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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ich sehr gut kannte. Kriegsversehrt oder zu alt für den Militärdienst, waren diese Männer in eine krude Mischung aus militär i scher Uniform und ziviler Kluft gekleidet. Eine einzelne Frau in einem verblichenen orangefarbenen Kleid hatte sich an einen der Tische gelümmelt, eine erschlaffte Blume hinter dem Ohr. Sie sah sehr müde aus. Oft wan d ten sich ausgemusterte Soldaten an meinen Vater in der Hoffnung auf eine Stelle und eine Unterkunft. Wenn er fand, dass sie zu irgendetwas nutze waren, stellte er sie gewöhnlich ein, sehr zum Leidwesen meiner Frau Mu t ter. Aber diese Männer, das wusste ich sofort, hätte mein Vater abgewiesen. Ihre Kleidung war ungepflegt, ihre unrasierten Gesichter starrten vor Schmutz. Ein halbes Dutzend von ihnen lungerten auf den Bänken; sie tranken Bier, kauten Tabak und spuckten die bräunliche Brühe in hohem Bogen auf den Lehmboden. Der Gestank von Kautabaksaft und verschüttetem Bier hing in der Luft.
    Als wir die Kantine erreichten, spähte Parth mit seh n suchtsvollem Blick in die kleinen Fenster und erblickte auch rasch hocherfreut einen alten Kumpanen, den er offenbar seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ich stand höflich gelangweilt daneben, während sich die beiden Männer d urch die Fensteröffnung über den Stand ihres derzeitigen Lebens austauschten. Parths Freund lehnte auf dem Sims und redete mit uns, die wir draußen auf der Straße standen. Vev war erst jüngst im Fort eingetroffen, zusammen mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen. Er war ausgemustert worden, nachdem er sich bei einem Sturz vom Pferd am Rücken verletzt hatte. Wie viele Soldaten, deren Tage beim Militär gezählt waren, hatte er keine Mittel, auf die er hätte zurückgreifen können. Seine Frau nähte ein bisschen, damit sie ein Dach über dem Kopf hatten, aber sie hatten es nicht leicht. Und was machte er, Parth, zur Zeit so? Bei Oberst Burvelle arbe i ten? Ich sah, wie Vevs Gesicht interessiert aufleuchtete. Er lud Parth sofort auf ein Bier ein, damit sie ihr Wiede r sehen gebührend begießen konnten. Als ich mich a n schickte, ihm zu folgen, sah er mich mit gestrengem Blick an. »Du wartest hier draußen auf mich, Nevare. Es wird nicht lange dauern.«
    »Sie dürfen mich in der Stadt nicht allein lassen, Ko r poral Parth«, erinnerte ich ihn an die Anweisungen me i nes Vaters. Ich hatte gehört, wie mein Vater ihm das während des Ritts unmissverständlich eingeschärft hatte; jung, wie ich war, überraschte es mich, dass er das offe n sichtlich schon wieder vergessen hatte. Nun wartete ich darauf, dass er sich dafür bedankte, dass ich ihn an seine Pflicht erinnert hatte. Ich betrachtete das als eine Pflicht meinerseits, denn wann immer mein Vater mich an eine Regel erinnern musste, die ich vergessen hatte, musste ich mich bei ihm bedanken und die Folgen meines Ve r säumnisses tragen.
    Stattdessen sah Parth mich finster an. »Du bist hier draußen nicht allein, Nevare. Ich kann dich vom Fenster aus sehen, und dann sind da ja noch all die alten Soldaten hier, die dich im Auge behalten. Es wird dir schon nichts zustoßen. Setz dich einfach vor die Tür und warte, wie ich es dir gesagt habe.«
    »Aber ich soll bei Ihnen bleiben«, beharrte ich. Mein Vater hatte nicht einfach nur Parth angewiesen, auf mich aufzupassen und mir die Festung zu zeigen, er hatte mir ausdrücklich befohlen, bei ihm zu bleiben. Parth würde Ärger bekommen, wenn er mich allein und unbeaufsic h tigt draußen warten ließ. Und ich fürchtete, dass mein Vater mehr tun würde, als mich nur zu schelten, wenn ich Parth nicht folgte, wie ich es sollte.
    Sein Trinkkumpan wartete mit einer Lösung auf. »Meine Buben Raven und Darda sind da draußen, Junge. Sie sind unten an der Ecke bei der Schmiede und spielen Messerwerfen mit den anderen Jungen. Warum gehst du nicht runter zu ihnen und guckst zu, wie es geht, und probierst es vielleicht selber auch einmal? Wir werden nicht lange brauchen. Ich möchte bloß mit deinem Onkel Parth hier darüber sprechen, was man tun muss, um so einen gemütlichen Job wie er zu bekommen, als Kinde r mädchen bei dem alten Oberst Burvelle.«
    »Pass auf, was du sagst, wenn du vor dem Jungen über seinen Vater sprichst! Glaubst du, er hat keinen eigenen Mund, mit dem er seinem Vater erzählen kann, wie du über ihn redest? Halt deine lose Klappe, Vev, bevor du mich noch um meine Stellung bringst.«
    »Ich hab’s ja nicht böse gemeint, wie der Junge b e stimmt gemerkt haben wird. Stimmt’s,

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