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Neuromancer

Neuromancer

Titel: Neuromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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wie
    farbkodierte Ganglien. An den Wänden schlug sich Feuchtigkeit nieder.
    An einem dreieckigen Absatz angekommen, blieb sie stehen und rieb
    sich das Bein. Wieder Korridore, schmale Korridore mit Teppichen an den Wänden. Sie zweigten in drei Richtungen ab.
    LINKS.
    Sie zuckte die Achseln. »Laß mich mal gucken, okay?«
    LINKS.
    »Nur nicht nervös werden. Wir haben Zeit.« Sie ging in den Korridor, der nach rechts führte.
    STOP.
    ZURÜCK.
    GEFAHR.
    Sie zögerte. Von der halb offenen Eichentür am hintern Ende des Gangs
    kam eine Stimme, laut und lallend wie die eines Betrunkenen. Es hörte
    sich wie Französisch an, meinte Case, war aber zu undeutlich. Molly trat einen Schritt vor, dann noch einen. Ihre Hand glitt in den Anzug an den 175
    Griff ihrer Flechette. Als sie ins Neuralstörfeld geriet, dröhnten ihr die Ohren von einem Schwirrton, der Case an das Geräusch ihrer Flechette erinnerte. Ihre gestreifte Muskulatur erschlaffte; sie fiel nach vorne und schlug mit der Stirn gegen die Tür. Sie krümmte sich und kam auf dem Rücken zu liegen. Ihre Augen waren unfokussiert, ihre Atmung stand still.
    »Was ist denn das?« sagte die lallende Stimme, »ein Kostüm?« Eine zitternde Hand drang in ihren Anzug, fand die Flechette und zog sie heraus.
    »Komm, Kind, leiste mir Gesellschaft!«
    Sie stand langsam auf. Ihre Augen klebten an der Mündung einer
    schwarzen Automatikpistole. Die Hand des Mannes war jetzt ziemlich ruhig; der Lauf der Knarre schien mit einem straffen, unsichtbaren Faden an ihre Kehle geheftet zu sein.
    Er war alt, sehr alt, und seine Züge erinnerten Case an das Mädchen,
    das er im Vingtieme Siede gesehen hatte. Er trug eine schwere Robe aus kastanienbrauner Seide mit langen, gesteppten Ärmelaufschlägen und
    Schalkragen. Ein Fuß war bloß, der andere steckte in einem schwarzen
    Samtslipper mit einem eingestickten, goldenen Fuchs über dem Rist. Er
    geleitete sie durch Gesten ins Zimmer. »Langsam, Darling.« Das Zimmer
    war sehr groß und vollgestopft mit allerlei Zeug, das befremdend auf Case wirkte. Er sah ein graues Stahlgestell mit altmodischen Sony-Monitoren, ein breites Messingbett voller Schafsfelle und Kissen, die offenbar aus dem gleichen Material wie der Bodenbelag in den Korridoren bestanden.
    Mollys Blick wanderte von einer riesigen Telefunken-Unterhaltungsconso—le zu Regalen mit altertümlichen Schallplatten, die in durchsichtigen Plastik-und Pappendeckelhüllen steckten, und schließlich zu einem großen Arbeitstisch, der mit Silikonfasern übersät war. Case registrierte das Cyberspace-Deck und die E-troden, aber Mollys Blick ging zügig darüber hinweg.
    »Es wäre üblich«, sagte der Greis, »dich jetzt zu töten.« Case spürte, wie sie sich anspannte, sprungbereit machte. »Aber heut' nacht gönn ich mir den Spaß. Wie heißt du?«
    »Molly.«
    »Molly. Ich heiße Ashpool.« Er sank in das brüchige, weiche Lederpolster eines riesigen Lehnstuhls mit vierkantigen Chrombeinen zurück, aber die Pistole wich dabei nicht von ihr. Er legte die Flechette auf einen Messing-tisch neben dem Lehnstuhl, wobei er ein Plastikfläschchen mit roten Pillen 176
    umstieß. Der Tisch war übersät mit Fläschchen, Schnäpsen und weichen
    Plastiktütchen, aus denen weiße Pulver quollen. Case bemerkte eine altmodische Glasspritze und einen schlichten Stahllöffel.
    »Wie weinst du, Molly? Ich sehe, deine Augen sind zugebaut. Würde
    mich interessieren.« Er hatte rote Ringe um die Augen, und auf seiner
    Stirn glänzte Schweiß. Er war sehr blaß. Krank, folgerte Case. Oder auf Drogen.
    »Ich weine nicht oft.«
    »Aber wie weinst du, sollte jemand dich zum Weinen bringen?«
    »Spuckenderweise«, sagte sie. »Die Tränengänge sind in den Mund verlegt.«
    »Dann hast du bereits eine wichtige Lektion gelernt für dein zartes Alter.« Die Hand mit der Pistole ruhte nun auf seinem Knie, während er sich wahllos eine Flasche von dem halben Dutzend Schnäpsen auf dem Tisch neben dem Stuhl griff. Er trank. Brandy. Das Zeug rann aus seinem Mundwinkel. »So geht man mit Tränen um.« Er trank noch einmal. »Ich bin beschäftigt heut' nacht, Molly. Ich habe all das gebaut, und jetzt bin ich beschäftigt. Mit dem Sterben.«
    »Ich könnte verschwinden, woher ich gekommen bin«, sagte sie.
    Er lachte heiser, schrill. »Du platzt herein, störst meinen Selbstmord und verlangst, daß ich dich einfach gehen lasse? Wirklich, du erstaunst mich. Einbrecher.«
    »Es geht um meinen Kragen, Boß, mehr hab ich

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