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Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Titel: Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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an mich und die Jacke verdeckt einen Teil meiner Beine.
    Auf dem Sofa liegen eine Decke und ein Kopfkissen. James bemerkt mich zuerst. Seine Augen werden groß. Er presst die Finger an die Lippen und Ty dreht sich um.
    Spot kommt auf mich zugerannt, aber ich ignoriere das Kratzen seiner kleinen Pfoten auf der nackten Haut meines Knies. Der Hund ist der Einzige in dieser Wohnung, der sich zu hundert Prozent darüber freut, dass ich da bin.
    »Hört mal. Ich gehe jetzt besser«, sage ich. »Das war wirklich nett mit dem Essen und allem, aber ich sollte jetzt gehen.« Mein Mund ist trocken. Ich sehe die beiden an. James sieht mir in die Augen, aber das war’s auch schon. Ty gelingt so etwas wie ein kleines Lächeln und er schüttelt den Kopf.
    »Du brauchst nicht zu gehen«, sagt er. »Vor allem nicht, wenn ich weiß, dass du nirgendwo sonst hinkannst. James war heute Abend nicht dabei. Er hat nicht mit diesen beiden Typen gesprochen. Er hat nicht gesehen, wie sie das Kino beobachtet und das Auto durchsucht haben, mit dem du gekommen bist. Aus irgendeinem Grund sind sie hinter dir her. Ich weiß nicht, ob sie dich wirklich umbringen wollen, aber ich weiß, was immer sie vorhaben – es kann nichts Gutes sein.«
    Ich will hartnäckig bleiben, will durch diese Tür gehen. Aber wohin? Ich habe kein Geld. Hat Ty sein Auto abgeschlossen? Vielleicht könnte ich auf dem Rücksitz schlafen.
    Ich erwarte, dass er weiter versucht, mich zu überreden, aber es ist James, der meinen Arm berührt. »Warum hörst du nicht einfach auf Ty und gehst schlafen. Wir können uns morgen früh überlegen, was wir machen.«
    Ich kann meine Füße kaum noch heben, als ich zurück in Tys Zimmer gehe. Ich bin mehr als nur müde, mehr als erschöpft. Ich werfe meine schmutzigen Klamotten auf den Boden. Meine Hose macht dabei ein klapperndes Geräusch. Brenners Handy. Vielleicht kann es uns helfen, die Wahrheit zu erfahren, denke ich, während ich meinen Kopf aufs Kopfkissen sinken lasse. Es ist schön, »wir« zu denken, auch wenn das vermutlich nicht von Dauer sein wird.
    Eine Minute später bin ich eingeschlafen.

16
TAG 2, 7:05 UHR
    I n meinem Traum spiele ich mit einem kleinen Jungen. Ich kann ihn nicht sehen, höre nur seine Stimme. Im Hintergrund spielt Musik und er ruft mir zu, als welches Tier ich tanzen soll. »Tanz wie ein Elefant!«, sagt er mit seiner hohen Stimme. Ich beuge mich vor und bilde mit meinen Armen einen Elefantenrüssel, den ich hin und her baumeln lasse. »Tanz wie ein Nilpferd!« Ich stampfe über einen Holzboden und wir lachen und lachen.
    Und dann wache ich auf. Dieses Mal wache ich wirklich auf und komme nicht aus einer Bewusstlosigkeit zu mir, so wie gestern.
    Zuerst erkenne ich absolut gar nichts wieder. Ich setze mich kerzengerade auf und werfe dabei einen Stapel Bücher um. Da kommt alles wieder zurück. Die Stimme, die Michael Brenner anweist, mich umzubringen. Die Furchen, die meine Fersen hinterlassen, als ich in den Wald geschleift werde. Brenner, der zu meinen Füßen liegt und stoßweise atmet. Das Mädchen im Spiegel, das – wie sich herausstellte – ich bin. Die Leute auf dem Foto, die meine Familie sein müssen. Officer Dillow, der mir sagt, dass Brenner tot sei. Tys große Augen, als er die Waffe sieht. Wie ich gestern Abend hier reinkomme, mich auf Tys Bett fallen lasse und mir sicher bin, kein Auge zutun zu können.
    Und jetzt ist Morgen.
    Wenigstens erinnere ich mich noch an gestern. Ich mag mich vielleicht an sonst nichts erinnern, aber es ist immerhin etwas. Vierzehn oder fünfzehn Stunden Erinnerung. Wenn ich daran festhalten und noch mehr hinzufügen kann, wenn ich weiterhin mehr darüber herausfinde, wer ich bin, dann kann ich vielleicht das Mädchen, das ich einmal war, rekonstruieren.
    Als ich nach meinen Klamotten greife, stelle ich sofort fest, dass sie jemand gewaschen hat. Irgendjemand – und ich hoffe inständig, dass es James war und nicht Ty – hat meinen BH, meinen Pullover und meine Jeans zusammengelegt – sogar die Socken zu einem Knäuel zusammengerollt. Nur meine Jacke liegt noch genauso da wie gestern.
    Ein Schauder prickelt über meine Haut, als mir klar wird, dass derjenige, der das getan hat, letzte Nacht mindestens zweimal hier hereingekommen ist, und dass ich nicht das Geringste davon mitbekommen habe. Gut, dass ich hier sicher bin.
    Ich ziehe mich an. Meine Jeans ist ein wenig feucht und auf dem linken Oberschenkel erkennt man noch immer den Schatten der

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