Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte
an, wie es für die ausgegangen ist.«
»Was ist mit Spot? Ihm geht es doch ganz gut.«
»Spot ist großartig«, sagt James. »Ich liebe Spot, aber hier geht es um einen Menschen. Sie muss von einer medizinisch ausgebildeten Fachkraft untersucht werden. Nicht von jemandem, der einen Online-Kurs zum Rettungssanitäter macht.«
»Ihre Pupillen haben dieselbe Größe und bewegen sich normal.« Einen Augenblick lang klingt Ty älter. »Ihr Gesichtsausdruck ist symmetrisch und sie lallt nicht.«
James lässt sich dadurch nicht beschwichtigen. »Das ist ein teurer Pullover, den sie da anhat. Sie wurde nicht einfach rausgeworfen oder so. Wer immer sie ist – sie muss eine Familie haben. Dorthin gehört sie. Du kannst darauf wetten, dass jemand nach ihr sucht. Und vielleicht gefällt ihnen nicht, dass du sie einfach so mitgenommen hast.«
»Jemand sucht sie wirklich. Als wir heute geschlossen haben, tauchten zwei Typen in Anzügen an der Tür auf, während sie auf der Toilette war. Sie sagten, Katie wäre aus Sagebrush abgehauen.«
»Was?« James’ Stimme wird höher. »Du meinst die psychiatrische Klinik? Du hast also ein geistesgestörtes Mädchen mit nach Hause gebracht? Haben sie gesagt, weshalb sie dort ist?«
»Nein. Nur dass sie ihre Medikamente braucht.« Den Teil hat Ty mir verschwiegen. Es ist das, was sie auch Officer Dillow erzählt hatten. »Aber sie sagt, dass sie lügen. Dass sie in Wirklichkeit vor zwei Männern geflohen ist, die davon gesprochen haben, sie umzubringen.«
»Sie umzubringen? Was, sind wir jetzt plötzlich in irgendeinem schlechten Film? Die Sagebrush-Version klingt um einiges glaubhafter. Was ist, wenn sie Brände legt?« Es hört sich so an, als würde James auf und ab gehen, und ich ziehe mich ein wenig zurück, damit er mich nicht entdeckt. »Was ist, wenn sie uns mitten in der Nacht umbringt?«
»Du hast mit ihr gesprochen. Glaubst du wirklich, dass sie eines von diesen Dingen tun würde? Wenn sie gefährlich wäre, würde die Polizei nach ihr fahnden, nicht zwei Männer, die wie Geschäftsleute aussehen – und die keinen Ausweis vorgezeigt haben, auf dem irgendwas von Sagebrush stand.«
»Komm schon, Ty. Ehrlich? Du glaubst also, das sind irgendwelche Entführer – Schrägstrich – Killer?«
»Sie glaubt das offenbar. Sie hat so gezittert. Sie war völlig verrückt vor Angst.«
»Verrückt«, wiederholte James.
»Na schön, na schön. Das war jetzt vielleicht keine glückliche Wortwahl.«
»Vielleicht haben sie diese Elektroschocktherapie mit ihr gemacht und dabei ihr Gehirn gegrillt und deshalb kann sie sich jetzt an nichts mehr erinnern.«
Ty atmet energisch aus. »Wenn du diese Typen gesehen hättest, dann wüsstest du, warum ich eher ihr glaube als denen. Sie hatten eine miese Ausstrahlung. Sie wirkten völlig zugeknöpft und ernst. Aber man merkte, dass sie hinter dieser Fassade total angepisst waren.«
»Okay, wenn du ihr also glaubst, warum geht ihr dann nicht zu den Cops?«
»Komm schon, du weißt doch genau, wie die Cops hier in der Gegend sind«, sagt Ty und ich frage mich, woher die beiden das wissen. »Einer von zehn würde ihr vielleicht zuhören. Die übrigen neun würden diesen Typen glauben und sie ihnen ausliefern. Diese Cops wären einfach froh, dass sie nicht mehr ihr Problem ist.«
»Und deshalb muss sie jetzt unser Problem sein?«
»Okay, wenn du nicht willst, dass sie hierbleibt«, entgegnet Ty, »wo soll ich sie dann hinschicken? Du weißt, wie es da draußen auf der Straße zugeht, vor allem wenn man ein Mädchen ist.«
»Ich weiß nicht, Ty. Ich weiß es nicht. Was ist zum Beispiel morgen? Willst du sie einfach allein lassen, während ich bei der Arbeit bin und du in der Schule? Du vertraust einfach darauf, dass sie nicht mit all unseren Sachen abhaut, sobald wir weg sind?«
Tys Stimme klingt amüsiert. »Hey, mit meinem Zeug kann sie sich ruhig davonmachen. Das ist sowieso alles von der Wohlfahrt.«
»Sprich für dich selbst. Ich bin ein wenig weiter oben in der Nahrungskette als du. Aber ich räume nicht alles, was ich besitze, weg, bevor ich zur Arbeit gehe, nur um es vor einem verrückten Mädchen in Sicherheit zu bringen.«
Eine Luftblase breitet sich in meiner Brust aus. Ich kann mich nicht länger im Flur verstecken. Ich trete ins Wohnzimmer und mir wird plötzlich bewusst, dass mir das Fußballtrikot nur etwa bis zur Mitte meiner Oberschenkel reicht. Darunter trage ich einen Slip, aber keinen BH. Ich presse mein Kleiderbündel
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