Neville, Katherine - Der magische Zirkel
Waffen. Wir haben festgestellt, daß es Leuten, die an solchen Aktivitäten beteiligt sind, gelungen ist, Institutionen zu infiltrieren, und zwar auf sehr hohen Ebenen, die für ihre Kontrolle zuständig sind. Ganz oben auf der Liste stehen Drogenhändler und sogar KGB und CIA. Wir fürchten, sie verkaufen vielleicht schon bald ‹heiße Ware› – einschließlich atomaren Materials – auf dem freien Markt, so wie sie zur Zeit ihre eigenen Undercover-Agenten an den Meistbietenden verkaufen!»
Das war die längste Rede, die ich je von Olivier gehört hatte, und auch die ernsteste; aber er hatte meine Frage nicht beantwortet.
«Wenn du nicht spioniert hast, warum war dann mein Telefon angezapft?» sagte ich. «Warum hast du verdeckt ermittelt? Warum hast du versucht, dir das Runenmanuskript zu schnappen, bevor ich es von der Post abholen konnte?»
«Ich wurde hingeschickt, um dich zu beschützen, sobald wir erfahren hatten, wonach sie auf der Jagd waren», erklärte Olivier. «Obwohl ich dich meistens mehr vor dir selbst als vor anderen schützen mußte.»
Er hörte sich an wie Wolfgang Hauser.
«Als ich vor der Post das Runenmanuskript in deinem Wagen gesehen habe, wußte ich, daß es nicht die Dokumente waren, die dein Cousin unseren Leuten beschrieben hatte. Als du an jenem Abend länger im Büro geblieben bist, um zu arbeiten, habe ich dich beobachtet, bis ich gesehen habe, wo du das Manuskript verstecken wolltest. Ich habe es herausgeholt und Kopien gemacht, damit es nicht für immer verlorengeht. Bambi sagt, Lafcadio befürchtet, daß die anderen Dokumente – die deinem Cousin gehörten – bereits in die Hände ihres Bruders gefallen sind.»
Ich fühlte mich tatsächlich erleichtert, daß wenigstens ein Dokument, das Runenmanuskript, nicht nur in den Händen meiner Familie existierte. Und ich war auch froh, daß Olivier, wie ich gehofft hatte, auf meiner Seite war. Aber mein Entschluß, mich auf die Wahrheit zu konzentrieren, hatte mir eines klargemacht – daß die wirkliche Gefahr, die diese Dokumente bargen, aus einer anderen Richtung kam.
Ich konnte nicht vergessen, was Sam mir damals gesagt hatte, als er mir schilderte, wie Theron Vane statt seiner von einer Bombe getötet wurde. Das gleiche hatte er gesagt, als er mich warnte, zu oft zur Post oder zum Briefkasten zu gehen. Er sagte, sobald jemand erfahren würde, wie und wo ein Exemplar dieser Manuskripte in die Finger zu bekommen sei, wäre es vielleicht einfacher, wenn einer von uns tot wäre. Ich verstand jetzt, daß der Grund für seine vorsichtige Zurückhaltung nicht darin lag, daß das Paket, das er mir geschickt hatte, die einzig vorhandene Version dieser Dokumente enthielt – sondern daß Sam der einzige Mensch war, der wußte, wo Pandoras Originale versteckt waren. Das legte die Vermutung nahe, daß die Leute, die hinter den Dokumenten her waren, nicht nur ihren Inhalt kennen wollten, sondern auch sicher sein wollten, daß ihn kein anderer kannte. Die Dokumente, die sich jetzt im Besitz von Wolfgang und dem Pod befanden, würden die einzige Version sein, wenn Sam tot wäre. Ich konnte mir leicht ausrechnen, was in dem Szenario als nächstes folgen würde. Zum ersten Mal versuchte ich nicht, die Augen davor zu verschließen. «Der Pod steckt mit ihnen unter einer Decke», sagte ich zu Olivier. «Dein Telegramm hat mich gewarnt, aber ich erhielt es zu spät. Wolfgang hat die Manuskripte, obwohl ihr beide mich vor ihm gewarnt habt.»
«Ich glaube, mein Bruder hat sich ernstlich in dich verliebt», sagte Bambi. «Hätte er dich eher getroffen, hätte ihn diese Liebe vielleicht dazu bewegt, seine Wertvorstellungen zu überdenken. Du hättest ihn vielleicht gerettet. Wolfgang ist ein gebildeter Mann mit hohen Idealen, nur leider den falschen. Ich denke, es hat ihn überrascht festzustellen, daß er auch starke Leidenschaften besitzt. Aber es war viel zu spät für eine Rettung und sogar für ein Gespräch. Wo ist mein Bruder jetzt?»
«Er ist vom Flughafen direkt ins Büro gefahren», sagte ich. «Ich soll ihn dort noch heute vormittag treffen – »
«Dann müssen wir sofort handeln», sagte Bambi. «Wenn er entdeckt hat, daß Olivier nicht im Büro ist, kommt er vielleicht hierher. Wenn er glaubt, daß du weißt, wo dein Cousin die Originalmanuskripte versteckt hat, bist du in schrecklicher Gefahr. Mein Bruder muß unbedingt aufgehalten werden, bevor er noch jemand tötet.»
Ich starrte sie entsetzt an, während Olivier sanft die Hand
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