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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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sorgte dafür – obwohl er die Sache immer herunterspielte, daß Pandora den ganzen Krieg über unbehelligt in Wien bleiben konnte, obwohl er wußte, daß sie und Dacian Roma waren. Denn er glaubte, sie allein habe den Schlüssel zu einer Macht, nach der er suchte.»
    «Du sagst, sie waren Roma – aber was bedeutete das?» fragte Wolfgang in merkwürdigem Tonfall. Er war während dieses letzten Teils der Geschichte immer stiller geworden.
    «Sie waren Zigeuner», antwortete Zoe, und dann fuhr sie an mich gewandt fort: «Das Kind, das Clio adoptiert hatte, Pandora, war die kleine Nichte von Aszi Atzingansi, einem Mann von vornehmem Roma-Blut, der ihr geholfen hatte, viele alte Texte zu bergen, darunter die Orakel von Cumae. Obwohl es durch nichts bewiesen ist, glaubte Pandora immer, Aszi sei auch Chos große Liebe gewesen. Wie ich Wolfgang schon letztes Jahr erzählt habe, nachdem er mich in einem Heurigenlokal in Wien ausfindig gemacht hatte, sind es die ältesten Seelen, die das alte Wissen bewahren und lebendig erhalten. Pandora war eine solche alte Seele, wie die meisten der Roma. Dacian lag sehr viel daran, daß ich dich kennenlerne, denn er glaubt, du seist ebenfalls eine – »
    «Einen Augenblick, bitte», mischte sich Wolfgang erneut ein, aber diesmal entschiedener. «Du willst mir doch nicht erklären, daß Pandora und Dacian Bassarides – die Eltern von Augustus Behn und die Großeltern von Ariel – tatsächlich Zigeuner waren?»
    Zoe sah ihn mit einem merkwürdigen kleinen Lächeln an und hob eine Augenbraue.
    Aber war es nicht Wolfgang, der mich Dacian vorgestellt hatte? Dann erinnerte ich mich mit einem gewissen Unbehagen, daß Dacian nichts von Zigeunervorfahren in Wolfgangs Gegenwart erwähnt hatte. Und als ich mir vergegenwärtigte, wie freimütig Dacian andere Themen behandelt hatte – das Schwert und die Lanze – und sogar unser Versteck für Pandoras Manuskripte nicht vor Wolfgang verheimlichte, erschien mir die Tatsache, daß er Wolfgang für den Teil unseres Gesprächs über die Familie weggeschickt hatte, plötzlich erschreckend bezeichnend, und dies um so mehr, als Zoe rätselhaft hinzufügte:
    «Deine Mutter wäre stolz auf dich gewesen.» Ich war mindestens ebenso erschöpft wie Wolfgang, nachdem wir wochenlang in Europa und der Sowjetunion herumgereist waren, ganz zu schweigen von unserem Datenoverload. Kurz nach dem Essen auf der ersten Flugstrecke unserer beinahe 24stündigen Rückreise nach Idaho schlief er ein.
    Ich wollte jedoch die momentane Ruhe nutzen, um alles, was wir erfahren hatten, noch einmal Revue passieren zu lassen. Also bestellte ich mir einen starken schwarzen Kaffee und versuchte, mich zu konzentrieren.
    Ich hatte keine Ahnung, wo ich anfangen sollte; vielleicht am besten dort, wo die Geschichte für mich angefangen hatte, denn das wußte ich.
    Ich war zum ersten Mal in dieses Labyrinth geraten in der Nacht, als ich von Sams Beerdigung nach Hause kam und beinahe im Schnee ertrunken wäre. Dann hatte ich das klingelnde Telefon abgenommen und von meinem Vater erfahren, daß ich vielleicht etwas sehr Wertvolles geerbt hatte, auf das ich nicht gefaßt war: Pandoras Manuskripte.
    Aber nun kam mir plötzlich der Gedanke, daß ich vielleicht von diesem ersten Anruf an keineswegs die Wahrheit gesucht hatte, wie ich ständig behauptete, sondern statt dessen jedesmal, wenn sie mir direkt ins Gesicht starrte, schnell die Augen zumachte. Es gab etwas, das alle diese scheinbar unzusammenhängenden Dinge verband, und obwohl es mir vorkam, als wühlte ich in einem riesigen Haufen einzelner Puzzleteilchen – ich mußte das fehlende Teilchen finden.
    Und genau in diesem Augenblick sah ich es. Die ganze Zeit hatte ich sortiert und verworfen und war
    dieser und jener Spur nachgegangen, statt mir das anzusehen, was Sam das «tantra» des Ganzen nannte – die Fäden, die das Bild zusammenhielten, so wie in den östlichen Kulturen das Tantra das Schicksal mit Leben und Tod verband. Sam sagte, das Tantra würde es sogar im Tierreich geben. Eine weibliche Spinne würde den Spinnenmann nicht fressen, wenn er das Netz auf demselben Weg verließ, auf dem er gekommen war und damit bewies, daß er das Muster erkannte. Nun, auch ich hatte endlich ein Muster erkannt, das ich die ganze Zeit übersehen hatte.
    Obwohl mir jeder in meiner Familie Geschichten erzählt hatte, die vielleicht mit denen der anderen Verwandten nicht völlig übereinstimmten, gab es nur eine Person, dessen Geschichten in

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