Neville, Katherine - Der magische Zirkel
wußte, daß Olivier inzwischen im Büro sein würde – es war bereits zehn Uhr. Deshalb dachte ich, ich könnte Sams Großvater, Dark Bear, von zu Hause aus anrufen. Auch wenn mein Telefon vielleicht noch abgehört wurde, konnte ich wenigstens versuchen, Sam von meiner Rückkehr zu informieren.
Als ich in meine Straße einbog, sah ich Oliviers Wagen in der Einfahrt und einen anderen, ein Kompaktauto mit Leihwagenschildern, der in der Nähe unserer Briefkästen am Straßenrand parkte. Nachdem unser Nachbarhaus ein ganzes Stück weiter unten an der Straße stand, konnte ich davon ausgehen, daß Olivier Besuch hatte – wirklich das letzte, was ich jetzt brauchen konnte. Ich war in die Einfahrt gefahren, um zu wenden und meinen Plan irgendwie anders auszuführen, als Olivier den Kopf aus der Hintertür steckte. Seine dunklen Locken waren zerzauster als gewöhnlich, und er wirkte leicht verstört, als er mir mit einer Handbewegung andeutete, schleunigst ins Haus zu kommen. Widerwillig schaltete ich den Motor aus, nahm meinen Mantel und die Schultertasche und stieg aus. Doch bevor ich etwas sagen konnte, kam Olivier auf mich zu und zerrte mich ins Haus.
«Wo in Gottes Namen bist du gewesen?» flüsterte er aufgeregt, um nicht zu sagen hysterisch. «Du hast zwei Wochen lang keine einzige Nachricht von mir beantwortet! Hast du eine Ahnung, was hier los war?»
«Nein», gab ich zu, und mir wurde immer mulmiger zumute. Ich wies auf den Wagen, der oben an der Straße parkte. «Wer ist dein Besuch?»
«Dein Besuch, meine Liebe», erklärte Olivier. «Sie ist gestern spät nachts aus Salt Lake gekommen und in meiner Wohnung geblieben, wo es warm ist. Ich habe sie eben erst zu dir nach unten gebracht, zusammen mit dem Argonauten.»
Sie?
«Ich fürchte», fuhr Olivier besorgt fort, «wir sitzen, wie wir Kuhtreiber sagen, ordentlich in der Scheiße, und das verdanken wir dir.»
Als ich mein großes Souterrainwohnzimmer betrat, erwartete mich eine Überraschung. Am Tisch in der gegenüberliegenden Ecke saß meine neue Halbschwester Bettina Brunhilde von Hauser, mit der ich erst vor zwei Tagen vom Wiener Flughafen aus telefoniert hatte.
Olivier hatte recht: Daß sie hier war, konnte nichts Gutes bedeuten. Bambi stand auf und kam auf mich zu. Sie trug wieder einen dieser erstaunlichen Overalls, diesmal einen biscotti farbenen, in dem sie aussah, als wäre sie einem Bottich mit Karamelcreme entstiegen. Jason strich vorbei, ohne mich eines Blicks zu würdigen. Ich hängte Mantel und Schultertasche außerhalb seiner Reichweite an den Garderobenständer.
«Fräulein Behn – ich meine, Ariel», begann Bambi. «Laf hat mich hergeschickt, sobald ihm klar war, wie sehr sich die Situation zugespitzt hat.»
Sie sah Olivier mit ihren goldgesprenkelten Augen an, und er errötete leicht.
«Das ist vermutlich mein Stichwort, mich dünn zu machen», sagte er.
«Wieso?» entgegnete ich. «Hast du nicht meine Wohnung genauso verwanzt wie mein Telefon? Und hat dein Boß nicht gesagt, du sollst hierbleiben, um mich rund um die Uhr zu bespitzeln?»
Daraufhin wandte sich Bambi überraschenderweise an Olivier. «Ich denke, du solltest ihr sagen, was du mir letzte Nacht erzählt hast. Dann werde ich den Rest erklären, so gut ich kann.» Bambi erstaunte mich immer mehr.
«Die Gruppe, für die ich arbeite, hat mich vor fünf Jahren hierhergeschickt, als der Pod dich einstellte», sagte Olivier. «Wir wußten damals nicht, wer von deiner Familie in diese komplizierte Affäre verwickelt war – aber wir wußten eine Menge über Pastor Dart und seine Kohorten. Wir haben sie sehr genau im Auge behalten und fanden es verdächtig, daß Dart dich unmittelbar nach Abschluß deiner Ausbildung eingestellt hat als eine ihm direkt unterstellte Mitarbeiterin und ohne besondere Referenzen deinerseits – ausgenommen die eine, daß du ein gutes Verhältnis mit deinem Cousin Sam hattest.»
Es wurde immer schlimmer. Der Pod war also der Bösewicht, wie ich befürchtet hatte und getreu seinem Spitznamen «Prince of Darkness». Aber eine ganz große Frage stand noch im Raum.
«Hat Sam gewußt, daß ihr mir nachspioniert? Oder habt ihr auch ihn bespitzelt, obwohl er oft für euren Boss, Theron Vane, gearbeitet hat?»
«Wir sind keine Spitzel», sagte Olivier. «Wir sind eine Behörde ähnlich wie Interpol, die über nationale Grenzen hinweg mit anderen zusammenarbeitet bei der Verfolgung ungesetzlicher Aktivitäten – insbesondere Schmuggel mit Space-age-
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