NeuGier
pure Emotionen. Ihre fingerlosen Hände schienen über den Körper des anderen zu hasten, ihre Leiber rieben aneinander. Er glitt an ihr herab. Sie umschlang ihn. Vergessend, sich verlierend, sich begehrend – bis sie ihre endgültige Position fanden und so verharrten. Für immer.
Jessies und Lindsays Begeisterung hatte das Modell längst. Ihre Worte, die sie für den fertiggestellten Anhänger fanden, machten Kate so stolz, dass sie am liebsten gleich mit den Ohrsteckern weitergemacht hätte. Doch ihre Finger taten weh und auch ihr Geist verlangte nach einer Pause.
Als ahnte Jill das, schneite sie am Nachmittag herein, bestaunte das Werk und überredete Kate, die Feilen und Bohrer fallenzulassen und mit ihr einen Kaffee trinken zu gehen. Aus einem Kaffee mit Jill wurden für gewöhnlich zwei Kaffee, denen drei Gläser Wein folgten. Aber Kate war das gerade nur recht.
In einer Seitenstraße der Hamilton Avenue befand sich ein Café, das Kate und Jill am liebsten besuchten. Es gehörte einer Bekannten, die ihre Räumlichkeiten auch nutze, um regionale Kunst auszustellen und Künstler zu unterstützen, die es noch nicht so weit gebracht hatten wie Henry.
Kate hatte sich gedacht, dass Jill sie zum vergangenen Freitag ausquetschen wollte, und je mehr sie nun erzählte, desto mehr geriet Jill aus dem Häuschen.
»Das ist Wahnsinn!«, kommentierte sie das Gehörte. »So etwas müsste mir mal passieren.«
Kate winkte ab. »Ach komm schon, erzähl mir nicht, dein Sexleben sei langweilig.«
Jill verschränkte die Arme und rieb mit den Händen über die Ellenbogen, um eine Gänsehaut zu vertreiben. »Das nicht, aber hallo! Du hattest keine Ahnung, wer er ist, wie er aussieht – weißt das bis jetzt nicht – und hast dich darauf eingelassen. Trefft ihr euch wieder?«
»Das hat er mich gefragt, aber ich bin unsicher.«
»Du solltest ihn wiedersehen.« Jill nahm ihren Kaffee und pustete hinein, wobei sie mit einem Mal nachdenklich wirkte. Über den Rand der Tasse betrachtete sie Kate und sagte: »Vielleicht hilft es dir, Abstand zu Henry zu gewinnen. Das was ihr da seit Monaten führt, das ist keine Beziehung mehr, sondern eine Wochenend-WG. Du hast jemand Besseren verdient.« Wieder einmal redete Jill sich in Rage. »Du bist nicht das Anhängsel eines Malers, das er in Abhängigkeit vom Bedarf zum Spielen, Inspirieren oder Abreagieren benutzt.«
Die Worte schockierten Kate. »Henry benutzt mich nicht und ich werde ihn nicht einfach so verlassen«, stellte sie klar und funkelte die Freundin verärgert an. »Das mit Jackson war Sex, Jill. Es ist nicht mit Liebe zu verwechseln. Wie kannst du davon sprechen, dass ich jemand Besseren verdient habe?!«
»Weil ich davon überzeugt bin.« Jill trank einen Schluck ihres Kaffees und stellte die Tasse ab. »Ich habe dich in den vergangenen Wochen erlebt und ich erlebe dich jetzt. Du hast noch einen kleinen Weg vor dir, aber so langsam wirst du wieder zu der Jill, die sich ihrer selbst bewusst ist. Nimm nur deine aktuelle Kreation!« Ein kühner Ausdruck schlich in ihre Miene, als sie sagte: »Und dass du Henry nicht verlässt, das denkst du heute.«
»Daran wird sich auch morgen nichts ändern«, beharrte Kate, allerdings grübelte sie noch auf dem Heimweg über Jills Worte.
An diesem Abend konnte ihr Jacksons »Bonne nuit, petite lapin« so gar kein Lächeln abringen. Nicht einmal dem »Träum süß«, das er hinterherschickte, gelang das.
***
Der Donnerstag begann mit Stress. Im Fax lagen mehrere Aufträge kalifornischer Juweliere, die Kates Kollektionen bereits verkauften. Die Nachfrage, insbesondere an den Crowned Lizards und den Flames, war so abrupt gestiegen, dass sie nun größere Mengen bestellten. Beim Blick auf die Zahlen wusste Kate, dass sie, Lindsay und Jessie dies nicht im gewünschten Zeitraum schaffen würden, also telefonierte sie mit zwei befreundeten Goldschmiedinnen, die ihr bisweilen ausgeholfen hatten. Beide waren in eigenen Projekten involviert, eine empfahl ihr jedoch mehrere talentierte Studentinnen. Während Kate versuchte, die Frauen zu erreichen, gingen weitere Anfragen ein. Die erste stammte von einem renommierten Juweliergeschäft in Los Angeles, das ihren Schmuck im Rahmen einer für ausgewählte Kunden veranstalteten Gala im nächsten Monat präsentieren würde und um ihr Einverständnis sowie ihre Anwesenheit bat.
Nachdem Kate mit den Studentinnen gesprochen und sie für ein paar Wochenstunden Arbeit gewonnen hatte, bestätigte sie die
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