NeuGier
Beseeltheit heraus? Oder voll bewusst und ihren vielen vermeintlich ersten Begegnungen zum Trotz?
»Wir sollten uns ein Safeword überlegen, bevor wir das in diesem Rahmen noch einmal tun«, murmelte er schläfrig. »Wie wäre es mit … « Er grübelte, doch schien keine Idee zu haben.
»Kentucky«, schlug Kate vor.
»Kentucky ist öde.«
»Eben. Total öde.«
Noch einmal küsste er ihren Rücken. »Dann nehmen wir das.«
Als Kate Jacksons regelmäßige Atemzüge vernahm, konnte sie es kaum fassen. Er war tatsächlich eingeschlafen. Er blieb bei ihr, hielt sie fest bei sich und schlummerte. Das verwirrte sie, doch noch viel mehr machte es sie glücklich.
Gedankenverloren strich sie über die feinen Härchen seines Unterarms. Mit jedem von Jacksons Atemzügen, jedem warmen Hauch in ihrem Nacken, jedem Heben und Senken seiner Brust wurden ihre Lider schwerer, und bald schlief auch sie.
***
Am nächsten Morgen lag Jackson nicht mehr neben ihr. Kate setzte sich im Bett auf und lauschte, ob er in der Nähe war. Es war völlig still. Sie blickte sich im Raum um, der nun vom Tageslicht erhellt wurde, das durch zwei schmale Fenster unterhalb der Zimmerdecke einfiel. Vom Stuhl, auf den sie gespannt gewesen war, wanderte ihr Blick zum Seilzug, an dem sie gehangen hatte, und zum Bock, auf dem Jackson sie bis zur völligen Vergessenheit geliebt hatte – auf ihre und seine Weise. Am Ende betrachtete sie den leeren Platz neben sich und lachte sich aus für jeden ach so dummen Gedanken, den sie kurz vor dem Einschlafen gehabt hatte.
Schwermut machte sich in ihrer Brust breit. Für einen Moment raubte er ihr sogar die Luft. Kate sank zurück auf das Kissen und starrte an die Decke bis ihre Augen brannten.
Fünfzehn
Bonjour, bist du gut zu Hause gelandet?
, schrieb Jackson am Samstagnachmittag.
Kate ließ das Handy in der Tasche ihrer roten Pluderhose verschwinden, ohne geantwortet zu haben, und gesellte sich zu Henry, der im Garten saß. Auf dessen Erkundigung hin berichtete sie vom Event des vergangenen Abends und mochte bald ihre eigene Stimme nicht mehr hören, weil sie so stoisch klang. Es gelang ihr nicht, den geringsten Funken Freude oder gar Stolz hineinzulegen. Später erzählte Henry von einer neuen Maltechnik, die er ausprobieren wollte. Kate hörte ihm nicht wirklich zu und schreckte auf, als er mit plötzlich schroffer Stimme fragte, was eigentlich mit ihr los sei.
Einige Sekunden lang starrte Kate ihn an. Ohne ihm zu antworten, ging sie ins Haus und nahm auf dem Weg in ihr Schlafzimmer mehrere Stufen auf einmal. Oben angekommen, warf sie die Tür hinter sich zu und blickte sich um. Was wollte sie hier? Auf dem Bett liegen und Löcher in die Luft starren? Eben das tat sie für zwei ganze Stunden.
Wahrscheinlich hätte sie weitere Stunden so verbracht, hätte ihr Telefon nicht gezwitschert.
Ich denke an dich
, las sie nun von Jackson, schaltete das Gerät aus und stand vom Bett auf.
In der Küche legte sie Gemüse zurecht, das sie für den Salat schnippeln wollte, obwohl sie weder Hunger noch Appetit verspürte. Den gesamten Tag hatte sie keinen Bissen heruntergebracht und verpflichtete sich jetzt dazu, etwas zu essen, damit sie sich wenigstens nicht mehr so schlapp fühlte.
Henry kam in die Küche und öffnete eine Flasche Wein. »Möchtest du auch ein Glas?«, brummte er.
Kate entkernte gerade eine Paprika und sah nicht auf. »Ja, gern, danke.«
Er schenkte zwei dickbauchige Gläser viertelvoll und schob ihr eines hin. Gegen den Kühlschrank lehnend, trank er einen Schluck. »Ist in L.A. irgendetwas geschehen?«
Nun zwang sie sich, den Blick zu heben und ihm in die Augen zu schauen. »Was soll geschehen sein?«
»Keine Ahnung. Ich war nicht dort, und ich habe dich gefragt.« Er zuckte mit den Schultern. »Komisch, dass du mit einer Gegenfrage antwortest, statt mir ein simples Ja oder Nein zu geben.«
»Gar nichts ist geschehen. Der Abend war nett, aber irgendwie anstrengend.«
Noch einen Moment hielt Kate Henrys Blick stand, wandte sich dann aber wieder dem roten Gemüse zu, schnitt es in Streifen, danach in Würfel und schob es vom Brett in die Schüssel.
»Eigentlich habe ich nicht so recht Hunger«, hörte sie Henry hinter sich sagen und fuhr herum.
Zorn wallte in ihr auf und bemächtigte sich ihrer so schnell, dass sie ihre nächsten Handlungen nicht aufzuhalten vermochte. Sie pfefferte das Messer weg, nahm die Schüssel, lehrte sie im Müll aus und warf sie in die Spüle, wo sie in
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