Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte
müssen sie diejenigen sein, die es getan haben. Vielleicht hat er zu viele Fragen gestellt und da haben sie ihn eben umgebracht. Und wenn die, die meinetwegen angerufen haben, ihn umgebracht haben, ist das ein Beweis dafür, dass ihre Geschichte nicht stimmt. Sie müssen es getan haben, um ihn zum Schweigen zu bringen.« Mir fällt etwas ein und ich stöhne auf. »Oh.«
»Was ist?«, fragt Ty.
»Ich habe seine Waffe mitgenommen. Er konnte sich nicht mal verteidigen. Ich habe ihm seine Waffe abgenommen und jetzt ist er tot.«
»Du konntest doch nicht wissen, was passieren würde.« Ty berührt sachte meine Schulter.
»Schade, dass nicht alle deine Finger bandagiert waren«, sagt James. »Oder dass du keine Handschuhe getragen hast.«
Wir sehen ihn beide an.
»Warum?«, frage ich.
»Weil deine Fingerabdrücke jetzt überall im Streifenwagen von diesem Officer sind.«
Die neu dazugekommenen Fakten verschieben alles und setzen sich zu einem neuen Muster zusammen, als hätte man an einem Kaleidoskop gedreht. »Vielleicht haben sie Officer Dillow auch nicht umgebracht, weil er Fragen gestellt hat. Oder vielleicht war das nicht der einzige Grund. Womöglich haben sie es getan, um es hinterher mir in die Schuhe zu schieben. Jetzt kann ich nicht zu den Cops gehen. Warum sollten die mir glauben? Immerhin war ich tatsächlich dort und habe sogar seine Waffe mitgenommen.«
»Okay«, sagt James. »Noch mal von vorne. Du warst also bei diesem Dillow und er hat einen Anruf von jemandem erhalten, der behauptet hat, dass er in Sagebrush arbeitet und dass du dort Patientin bist.«
»Genau.« Ich hoffe, er versucht jetzt nicht, meine geistige Gesundheit zu beweisen oder zu widerlegen.
»Aber woher haben die gewusst, dass du dort warst?«
»Vielleicht haben sie alle Orte abgeklappert, die in der Nähe liegen und an denen ich ihrer Meinung nach Hilfe suchen könnte.« Trotz dieser möglichen Erklärung habe ich das nagende Gefühl, etwas zu übersehen.
Tys Augen werden groß. »Und woher wussten sie, dass du im Einkaufszentrum warst?«
In meiner Panik gestern Abend habe ich darüber gar nicht nachgedacht. Jetzt fällt uns allen dreien gleichzeitig die Antwort darauf ein.
»Das Handy!«
Ich schnappe mir Brenners Handy und schalte es aus. Reicht das? Ich nehme den Akku heraus, stecke ihn in die eine Tasche und das Handy in die andere.
James steht auf und geht zu dem Fenster, das auf den Parkplatz hinausgeht. Er drückt sein Gesicht an eine Lücke zwischen den Jalousien. »Oh, Mist.«
Mein Herz macht einen Satz. »Was?«
»Männer in Anzügen. Sieht aus, als würden sie von Tür zu Tür gehen.«
»Wie viele?«, fragt Ty.
Ich bin zu verängstigt, um überhaupt den Mund aufzumachen. Sie werden mich finden und dann werden sie mich töten.
»Zwei«, sagt James, dann dreht er den Kopf von einer Seite zur anderen. »Nein, drei.«
»Hat diese Wohnung einen Hinterausgang?« Ich kenne die Antwort, noch bevor Ty den Kopf schüttelt.
James tritt zurück. »Sie klopfen gerade bei den Nachbarn.«
Durch die dünnen Wände hören wir das Pochen an der Tür, dann die Stimme des Nachbarn. Ich bin froh, dass es schon dunkel war, als wir hier ankamen, und niemand mehr draußen. Vielleicht habe ich mich unbemerkt hereinschleichen können.
Aber das spielt jetzt wohl ohnehin keine Rolle mehr, denn in den nächsten paar Minuten wird jemand an diese Tür klopfen. Ich schaue mich nach einem Versteck um. Aber die Wohnung ist so klein, dass ich auch diese Antwort bereits kenne.
Es gibt keinen Platz, an dem man sich verstecken kann.
18
TAG 2, 7:58 UHR
I ch renne in den hinteren Teil der Wohnung und spähe durch die Plastikjalousien. Sind dort draußen auch Männer? Der größte Teil des Fensters ist von einem Busch verdeckt, aber alles, was ich dahinter erkennen kann, sind Baumstämme, Rindenmulch und noch mehr Büsche. Der Boden steigt an, deshalb kann ich nicht so weit sehen. Aber keine Männer in Anzügen.
Mein Kopf ist mit panischen Fluchtgedanken gefüllt. Ich greife durch die Lamellen der Jalousie und drücke den halbmondförmigen Riegel herunter. Dann schiebe ich das Fenster nach oben. Auf halbem Wege bleibt es stecken. Und was noch schlimmer ist: Dahinter taucht das schwarze Raster eines Fliegengitters auf, aber ich entdecke keine Klammern, von denen es gehalten wird, oder eine Möglichkeit, es wegzuschieben. Man müsste es aufschneiden, um hinauszugelangen, und so viel Zeit haben wir nicht.
Ich höre ein leises Geräusch, das
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