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New York - MERIAN Portraet

Titel: New York - MERIAN Portraet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Winterfeld
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einer moslemischen Organisation, die für eine radikale Rassentrennung und Selbstbestimmung der Schwarzen eintritt. Der spirituelle Anführer der »Black Muslims«,
Elijah Muhammad
, wird für Malcolm zu einer Art Ersatzvater. Nach seiner Haftentlassung zieht der 27 -jährige Malcolm 1952 nach
Detroit
und wird zu dessen Sprecher. Wie alle seine Glaubensbrüder ersetzt er seinen Nachnamen fortan durch ein X, ein Symbol für den Verlust seiner afrikanischen Identität während der Sklavenschaft. Der hochgewachsene, zornige junge Mann profiliert sich rasch als überzeugender Rhetoriker und charismatischer Prediger. Er gründet den Tempel Nr. 7 in
Harlem
und verschafft der »Nation of Islam« vor allem bei den frustrierten schwarzen Jugendlichen in den Ghettos einen enormen Mitgliederzuwachs. Durch seine starke Medienpräsenz ist er bald populärer als sein spiritueller Führer.
    Auch der junge
Earl Harley
ist ein begeisterter Anhänger von Malcolm X. Ein halbes Jahrhundert später steht er plötzlich vor einer Schwarz-Weiß-Fotografie im
Schomburg Center
und bricht in Tränen aus. Harley, der heute in der
116 th Street
handgefertigte Gürtelschnallen verkauft, hat sich auf einem Foto von 1961 wieder erkannt, das die Zuhörer einer Kundgebung zeigt. Das Bild hängt in einer Ausstellung, die das Institut zur Erforschung der afro-amerikanischen Geschichte zusammengestellt hat. »Ich gehörte zu seinem Tempel in Harlem. Malcolm hat uns dazu aufgerufen, fair und ehrlich zu sein und stark und selbstbewusst aufzutreten« , erinnert sich Harley gerührt.
    Malcolm X will seine schwarzen »Brüder« aufrütteln, die Heuchelei der Weißen nicht länger hinzunehmen und sich endgültig aus ihrer Unterdrückung zu befreien. Notfalls auch mit Gewalt. Es könne nicht sein, dass der Ku-Klux-Klan schwarze Kinder massakriere, während die Schwarzen zum Stillhalten gezwungen seien. »Man muss dumm sein, um Menschen zu lieben, die uns so behandelt haben, wie dies die Weißen bislang tun« , sagt er mit Blick auf
Martin Luther King
, der zur gleichen Zeit im Süden mit gewaltfreien Demonstrationen und Streiks für schwarze Bürgerrechte streitet.
    Für Malcolm X und seine radikalen »Black Muslims« ist King ein »Onkel Tom«, der sich noch immer nicht von seiner Abhängigkeit gelöst habe. »Ein Junkie kommt auch erst von seiner Sucht los, wenn er seine eigene Lage klar erkennt.« Kings berühmter Rede »I Have a Dream« vom friedlichen Zusammenleben aller Rassen von 1963 hält Malcolm X harsch entgegen, dass der amerikanische Traum für die meisten Schwarzen ein Albtraum sei. Doch schon bald beginnt sich auch Malcolm von seinem spirituellen Führer zu lösen. Als er herausfindet, dass Elijah Muhammad entgegen der Lehre des Propheten außereheliche Affären hat und dies vor seinen Glaubensbrüdern verschleiert, geht er auf Distanz.
    Der entscheidende Wendepunkt kommt nach einer Pilgerreise nach
Mekka
und
Nordafrika
. Während seiner Hadsch hat der fromme Muslim erlebt, wie Menschen unterschiedlicher Hautfarbe friedlich miteinander auskommen. Er trennt sich von den »Black Muslims«: Deren Gewaltbereitschaft, Intoleranz und Haltung gegenüber Frauen seien mit den Lehren des Koran unvereinbar. »Ich habe in der heiligen Stadt Mekka Pilger aller Hautfarben aus allen Teilen der Welt getroffen, und ich bin tief beeindruckt vom Geist der Einheit und der Brüderlichkeit, den ich dort erfahren habe. So einen Zusammenhalt habe ich während meines ganzen Lebens in Amerika noch nie gesehen« , erklärt er öffentlich.
    Im Frühjahr 1964 gründet Malcolm X mit der »Muslim Mosque Incorporated«, später der »Organization of Afro-American Unity« ( OAAU ), seine eigene Bewegung. »Jetzt kann ich frei entscheiden, mit wem ich künftig zusammenarbeiten möchte, um das Rassenproblem zu lösen« , verkündet er und deutet damit seine Bereitschaft zum Dialog mit Martin Luther King an, der im selben Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird. Der »Civil Rights Act« von 1964 hebt die Rassentrennung endgültig auf. Die Annäherung zwischen den beiden populären Führern der schwarzen Bürgerrechtsbewegung scheint in greifbare Nähe gerückt.
    ATTENTAT IM AUDUBON BALLROOM
    Doch Malcolm X wird mittlerweile nicht nur vom FBI observiert, er ist auch in die Schusslinie seiner früheren Anhänger geraten. Im Februar 1965 verüben Unbekannte einen Brandanschlag auf sein Haus in
East Elmhurst
. Malcolm, seine schwangere Frau
Betty Shabazz
und ihre

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