Nevare 01 - Die Schamanenbrücke
es mir auch«, sagte mein Vater ziemlich ku r zangebunden. Er klang nicht so, als wäre er besänftigt.
Der Kommandant fuhr hastig fort: »Am Ende des M o nats schicke ich einen Mann mit den Formularen für die Bestellung der Schaffelle. Außer Ihnen wird niemand mitbieten. Sie werden also keinen Konkurrenten bei dem Geschäft haben. Und wenn ich mit Ihnen Geschäfte m a che, dann weiß ich, dass ich es mit einem ehrlichen Mann zu tun habe. Dafür spricht schon die Ehrlichkeit Ihres Sohnes.« Es schien mir, als sei es dem Kommandanten sehr wichtig, die Wertschätzung meines Vaters zu erla n gen. Mein Vater schien es indes nicht eilig damit zu h a ben, sie ihm zu gewähren.
»Sie tun mir Ehre an«, war alles, was mein Vater da r auf erwiderte, und er machte dabei eine sehr knappe Ve r beugung. Dann verabschiedeten s ich die beiden Männer voneinander. Wir gingen zu unseren Pferden. Parth stand ein Stück abseits; sein Sattel lag zu seinen Füßen, und sein Gesicht zeigte einen Ausdruck verzweifelter Hof f nung. Mein Vater würdigte ihn keines Blickes. Er half mir beim Aufsitzen, weil mein Pferd ziemlich groß für mich war, nahm das Pferd, das Parth geritten hatte, beim Zügel, und ich ritt neben ihm. Er blieb stumm, als die Wachen uns durch das Tor passieren ließen. Als wir an ihnen vorbeiritten, blickte ich wehmütig zu den Mark t ständen hinüber. Wie gern hätte ich die Verkaufsstände mit der hübschen Tochter des Kundschafters erkundet! Wir hatten nicht einmal angehalten, um etwas zu essen, aber ich verkniff es mir lieber, mich darüber zu beklagen. In unseren Satteltaschen hatten wir Wurstbrote und Wa s ser. Ein Soldat war immer darauf vorbereitet, für sich zu sorgen. Eine Frage ging mir durch den Kopf, und ich stellte sie.
»Warum haben die Jungen sie Maulesel genannt?«
Mein Vater schaute nicht zu mir herüber, als er an t wortete. »Weil sie eine Kreuzung ist, mein Sohn. Halb Flachländerin, halb Gernierin, und weder hier noch dort willkommen. So, wie ein Maultier eine Kreuzung zw i schen einem Pferd und einem Esel ist, aber nichts von beidem richtig.«
»Sie hat gezaubert.«
»Das sagtest du bereits.«
Seinem Ton entnahm ich, dass er eigentlich keine Lust hatte, mit mir über dieses Thema zu reden. Sein Schwe i gen bereitete mir Unbehagen, und ich fragte ihn schlie ß lich erneut: »Habe ich unrecht gehandelt, Vater?«
»Du hättest nicht von Parths Seite weichen sollen. Wenn du bei ihm geblieben wärst, wäre das alles nicht passiert.«
Darüber dachte ich eine Weile nach. Es schien mir nicht ganz fair. »Wenn ich nicht dort gewesen wäre, hä t ten sie mich nicht zu dem Mädchen schicken können. Aber sie hätten trotzdem versucht, sie in die Gasse zu locken.«
»Vielleicht.« Seine Stimme klang hart. »Aber du hä t test es nicht mitangesehen.«
»Aber …« Ich versuchte, mir über das, was vorgefa l len war, klar zu werden. »Wenn ich nicht da gewesen wäre, hätten sie ihr etwas angetan. Etwas Schlimmes.«
»Gut möglich«, stimmte mir mein Vater zu, nachdem das Klappern d er Hufe eine ganze Weile die Stille erfüllt hatte. Er zügelte sein Pferd, und ich tat es ihm nach. Nachdem er tief Luft geholt hatte, leckte er sich über die Lippen und zögerte erneut. Ich blickte blinzelnd zu ihm hoch, und er sagte: »Du hast nichts Schändliches getan, Nevare. Du hast eine Frau beschützt, und du hast die Wahrheit gesagt. Beides weiß ich bei meinem Sohn zu schätzen. Als du gesehen hast, was da vorging, konntest du nichts anderes tun. Aber dass du all das mit angesehen hast, hat die anwesenden Offiziere ziemlich in Schwi e rigkeiten gebracht. Es wäre besser gewesen, wenn du meine Anweisung befolgt hättest und bei Parth geblieben wärst.«
»Aber dann hätten sie dem Mädchen wehgetan!«
»Mit großer Wahrscheinlichkeit, ja.« Er schluckte trocken. »Aber das wäre nicht deine Schuld gewesen, und wir hätten überhaupt nichts mit der ganzen Sache zu tun gehabt. Wahrscheinlich hätte in dem Fall niemand das Recht ihres Vaters in Frage gestellt, den Missetäter zu bestrafen. Der Kundschafter hat den Sohn des Sold a ten wegen einer bloßen Drohung gegenüber seiner Toc h ter geohrfeigt; sein Recht, den Mann zu bestrafen, e r schien den Männern weniger eindeutig. Und Komma n dant Hent ist kein starker Kommandant. Er sucht mehr die Erlaubnis seiner Männer, sie zu führen, als dass er ihren Gehorsam einfordert. Weil du das Mädchen b e schützt und ausgesagt hast, dass die Bedrohung real war,
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