Never Knowing - Endlose Angst
stimmt, das habe ich getan.« Wie sollte ich ihr das erklären? »Das war nicht nett von Mommy. Aber ich habe einen neuen Kunden, und der ist sehr wichtig. Wahrscheinlich wird er oft anrufen, und dann muss ich ganz für ihn da sein, so dass du dann ganz, ganz leise sein musst. Okay?«
Sie runzelte die Stirn, und ihre Wangen röteten sich. Unter der Decke begann sie mit einem Fuß zu strampeln.
»Du hast gesagt, dass wir basteln.«
»Ich weiß, Liebes. Es tut mir leid.« Ich seufzte, hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich sie schon wieder enttäuscht hatte. Ich hasste es, dass John der Grund dafür war. »Aber es ist, als würde ich in der Werkstatt arbeiten oder Evan zur Lodge fahren. Wir lieben dich trotzdem, mehr als alles andere, aber manchmal müssen wir uns um Erwachsenenkram kümmern.«
Jetzt strampelte sie mit beiden Füßen. Elch stand auf und watschelte zum Fußende des Bettes. Ally trat unter der Decke nach ihm. Urplötzlich wogte Ärger in mir auf.
Ich hielt ihre Beine mit meiner Hand fest.
»Ally, hör auf.«
Sie schrie mir ins Gesicht.
»Nein!«
Sie trat erneut zu. Elch jaulte auf, fiel aus dem Bett und landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden.
»Ally!« Ich sprang aus dem Bett.
Elch knurrte und wand sich unter mir, als ich mich auf den Boden kniete. Ich streichelte seine Ohren und drehte mich zu Ally um.
»Das war
nicht
in Ordnung. In diesem Haus tun wir Tieren nicht weh.«
Ally funkelte mich an, der Mund klein und böse.
Ich stand auf. »Zurück in dein Bett –
auf der Stelle
.« Ich zeigte auf ihr Zimmer. Sie schnappte sich ihr Buch und hielt es hoch, als wolle sie damit nach Elch werfen.
»Wage es nicht, Ally!«
Ein Ausdruck huschte über ihr Gesicht, den ich nie zuvor gesehen hatte – Hass.
»Ally, wenn du dieses Buch wirfst, gibt es echt Ärger.«
Wir maßen einander mit Blicken. Elch winselte. Sie sah ihn an, dann wieder mich. Ihr Gesicht war rot, die Augen beinahe zu Schlitzen verengt.
»Ich meine es ernst, Ally. Wenn du …«
Sie warf das Buch, so kräftig sie konnte. Elch wich aus, und das Buch knallte gegen die Wand.
Ich kochte vor Wut, als ich sie am Handgelenk packte und sie aus dem Bett zerrte. Ich packte sie an den Schultern und brüllte ihr ins Gesicht.
»Du wirst niemals,
niemals
wieder einem Tier weh tun!
Hast du mich verstanden?
«
Mit vorgeschobener Unterlippe starrte sie mich trotzig an.
Ich umklammerte erneut ihre Hand, schleifte sie zur Tür und den Flur entlang in ihr Zimmer. Ich ließ sie los und zeigte auf ihr Bett.
»Ich will nichts mehr von dir hören, es sei denn, es ist eine Entschuldigung.«
Sie stampfte in ihr Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
Ich wollte hineingehen, wollte erklären, wollte alles besser machen, wollte ihr die Hölle heißmachen, mehr als das. Aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Zum ersten Mal machte meine Tochter mir Angst. Zum ersten Mal machte es mir Angst, wie wütend ich auf sie war.
Elch blieb bei mir im Bett. Ich konnte es nicht fassen, dass Ally ihn so behandelt hatte. Er hatte es immer viel schneller als ich geschafft, sie zu beruhigen. Als ich ihn holte, lebte ich noch allein und wollte Gesellschaft haben, wenn Ally in der Vorschule war. Er brachte Lachen in meinen Tag und bot mir Schutz in der Nacht, aber das Beste war, dass der kleine Fleischklops einen stabilisierenden Effekt auf Ally hatte. Wenn sie sich fürchtete, etwas Neues auszuprobieren, erzählte ich ihr, dass Elch es gern mochte. Wenn ich wollte, dass sie sich auf etwas konzentrierte oder mir zuhörte, konnte ich Elch als Drohung oder als Bestechung benutzen, und wenn sie richtig krank oder durcheinander war, bot er ihr einfach Trost. Aber an diesem Abend war ich diejenige, die Trost brauchte. Ich zog Elch unter die Decke und schmiegte meinen Hals an seinen großen Kopf.
Am nächsten Morgen sang Ally, als sie ihre Frühstücksflocken löffelte, und blubberte Blasen in ihren Saft, als sei nichts geschehen. Sie hatte mir sogar mit Buntstiften ein Blumenbild gemalt, umarmte mich und sagte: »Hab dich lieb, Mommy.« Normalerweise sprach ich mit ihr die Sache später noch einmal durch, wenn wir uns gestritten hatten. Nachdem ich in einem Haushalt aufgewachsen war, in dem ein Elternteil rumbrüllte, während der andere im Schlafzimmer blieb, hatte ich mir geschworen, dass ich mit meinen Kindern alles ausdiskutieren würde. Doch dieses Mal war ich einfach nur froh, dass die furchtbare Nacht vorbei war.
Nachdem ich Ally zur
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