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Neva

Neva

Titel: Neva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Grant
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nackte Brust. »Also bitte, Nev. Die habe ich schon mal gesehen. So beeindruckend sind die auch nicht.«
    Ich beuge mich herab, ziehe die unterste Schublade meines Nachttischs auf und fische aus dem Wäscheknäuel einen hellblauen BH und einen Baumwollslip. Dann streife ich die Unterhose von gestern ab und ziehe mir die frischen Sachen an.
    Sie versucht, sorglos zu tun, aber es bleibt bei dem Versuch, denn ich durchschaue sie sofort. »Was ist denn los?«
    Sie macht eine abwehrende Geste. »Nettes Tattoo«, sagt sie stattdessen und streckt die Hand nach der Schneeflocke aus.
    »Finger weg!« Ich schlage nach ihrer Hand.
    »Jedenfalls muss ich sagen, das habe ich gut hinbekommen.«
    »Es tat höllisch weh«, erwidere ich und denke an die Millionen von winzigen Nadelstichen. Sanna brauchte zwei Stunden für die zweieinhalb mal zweieinhalb Zentimeter große Tätowierung, aber sie hat recht: Sie ist wirklich toll geworden.
    Endlich bin ich angezogen. »Eigentlich möchte ich gar nicht rausgehen.«
    »Ist mir egal.« Sanna legt mir die Kette an.
    Bei diesem leichten Schlagabtausch ist es fast wie früher, bevor Braydon gekommen ist und einen Keil zwischen uns getrieben hat. Ich beschließe mitzuspielen.
     
    Bevor ich weiß, wie mir geschieht, sind wir am Bahnhof. In der Bahn setzen wir uns auf die Plätze, die am wenigsten einsehbar sind.
    »Wohin fahren wir?«, frage ich.
    »Das kann ich dir nicht sagen.« Sie lässt ihren Blick über die anderen Fahrgäste gleiten.
    »Und warum nicht?« Automatisch sehe ich mich ebenfalls um.
    »Megatopsecret.« Sie ist nervös, immer wieder schaut sie sich um. Sie versucht, ganz sie selbst zu sein, aber ich spüre deutlich, dass etwas nicht stimmt.
    »Sanna?«
    Sie setzt sich auf ihren Platz zurück und zieht die bloßen Füße unter. Es ist, als hätte man ihr den Strom abgedreht.
    »Sanna, was ist denn? Rede mit mir.«
    »Es ist wegen meines Bruders.« Ihre Stimme klingt belegt. »Ich habe schon einige Tage nichts mehr von ihm gehört.«
    »Oh, Sanna, du weißt doch, dass er manchmal untertauchen muss.«
    »Diesmal ist es anders. Natürlich weiß ich, dass er hin und wieder verschwinden muss, weil die Polizei oder die Regierung nach ihm suchen.«
    »Und du kannst ihn sowieso nicht so einfach erreichen, richtig? Er ist immer derjenige, der Kontakt aufnimmt.« Ihr Bruder ist wie eine mythische Gestalt. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit er in den Untergrund gegangen ist.
    »Ich habe mich umgehört – niemand weiß etwas.« Sie zieht die Knie an die Brust und macht sich ganz klein. »Weißt du, wir haben ein Signal vereinbart. Und ich sende und sende, aber nichts passiert. Das sieht ihm gar nicht ähnlich. Es ist noch nie vorgekommen, dass er nicht reagiert hat, wenn ich ihn brauchte.«
    Wieder einer verschwunden. »Der taucht schon auf. Das tut er doch immer.« Ich bemühe mich, zuversichtlich zu klingen. Als ob ich es selbst glauben würde.
    »Ja. Du hast recht.« Ihre Miene erhellt sich etwas.
    »Also – wohin fahren wir?« Ich hüpfe auf meinem Platz auf und ab, um die Stimmung aufzulockern.
    Sie rutscht näher zu mir und flüstert: »Wir treffen ein paar Leute. Freunde von meiner Mom.«
    »Und warum so geheimnisvoll?«, frage ich in normalem Tonfall.
    »Pssst!« Sanna zieht mich noch weiter zu sich. »Wir haben ähnliche Interessen. Auf der Suche nach meinem Bruder habe ich rumgefragt. Anscheinend sind wir nicht die Einzigen, die eine Revolte planen.«
    »Was?« Aufregung durchzuckt mich. Die Rebellin Sanna ist zurück.
    »Du hattest recht, Nev, wir können nicht einfach aufhören. Wir müssen etwas tun. Und wenn du die Regierung beklauen kannst …«
    »Pssst!«, bringe ich
sie
nun zum Schweigen. »Und was ist mit Braydon?« Sein Name schmeckt gleichzeitig süß und bitter auf meiner Zunge.
    »Hier geht es um meinen Bruder – ich muss das tun. Braydon braucht es ja nicht zu wissen, oder?« Nun haben Sanna und ich ein Geheimnis vor Braydon. Mein Netz aus Lügen wächst. Bald weiß ich nicht mehr, was die Wahrheit ist.
     
    Sobald wir ausgestiegen sind, rennt sie los. »Wohin müssen wir denn?«, frage ich atemlos.
    »Zum Großen Platz«, keucht sie und biegt rechts ab.
    Ich erkenne jetzt, wo wir sind. »Sind wir nicht schneller dort, wenn wir diesen Weg nehmen?« Ich zeige nach links.
    »Ich will nur sicher sein, dass uns niemand folgt.« Sie zieht das Tempo an, und ich halte mit, obwohl ich eher bezweifle, dass jemand auf unsere Ausweichmanöver hereinfallen würde. Als

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