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New York - MERIAN Portraet

Titel: New York - MERIAN Portraet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Winterfeld
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sich zunächst der Gewalt zu. Von einer Pilgerreise nach Mekka kehrt er geläutert nach New York zurück – und wird brutal ermordet.
    W enn Puppy oder seine Angestellten vor dem Schaufenster ihres Lederwarengeschäfts in der
125 th Street
den Rollladen herunterlassen, wird es bunt. »Welcome to Harlem« steht auf dem türkisfarben gestrichenen Wellblech, das ein Straßenkünstler mit Porträts geschmückt hat. Da sieht man den schwarzen Bürgerrechtler Malcolm X auf rotem Grund, gerahmt von einem Lorbeerkranz, daneben die umkränzten Gesichter von Barack Obama, Nelson Mandela und Martin Luther King. Vier Männer vereint im Kampf um soziale Gerechtigkeit. Willkommen in
Harlem
!
    Ganz früher wohnten in den Straßen nördlich des
Central Parks
betuchte Weiße, später zogen Schwarze hierher. Noch in den 70 er-Jahren galt es als lebensgefährlich, das Ghetto zu betreten. Heute strahlen die roten Villen am
Morningside
und
Marcus Garvey Park
wieder in altem Glanz, Stars wie Barbra Streisand haben sich hier Häuser gekauft. Harlem erlebt mal wieder eine Renaissance. Natürlich ist es nicht überall so proper.
    Harlems kämpferischer Prediger Malcolm X ist noch immer präsent hier. Er ist nicht nur Namensgeber für einen Boulevard und eine Apotheke, sein schmales, bärtiges Gesicht mit der Brille ziert auch die T-Shirts der Straßenhändler. Als Malcolm Little am 19 . Mai 1925 in
Omaha
, Nebraska, zur Welt kommt, steht Amerikas schwarze Bevölkerung vor einem Umbruch. Der amerikanische Bürgerkrieg 1865 hat zwar die Sklaverei abgeschafft, aber nicht die Diskriminierung der Schwarzen. Viele von ihnen sind nach ihrer Befreiung voller Hoffnung in die Städte des Nordens geströmt. Doch auch in New York, Detroit oder Chicago kommen sie nicht aus ihren Ghettos heraus. In den Südstaaten kommt es immer wieder zu rassistischen Übergriffen. Rechtsradikale Farmer rotten sich im Ku-Klux-Klan zusammen, um Schwarze zu drangsalieren, ihre Häuser anzuzünden oder sie zu ermorden.
    Malcolms Vater
Earl Little
, ein Baptistenprediger, engagiert sich für die »Universal Negro Improvement Association«, eine Bürgerrechtsbewegung, die Marcus Garvey, ein Immigrant aus Jamaika, in
Harlem
ins Leben gerufen hat. Auch seine Mutter
Louise
, die Tochter eines Schotten und einer Schwarzen, schreibt Beiträge für Garveys Zeitung »The Negro World.« Es geht ihnen um eine Verbesserung ihrer Lebensumstände. Von radikalen Ideen, wie sie später ihr Sohn vertreten wird, sind sie weit entfernt.
    Als Malcolm sieben Jahre alt ist, wird sein Vater unter mysteriösen Umständen in
Michigan
von einer Straßenbahn überfahren. Die Nachbarn glauben an ein Attentat. Unter dem Druck, ihre acht Kinder allein durchzubringen, bricht die Mutter psychisch zusammen und kommt in eine Nervenheilanstalt. Malcolm und seine Geschwister wachsen in Waisenhäusern und bei getrennten Pflegefamilien auf.
    Der junge Malcolm ist ein aufgeweckter Schüler, der zum Klassensprecher gewählt wird und durch hervorragende Leistungen auffällt. Seine Mitschüler nennen ihn »Red« wegen seiner roten Haare – ein Erbe des schottischen Großvaters – oder »Harpy«, weil er wie der Raubvogel Harpyie alles verschlingt, was ihn interessiert. Doch schon bald wird sein Lerneifer brutal abgewürgt. Als er seinem Lieblingslehrer erzählt, dass er später Jura studieren möchte, fertigt ihn dieser mit der unwirschen Bemerkung ab, dass ein schwarzer Junge an der Universität nichts zu suchen habe. Für den Heranwachsenden ein Schock, der lange nachwirkt.
    DAS GEFÄNGNIS WIRD SEINE UNIVERSITÄT
    Malcolm beendet die Schule, verzichtet auf eine Ausbildung und zieht zu seiner älteren Halbschwester nach
Boston
. Dort schlägt er sich mit Gelegenheitsjobs durch. Er kellnert eine Weile in
Harlem
, das damals wegen seiner Jazz-Szene als Mekka der Schwarzen gilt – und gerät bald auf die schiefe Bahn. Er dealt mit Drogen und Alkohol und wird nach einem Einbruch zu einer Haftstrafe verurteilt. Mit 20 Jahren landet er im Gefängnis. Es ist, wie sich bald herausstellt, seine große Chance. Angeregt durch einen älteren Gefangenen, der das Potenzial des intelligenten Mithäftlings erkennt, fängt er an zu lesen, verschlingt wie ein Besessener alle Bücher, die ihm in die Hände kommen: Enzyklopädien, Fremdwörterbücher, Fachliteratur über Recht und Geschichte. Die Zelle wird Malcolms Universität. Er nimmt seine Ausbildung jetzt selbst in die Hand.
    Zugleich tritt er der »Nation of Islam« bei,

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