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nevermore

Titel: nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike
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pfeilschnelle Bewegungen wurden, wirkten sie wie zwei Motten, die erbittert um Licht kämpfen. Beide Umhänge raschelten und kräuselten sich. Eine Klinge blitzte auf. Wie ausgefranste Blätter, die von einem Sturm erfasst Werden, fegten die zwei Gestalten umeinander. Keiner konnte dem anderen einen Schlag versetzen, doch beide ließen nicht von ihrem wütenden, tödlichen Tanz.
    Eine von Reynolds’ Klingen erwischte den Umhang des Roten Todes. Ein Stück des blutgetränkten Stoffs sank zu Boden und gab den Blick frei auf einen Kopf und einen Rumpf, die genauso gut einem Skelett hätten gehören können. Die Rippen schienen die gelbe Haut durchbrechen zu wollen, die so eng an dem Kör per klebte wie ein nasser Lappen. Blut tropfte aus den tief liegenden Augen, aus dem verschrumpelten Mund und von den Spitzen der ausgestreckten Finger.
    Die Menschenmenge wich weiter zurück und vergrößerte den Platz für das Duell auf Leben und Tod. Die Goths nahmen ihre Masken ab. Ihre starren Gesichter wirkten entsetzt, ängstlich, verwirrt - und aufgeregt. Und dann jubelte - allen Ernstes - jemand.
    Typisch, war das Einzige, was Isobel dazu einfiel. Sogar unter diesen Umständen konnte sie nicht anders, als die Augen zu verdrehen. Diese Goths - sie dachten tatsächlich, dass das alles nicht echt war. Sie glaubten, es sei nur Show. Und warum auch nicht? Genau das war ja ihr Ding.
    Oben auf der Galerie krächzten und schnarrten die Nocs in Vogelgestalt. Sie hüpften das Geländer entlang und folgten dem Kampf mit wachen, blutrünstigen Augen, so als würden sie unbedingt mitmachen wollen, aber zu viel Angst haben, um im Sturzflug herabzuschießen und selbst Schläge auszuteilen.
    Ein Wuusch -Geräusch, ein kräftiger Windstoß, kam aus der Mitte der Menschenmenge. Wie ein Kartenhaus fiel der Rote Tod in sich zusammen und wurde vom Boden verschluckt. Er hinterließ einen dunklen, unheilvollen Fleck. Im nächsten Augenblick tauchte er hinter Reynolds wieder auf und bäumte sich über ihm auf wie ein alles verschlingender Schatten.
    Wie durch magnetische Anziehung wurden Reynolds die Klingen aus der Hand gerissen. Im Flug wendeten sie sich gegen ihn und Reynolds drehte sich in dem Moment genau so, dass ihn die beiden Klingen in die Brust trafen. Ein kollektiver Aufschrei ging durch die Zuschauermenge und mischte sich mit Isobels schrillem Geschrei.
    Isobel preschte im Laufschritt vorwärts, als der Rote Tod Reynolds gewaltsam zurückdrängte. Er schlug hart auf den Fußbodenbrettern auf und schlitterte bewusstlos vor Isobels Füße.
    »Oh mein Gott!« Sie fiel neben ihm auf die Knie. Was sollte sie bloß tun? Ihre Hände flatterten nutzlos über ihm wie betäubte Schmetterlinge. Sie griff nach den Klingen, zog dann aber die Hände zurück. Ihr Blick fiel auf den weißen Schal über seinem Mund und seiner Nase. Machte Mund-zu-Mund-Beatmung jetzt überhaupt noch Sinn?
    Unvermittelt sprangen seine Augen auf und Isobel stieß einen gellenden Schrei aus. Reynolds funkelte sie unter seiner Hutkrempe an und ergriff die beiden Klingen am Schaft. Mit einer Bewegung zog er sie aus seiner Brust. Graue Asche rann wie Sand aus den Wunden - also, wo eigentlich Wunden hätten sein sollen. Dann schlossen sich die Lücken wieder und jede Spur einer Verletzung verschwand in der Schwärze seiner Kleidung.
    Isobel fielen fast die Augen aus dem Kopf.
    »Warum bist du immer noch hier?«, knurrte er und sprang auf. Klingen wurden gekreuzt, er stieß zu, bohrte beide Messer in den Rücken des Roten Todes und hinderte ihn so daran, eine Gruppe Mädchen anzugreifen, die sich als gefallene Engel verkleidet hatten. Der Dämon machte einen Buckel und heulte auf - ein Geräusch wie hundert bellende Höllenhunde. Reynolds drehte sich um die eigene Achse und zog mit einem sauberen Schnitt die Klingen auseinander.
    Sie glitten durch die blutige Gestalt hindurch wie durch Butter. Der Rote Tod löste sich schrill kreischend auf und verwandelte sich in eine rotschwarze Flüssigkeit, die auf den Boden platschte und leuchtend rote Blutspritzer auf Reynolds’ sauberem weißem Schal hinterließ.
    Ohne Verschnaufpause ging es weiter.
    Die Flüssigkeit auf dem Boden bewegte sich. Sie richtete sich auf, und wie ein Geist, der aus einem Grab emporsteigt, erstand die mit der Robe bekleidete Gestalt wieder auf. Ihre rubinroten Augen funkelten wütend.
    Wie alle anderen stand auch Isobel wie angewurzelt da, wie hypnotisiert von dem Kampf, der vor ihren Augen stattfand. Zumindest

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