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Never Knowing - Endlose Angst

Never Knowing - Endlose Angst

Titel: Never Knowing - Endlose Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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nichts bestätigt und alles geleugnet wurde, aber die Gerüchte schwirren immer noch herum. Hoffentlich verstummt das Geschwätz, ehe Ally oder ihre Freundinnen davon Wind bekommen. Ich habe einmal beiläufig nachgefragt, wie die Dinge in der Schule laufen. Nichts scheint sich geändert zu haben. Aber was, wenn es später rauskommt, wenn sie ein Teenager ist? Und wenn die Wahrheit jemals herauskommt, wie werden die Leute Ally behandeln, sobald sie wissen, wer ihr Großvater ist? Würden sie sich vor ihr fürchten?
    Ich beobachte sie, wie sie mit anderen Kindern spielt oder Elch ärgert, und all die Dinge, die vorher einfach Teil ihrer Persönlichkeit zu sein schienen, jagen mir jetzt Angst ein. Wie sie manchmal so wütend wird, dass ihr Gesicht rot wird und sie die Hände zu Fäusten ballt. Wie sie um sich tritt oder schlägt oder beißt, wenn sie frustriert oder übermüdet ist. Ist das einfach ihr Temperament, eine normale Sechsjährige, die lernt, mit ihren Gefühlen zurechtzukommen, oder ist es etwas Ernsteres?
    Ich ertappe mich dabei, mich im Spiegel zu betrachten, meine Gesichtszüge zu mustern und über den Mann nachzudenken, von dem ich sie habe. Was haben wir wohl noch gemeinsam? Heute Morgen habe ich endlich begriffen, warum ich immer wieder von Frauen träume, die vor mir davonlaufen, warum es mir so viel Angst macht, mehr über diese Serienmörder zu erfahren. Wenn ich über sie lese, entdecke ich
mich
darin wieder, meine Charakterzüge. Serienmörder haben eine ausgeprägte Phantasie – ich habe mein ganzes Leben lang Tagträumen und Phantasien nachgehangen. Sie sind zwanghaft und besessen – wenn ich auf etwas abfahre, verschwindet die Welt um mich herum. Sie sind launisch, haben abrupte Stimmungsumschwünge, Depressionen – passt alles. Außerdem neigen sie zur Eigenbrötlerei, und ich war schon immer eine Einzelgängerin, ziehe es vor, mich auf Ally und die Arbeit zu konzentrieren. Ich wollte noch nie jemanden umbringen, und soweit ich weiß, ist Mord nicht erblich, aber manchmal, wenn ich richtig wütend war, habe ich Dinge kaputtgemacht, Menschen weggedrängt oder geschubst. Ich habe mit Sachen geworfen, mir vorgestellt, mit dem Wagen direkt gegen die Wand zu fahren, mich selbst zu verletzen. Was müsste geschehen, damit sich die Wut nach außen wendet?
    Natürlich ist es leicht für mich, all meine negativen Eigenschaften aufs Korn zu nehmen und sie vor Johns genetischer Türschwelle abzuladen. Aber genau wie Sie gesagt haben – woher soll ich wissen, ob diese Charakterzüge nicht daher rühren, dass ich adoptiert wurde, oder sogar von Julia? Wahrscheinlich werde ich es nie erfahren, weil sie mich niemals nah genug an sich heranlassen wird, um es herauszufinden. Billy sagte, sie habe bestätigt, dass es ihre Ohrringe seien. Wenn ich bedenke, wie aufgewühlt ich bei dem Anblick war, kann ich mir nur vorstellen, wie sie sich gefühlt hat. Ich wünschte, ich könnte mit ihr reden. Ich hatte sogar schon den Hörer in der Hand, doch dieses Mal legte ich ihn wieder hin.
    Am Samstagmorgen brach Evan auf. Er war aufgeregt, weil er eine große Gruppe Angler aus den Staaten hatte, aber er machte sich auch Sorgen, mich in diesem Zustand allein zu lassen. Er sagte mir, ich solle aufhören, Bücher über Serienmörder zu lesen, aber das ist völlig unmöglich, ich kann einfach nicht aufhören, mehr darüber zu erfahren. Ich muss irgendetwas finden, irgendeine Erkenntnis oder einen Hinweis, der helfen kann, John aufzuhalten.
    Doch in letzter Zeit bin ich einfach nur noch müde. Es ist jedoch keine schläfrige Müdigkeit, denn zur gleichen Zeit bin ich aufgekratzt und hypernervös. An den meisten Abenden wandere ich einfach nur von Fenster zu Fenster und warte darauf, dass das Telefon klingelt. So war es auch am Montag, als John endlich wieder anrief: Ich stand oben an meinem Schlafzimmerfenster, sah Elch und Ally zu, wie sie im Garten unter mir Fangen spielten, und dachte daran, wie glücklich sie aussahen. Und daran, wie glücklich ich gewesen war.
     
    Mein Handy klingelte in der Tasche. Ich kannte die Nummer nicht, aber ich wusste, dass er es war.
    »Hi, Sara.« Er klang gutgelaunt.
    »John.« Mein Mund wurde trocken und die Brust eng. Die Polizei hatte mein Handy angezapft, aber ich fühlte mich dadurch nicht sicherer.
    Wir schwiegen beide einen Moment, dann sagte er: »Also …«, er räusperte sich. »Dein Beruf – gefällt es dir, Möbel zu bauen?«
    »Ich baue sie nicht, sondern arbeite sie

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