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Neva

Neva

Titel: Neva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Grant
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mir seine einzigartigen Gesichtszüge merkwürdig sympathisch. »Ich weiß, was du meinst.«
    Als wir den Platz verlassen, nimmt Sanna ihre Sonnenbrille ab. »Glaubst du, dass wir in tausend Jahren alle identisch wie Zwillinge sein werden?«
    Ich zucke die Achseln. »Wir sehen uns doch bereits ziemlich ähnlich.«
    »Ja, aber du bist immer noch du, und ich bin ich.«
    »Das wird sich bestimmt nicht ändern.« Lachend schiebe ich mir die Sonnenbrille ins Haar. »Aber welche Rolle spielt das? Wir werden sowieso nie Kinder haben.«
    »Nie würde ich nicht sagen«, entgegnet sie.
    Sie hat noch kein einziges Mal auch nur angedeutet, Kinder haben zu wollen. Immerhin ist ihre Mutter im Kindbett gestorben.
    »Hör auf mich anzustarren, als hätte ich eine Narbe im Gesicht. Oh, stimmt ja.« Sie schlägt die Hand über das S. »Ich darf meine Meinung ändern, oder? Manchmal denke ich, dass ich gerne eine kleine Sanna hätte. Jetzt noch nicht, klar. Und, nein, bevor du den Inspektor rauskehrst: Braydon und ich haben den Eid nicht gebrochen. Aber weißt du, mit ihm …« Wieder nimmt ihr Gesicht diesen verträumten, für Sanna total untypischen Ausdruck an. »Mit ihm fange ich langsam an, an eine Zukunft zu glauben.«
    Diese Wirkung hat Braydon nicht nur auf sie. Vielleicht ist das ein Spiel für ihn, vielleicht hat er auch einfach die Gabe, Frauen zu bezaubern.
    »Und da du jetzt verlobt bist, wird Ethan bestimmt auch früher oder später einen kleinen Nachfolger haben wollen, oder?« Sie stößt mir den Ellenbogen in die Rippen.
    »Ich habe mit ihm Schluss gemacht.« Auch wenn er es nicht wahrhaben will. Ich gehe etwas schneller.
    Sie holt mich ein und zieht an meinem Arm. »
Was?
Ich dachte, du und der große Ethan …«
    »Er hat sich verändert. Das musst du doch auch bemerkt haben.« Ich will mich darüber nicht unterhalten. Was soll ich ihr sagen? Ich habe mich von Ethan getrennt, weil ich in ihren Freund verliebt bin?
    »Du Arme.« Sie will mich in den Arm nehmen, doch ich schüttele sie ab. »Vielleicht kann ich mal wieder bei dir übernachten. Wie in alten Zeiten.«
    Ich laufe weiter. »Besser nicht. Bei uns herrscht in letzter Zeit eine ziemlich komische Stimmung.«
    »Bei mir geht es auch nicht. Mein Vormund hat die Tür zu meinem Zimmer ausgehängt. Kannst du das glauben? Sie beschneiden meine Freiheit, wo sie nur können.« Plötzlich bleibt sie wie angewurzelt stehen. »Ich habe eine tolle Idee. Warum treffen wir uns nicht nachher bei Braydon? Wir vergessen einfach alles und amüsieren uns.« Hat sie meine Gedanken gelesen? Ich würde Braydon so gerne wiedersehen – nur wiedersehen. Ich bin schlimmer als die Regierenden: Die halten uns gefangen und tun uns alles Mögliche an, weil sie in der verdrehten Vorstellung leben, dass sie uns dadurch beschützen oder sogar retten. Ich dagegen weiß genau, welchen Schaden ich anrichten könnte, und kann mich trotzdem nicht beherrschen.

[home]
    18 . Kapitel
    O bwohl ich den Zug genommen habe, muss ich noch über eine Stunde zu Fuß gehen, um zu Braydons Adresse zu gelangen. Ich wollte nicht mit ihm auf seinem Motorrad fahren. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie es war, mich an ihm festzuklammern. Mit jedem Schritt sage ich mir, dass ich umkehren sollte. Das hier ist definitiv eine dumme Idee. Dann wieder rede ich mir ein, dass die Sache eigentlich völlig harmlos ist. Ich will ihn ja nur wiedersehen. Natürlich wird es qualvoll, ihn mit Sanna erleben zu müssen. Immer wieder bleibe ich stehen, als wäre ich das Seil bei einem unsichtbaren Tauziehen. Meine Vernunft zerrt mich zurück, doch mein egoistisches triebgesteuertes Ich drängt in die andere Richtung … und gewinnt.
    Je weiter ich mich von der Stadt entferne, desto weniger Menschen begegne ich. Ich komme an Häusern vorbei, die einst prächtig gewesen sind und nun wie Sandburgen zerfallen. Schließlich biege ich auf eine Auffahrt ein, deren eisernes Tor gerade so weit offen steht, dass ein Motorrad hindurchpasst. Die Nummer, die Sanna mir gegeben hat, stimmt mit der überein, die in das Schmiedeeisen eingearbeitet ist. Vor mir ragt ein Gebäude auf, das man nur als Anwesen bezeichnen kann. Doch als ich mich nähere, verblasst der herrschaftliche Eindruck. Die Säulen sind grau von Schimmel, und die Fassade ist abgeschlagen und fleckig. Als ich klopfe, schwingt die Tür auf. Ich betrete eine Eingangshalle, die zwei Etagen einnimmt. Eine Wendeltreppe führt hinauf.
    »Hier oben!«, ruft Sanna, und ich folge

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