Neville, Katherine - Der magische Zirkel
Nachforschungen anzustellen.»
Auch für mich fügte sich nach diesen Enthüllungen vieles zusammen. Zum Beispiel ergab es jetzt einen Sinn, daß der kleine Lafcadio, sobald er ins schulreife Alter kam, an einen Ort wie Salzburg geschickt wurde, wo er niemanden kannte. Wenn er in Südafrika geblieben wäre, hätte er früher oder später von anderen Einzelheiten über die Situation nach dem Tod seines Vaters gehört, über die rasche Heirat seiner Mutter und seines Stiefvaters und den merkwürdigen Zeitpunkt von Earnests Geburt. Es klang auch plausibel, daß Hieronymus, als Hermione mit Zoe schwanger wurde, mit der ganzen Familie nach Wien umzog, wo niemand ihren familiären Hintergrund kannte und wo, nach Lafs Darstellung, Hermione eine Gefangene in ihrem eigenen Haus wurde.
Angesichts dieses Szenarios war es verständlich, daß Laf sich über mein Treffen mit Zoe so aufregte – ganz zu schweigen von seiner Abneigung gegen ihre Person, die offensichtlich von Anfang an bei ihm bestand. Schließlich verkörperte sie den Beweis der inzestuösen Beziehung seiner Mutter. Aber obwohl sich der Nebel da und dort lichtete, schien er an anderen Stellen dichter zu werden.
«Wo paßt denn nun Pandora in all das hinein?» fragte ich «Es gab jemand», sagte Zoe, «der Hieronymus und Hermione als Bruder und Schwester kennengelernt hatte und Jahre später als Ehepaar wiedersah. Es war das Kind, das Clio in der Schweiz adoptiert hatte, um sich über den Verlust ihrer Tochter hinwegzutrösten, und das sie ganz unter ihre Fittiche genommen hatte. Als Hieronymus Behn schließlich mit Hermione zu dem versprochenen Wiedersehen mit ihrer Mutter in die Schweiz kam, unterschrieb Clio die Papiere, mit denen sie einen großen Teil ihres Vermögens ihrer Tochter und ihrem Stiefsohn übertrug, ohne zu wissen, was die beiden sonst noch verband. Als sie abreisten, stellte sich heraus, daß Hieronymus – wie sein Vater vor ihm – einige jener alten Schriftrollen mitgenommen hatte, von denen er meinte, sie sollten nach der göttlichen Vorsehung ihm gehören, die aber inzwischen Clios Adoptivtochter gehörten. Obwohl diese viele Jahre brauchte, um sie aufzustöbern, fand sie sie schließlich.
Dieses Kind war Pandora.»
Der Rest der Geschichte ergab sich von selbst nach dem, was ich von Laf, Dacian und anderen bereits wußte: Wie Hieronymus das Kind, das er nur kurz kennengelernt hatte, in der schönen erwachsenen Pandora nicht wiedererkannte; wie Pandora mit Hilfe von Wolfs Studienfreund Gustl in Wien in das Haus der Behns gelangte und sich mit der gefangenen Hermione anfreundete, deren Adoptivschwester sie war; wie Pandora Hieronymus erpreßte, so daß er den jungen Lafcadio an Hermiones Sterbebett holen mußte. Aber hier war immer noch etwas unklar. Laut Dacian zwang Hieronymus Pandora, ihn zu heiraten, und als sie etwas gestohlen hatte, das ihm sehr wertvoll war, warf er sie auf die Straße. Aber war denn damals nicht auch Zoe mit Pandora und den Zigeunern davongelaufen? Und wenn Lafs Geschichte zutraf, waren nicht beide Mädchen von Anfang an recht gut bekannt mit Adolf Hitler?
«Wo hängt dies alles mit Hitler zusammen?» fragte ich Zoe. «Nach allem, was du erzählst, müssen es Clios Manuskripte gewesen sein, die dann wieder in Pandoras Hände gelangt waren. Aber selbst wenn dein Freund Wolf hinter ihnen her war – warum machte er Spaziergänge mit euch oder nahm euch in die Hofburg mit, um das Schwert und die Lanze zu besichtigen? Wieso war er so dick befreundet mit Pandora und Dacian, obwohl er wußte, daß sie Roma waren?»
«Als Wolf mit Pandora und Dacian zum ersten Mal in Salzburg zusammentraf», antwortete Zoe, «erfuhr er, daß sie Hieronymus Behn suchten – den Mann, der zwölf Jahre zuvor mit den Enthüllungen über die mögliche Geschichte und Herkunft der Schale von Johannes dem Täufer enorme s Aufsehen erregt hatte. Wolf hatte als elfjähriger Junge die ausgestellte Schale zusammen mit seiner Schulklasse besichtigt. Seitdem träumte er davon, sie selbst zu besitzen. Als er dann in Wien lebte, hatte er eine Menge über den Hintergrund der Familie Behn erfahren. Obwohl es nie bewiesen wurde, bin ich überzeugt, daß mein Vater einer von Wolfs frühesten und mächtigsten Anhängern wurde. Und wie du gesagt hast – Wolf wußte auch viel über Pandoras Hintergrund. Dacian mußte nach Südfrankreich fliehen, wo ich ihm dank meiner eigenen etwas ungewöhnlichen Verbindungen während des Krieges helfen konnte. Und Wolf
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