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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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goldgerahmten Seiten und dem geprägten Titel. Die goldenen Buchstaben glänzten in der Herbstsonne und bildeten die Worte Die Gesammelten Werke von Edgar Allan Poe.
    »Nein!« Isobel holte aus und fegte das Buch vom Tisch. Es fiel aufgeschlagen auf den gefliesten Küchenboden.
    Isobel wich zurück, presste die Arme gegen ihre Brust und ballte ihre Hände unter dem Kinn zu Fäusten. Sie spürte, wie sie am ganzen Körper zitterte. Das hier konnte unmöglich wahr sein. Das konnte einfach nicht wirklich sein. Sie hatte es doch weggeworfen. Sie war es losgeworden. Das letzte Nacht war doch nur ein Traum gewesen.
    Sie starrte auf das Buch hinunter. Ein Limonadenrinnsal sickerte über den Boden darauf zu. Obwohl sich jede Faser ihres Körpers dagegen sträubte, bewegte Isobel sich langsam in Richtung Buch. Ihr Schatten fiel über ein Bild auf der aufgeschlagenen Seite, ein Schwarz-Weiß-Foto von einem Mann mit blassem Gesicht.
    Ein sauber gebundenes Halstuch lag um seinen Hals wie eine schicke Schlinge. Seine zerknitterte Jacke, die so schwarz war, dass sie fast mit dem Hintergrund verschmolz, wurde in der Mitte von einem einzigen Knopf zusammengehalten. Sorgenvolle, nach unten geschwungene Augenbrauen saßen unter der hohen Stirn. Und dann waren da noch die Augen: zwei dunkle Schächte.
    Isobel ging in die Hocke und nahm das Buch aus der Limonadenpfütze. Sie fühlte sich unter dem Blick dieser Augen wie versteinert. Sie schienen sie direkt anzusehen und sie anzuflehen, dass sie … dass sie was ?
    Ihr Blick wanderte zur Bildunterschrift: Ultima Thule - Daguerreotypie von Poe, aufgenommen am 9. November 1848, weniger als ein Jahr vor seinem mysteriösen Tod.
    Ultima Thule. Warum kam ihr das nur so bekannt vor?
    Diese Augen hatten irgendetwas an sich. Die Art, wie sie sie fesselten, wie sie das Licht nur sehr schwach reflektierten … und zwei schwarzen Löchern von der Größe einer Münze glichen.
    Sie schlug das Buch zu.

 
     
    Dicke Luft
     
    Isobel starrte mit leerem Blick auf die Bilder des Videospiels, die vor ihren Augen aufblitzten. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was das war - irgendein megadramatisches Vampirkillerspiel, das Danny eingeschaltet hatte, als er von der Schule nach Hause gekommen war. Klingen schlugen zu, Blut spritzte und Zombies brüllten.
    Sie hatte den Großteil des Tages auf der Couch verbracht. Zunächst hatte sie den Fernseher nur eingeschaltet, weil sie die Stille nicht ertragen konnte, bis ihre Mutter vom Einkäufen zurückgekommen war. Außerdem brauchte sie etwas, das ihr sagte, dass sie wach war und nicht immer noch schlief - dass sie nicht in einer Art Traum im Traum gefangen war.
    Doch es tröstete sie nur wenig, zu wissen, dass sie in der Tat wach war und sich in der wirklichen Welt befand. Es war definitiv zu viel passiert und dann das, was sie im Traum gesehen hatte - von dem, was sie in der Küche gefunden hatte, ganz zu schweigen.
    »Isobel!«
    Sie schrak zusammen. Ihre Mutter stand hinter der Couch und hielt das schnurlose Telefon in der Hand. »Isobel«, sagte sie noch einmal, diesmal leiser, und runzelte die Stirn. »Hast du mich nicht rufen gehört?«
    Isobel blickte ihre Mutter an.
    »Ich habe >Telefon< gesagt. Isobel, bist du sicher, dass du nicht zum Arzt musst? Seit gestern benimmst du dich, als ob du dich auf einem anderen Planeten befändest.«
    »Mir geht es gut, Mom«, murmelte sie und griff nach dem Telefon. »Ich bin bloß müde.«
    Sie hielt sich den Hörer ans Ohr und sah ihrer Mutter hinterher, die wieder in der Küche verschwand. »Hallo?«
    »Leg nicht auf.«
    Eine Stichflamme schoss in ihr hoch.
    Vielleicht war es, weil er gesagt hatte, dass sie es nicht tun sollte, oder vielleicht auch, weil sie den Klang seiner Stimme nicht ertragen konnte. Sie legte auf.
    Einen Augenblick lang starrte sie auf das Telefon in ihrer Hand, beeindruckt und gleichzeitig schockiert von ihrer eigenen Dreistigkeit. Das war so, als würde man auflegen, wenn Dracula persönlich dran war. Zugleich durchströmte sie ein tiefes Bedauern. Warum wünschte sie sich mehr als alles andere, Varen (ausgerechnet ihm!) alles erzählen zu können?
    Vielleicht, weil Reynolds gesagt hatte, dass er etwas damit zu tun hatte. Oder vielleicht, weil dieses merkwürdige Buch, mit dem alles begonnen hatte, seins war.
    Das Telefon klingelte erneut und das kleine rote Licht blinkte hektisch. Auf dem Display erschien ein Name: Dessert Island und darunter die Telefonnummer.
    Mit dem Daumen näherte

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