NeuGier
gegen die Bar lehnte. Er war gut einen Kopf größer als sie. Das dunkelgraue, zerschlissene T-Shirt spannte sich um seine Brust, als er den unverletzten Arm gegen den Tresen stützte. An beiden Handgelenken trug er schwarze, breite Lederbänder und silberne Ringe an den Daumen. Kate fragte sich, ob diese Accessoires Teil der Verkleidung waren. Den Blick noch immer auf sie geheftet, schien er zu warten. Kate sah kurz zum Piraten hin, und als der sich daraufhin überflüssig fühlte und verabschiedete, was Jackson nur mit einem Murmeln quittierte, trat sie näher.
Noch immer war sie fürchterlich aufgeregt, doch ihr kam auch ein witziger Gedanke, wie sie das Gespräch beginnen konnte. Das dämpfte ihre Nervosität ein wenig.
»Wie ist das passiert? Warst du in eine Schlägerei verwickelt?«, fragte sie und biss sich auf die Lippen, um nicht allzu breit zu grinsen.
Er verneinte. »Das war ein Berufsunfall. Ich bin Stuntman, musst du wissen.« Ein äußerst zufriedener Ausdruck lag in seiner Miene, als er Kates Aufmachung inspizierte. »Wie es aussieht, bin ich nun in professionellen Händen.«
Kate nahm einen Schluck von ihrem Cocktail und stellte das Glas auf den Tresen. »Bist du dir sicher, dass du dich in meine Hände begeben möchtest?«
Jacksons Antwort kam ohne Zögern. »Absolut.«
»Dann lass mich das mal anschauen.« Sie ging auf die Zehenspitzen, um die rote Stelle auf dem Stirnverband zu begutachten. »Die Blutung müsste gestillt werden«, raunte sie und hauchte einen Kuss auf seine Haut unterhalb des Verbandes. Von da aus ließ sie ihren Lippen zu seinen Schläfen wandern, küsste ihn auch dort und schickte ihren Mund über seine Wangen. An seinem Mundwinkel machte sie Halt. »Aber dazu benötige ich etwas Zeit und Ruhe.«
Jackson drehte den Kopf, sodass seine Lippen direkt vor Kates waren. Sie erkannte, dass seine Augen grün waren. Ein Grün, das von Sekunde zu Sekunde dunkler wurde.
»Ich kenne einen Ort, an dem es beides gibt«, murmelte er und legte die freie Hand an ihre Taille, strich langsam abwärts und umfasste ihren Po.
»Zeig ihn mir!« Sie schloss seinen Unterarm in ihren Griff und löste sich aus seiner Umarmung – so gern sie auch verweilt und sich an ihn geschmiegt hätte.
Jackson nahm Kate bei der Hand und führte sie zwischen den Feiernden hindurch. Kaum hatten sie die letzte der großen Flügeltüren hinter sich gelassen und standen im Foyer, schob er sie gegen eine Wand und küsste sie. Seine Hand, die zuerst in ihrem Nacken gelegen hatte, wanderte über ihren Rücken und zog sie näher. Kate schlang die Arme um ihn und ließ sich von ihm, noch immer in den Kuss vertieft, die Treppe hinauf in die erste Etage führen.
Auf dem Weg in ein bestimmtes Zimmer und so miteinander beschäftigt, stießen sie wieder und wieder gegen Geländer, Türrahmen, stolperten und fingen sich, ohne voneinander abzulassen. Längst waren Kates Hände unter Jacksons T-Shirt und strichen über seine warme Haut. Als er unter ihren Kittel fassen wollte, stoppte sie ihn abermals. Schließlich hatte er entschieden, sich in ihre Hände zu begeben, nicht anders herum – und sie hatte beschlossen, ihn beim Wort zu nehmen.
Ihre wechselnde Umgebung nahm Kate nur in Sequenzen wahr. Der Raum, in dem Endstation zu sein schien, führte zur Rückseite der Villa und wurde vom Mondlicht illuminiert, das durch eine Reihe hoher Fenster einfiel. Dielen knirschten unter ihren Füßen, als sie sich einer Möbelgruppe näherten, die von weißen Laken abgedeckt war.
Jackson dirigierte Kate zu einem eingehüllten Stuhl, zog ihn herum und setzte sich. Endgültig davon genervt, befreite er die zweite Hand aus der Schlaufe, legte sie und die andere an Kates Seiten und zog sie an sich. Sie streichelnd, lehnte er die Stirn für eine kleine Weile an ihren Bauch, hob dann aber den Kopf, um sie anzuschauen, wobei er erneut versuchte, unter ihren Kittel zu kommen und ihr das Höschen auszuziehen. Kate quittierte es diesmal mit einem Lächeln und führte seine Arme über seinen Kopf. Sie zog ihm das T-Shirt aus und wickelte den losen Verband von seinem Hals.
Ihre Hände zitterten noch immer, nun auch, weil sie ein wenig von ihrem Mut überrumpelt war, der sie die führende Rolle in diesem Spiel übernehmen, ja gar für sich beanspruchen ließ. Der Reiz war jedoch zu groß, als dass sie einen Rückzieher hätte machen können, und Kate war gespannt. Zum einen auf ihre eigenen Handlungen, zum anderen auf Jacksons Reaktion.
»Zeit
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