dann waren sie verschwunden. Kurz darauf kamen Tindra und Nyreem vorsichtig unter dem Lorbeer hervor und näherten sich dem Grubenrand. »Sandwort!« sagte Tindra und schnüffelte am Leib des Kaninchens. »Sandwort! Er ist nicht tot«, erklärte sie Nyreem. »Er atmet, sein Blut fließt noch. Leck über seine Nase. Leck über seine Lider. Gut so!«
    Die beiden Weibchen bemühten sich noch eine Weile.
    Schließlich hob Sandwort den Kopf leicht an und öffnete die Augen. Er versuchte ein paarmal, auf die Beine zu kommen, aber es gelang ihm nicht.
    »Was ist passiert? Wo ist der Hund? Wo ist Foxglove?« »Komm mit unter die Büsche, wenn du kannst«, sagte Tindra. »Der Hund ist weg, aber du mußt dich erholen.« Erst spät am Abend erreichten die Weibchen mit dem humpelnden und schwankenden Sandwort den Hügelkamm. Als erstem begegneten sie Fiver, der Sandwort beschnüffelte, und dann zu Hazel eilte, um ihm zu berichten.
    »Der sollte jetzt erst mal schlafen«, sagte Hazel grimmig.
    »Bring ihn zum nächsten Wohnkessel«, wies er Nyreem an.
    »Und was euch beide anbelangt«, fuhr er an Tindra gerichtet fort, »bleibst du jetzt mal da und gibst eine Erklärung ab.
    Was habt ihr beide da unten zu schaffen gehabt? Ich hatte angeordnet, daß niemand dorthin gehen soll.«
    Die arme Tindra war von der Strenge des Leitkaninchens so eingeschüchtert, daß sie nur noch ein unzusammenhängendes Gestammel von allen möglichen Ausreden hervorbrachte, von denen keine etwas taugte. Hazel hielt ihr eine Strafpredigt, die sich gewaschen hatte, die jedoch abgemildert wurde durch die unbestreitbare Tatsache –
    die sie aber infolge ihres Schuldbewußtseins gar nicht zu ihrer Verteidigung vorbrachte –, daß ohne ihrer beider Verbotsübertretung Sandwort jetzt wahrscheinlich tot

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