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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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nicht die Testakte, dass sie sich unter Eid zur anglikanischen Kirche bekennen? Man kann doch wegen Rekusantentums zu Geldbußen verurteilt werden.»
    «Aber das passiert nur selten», sagte Newton. «Das ist ein schwaches Gesetz, welches kaum je angewandt wird.»
    «Und ich behaupte dennoch, dass in diesem Land keine Menschen, gleich welchen Glaubens, im Bett ermordet werden.»
    «Wurden nicht in Schottland die jakobitischen MacDonalds von Glencoe durch König Williams Soldaten kaltblütig niedergemetzelt? Das war erst vor fünf Jahren, wenn ich mich nicht irre.»
    «Das waren Schotten», sagte ich, als erklärte das, wie so etwas Schreckliches hatte passieren können. «Schottische Opfer und schottische Soldaten. Was kann man von Schotten schon erwarten? Aber die Londoner sind nicht so intolerant. Und nicht so barbarisch.»
    «Aber wenn die Londoner provoziert werden und sei es nur scheinbar», sagte Newton, «was dann? Ihr seid zu jung, um Euch daran zu erinnern, wie das Große Feuer von London einem Katholiken namens Peidloe in die Schuhe geschoben wurde, welcher dafür am Galgen starb, obwohl, wie jeder Schuljunge weiß, der Brand durch ein Versehen in einer Bäckerei in der Pudding Lane ausbrach. Genau wie beim Feuer von Southwark 1676, für das ebenfalls ein Katholik, diesmal ein Jesuit namens Grove, verantwortlich gemacht wurde. Tatsächlich ging man sogar allgemein davon aus, dass das Feuer von Southwark von den Katholiken als Auftakt zu einem Massaker an den Londoner Protestanten geplant war. Und während der Revolution,
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    rechneten da die Londoner nicht damit, von den irischen Brigaden massakriert zu werden, mit denen König James sein Königreich halten wollte?
    Nein, Ellis. Die Londoner sind wie die Menschen in jeder großen Stadt: leichtgläubig und tollwütig. Ebenso gut könnte man einem Hund mit schäumendem Maul trauen, wie sich auf den wankelmütigen Londoner Pöbel zu verlassen. Mich wundert nur, dass jemand, der schon einmal einer Hinrichtung auf dem Tyburn beigewohnt hat, eine so hehre Meinung von den Massen haben kann, wie Ihr sie zu haben scheint.»
    «Da habt Ihr Recht, Sir, wenn der Pöbel aufgestachelt wird, ist er nicht mehr zu halten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Engländer von französischen Hugenotten führen lassen.
    Wie soll der Pöbel denn provoziert werden?»
    «Das wäre nicht schwer», sagte Newton. «Aber wir müssen mehr herausfinden und zwar rasch, denn wir haben viel Zeit verloren, weil ich so lange an dieser Chiffre gearbeitet habe.»
    «Ich kann das immer noch nicht glauben», sagte ich.
    «Dann lest die Botschaft, welche wir an Major Mornays Leichnam gefunden haben.»

    An Sergeant Rohan.
    Falls ich in diesem Duell, das ich nicht gesucht habe, fallen sollte, so erbitte ich nur, dass mein Mörder, Christopher Ellis, mit den Übrigen getötet werden möge, denn unter so vielen wird einer mehr wohl kaum auffallen und man wird zweifellos annehmen, dass er ein heimlicher Katholik war. Ich habe meine Pflicht als Protestant getan. Denkt an Sir Edmund Berry Godfrey. Denkt an St. Bartholomäus.
    Major Charles Mornay

    «Räumt das nicht jeden Zweifel aus?», fragte Newton.
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    «Doch», hörte ich mich sagen. «Wenn ich bedenke, dass er mir sogar noch Leid getan hat.»
    Newton nickte stumm.
    «Aber waren es nicht vier Botschaften, Herr? Was ist mit der, die wir von dem armen Mister Twistleton bekamen? Habt Ihr die nicht entschlüsselt?»
    Wortlos reichte mir Newton die dechiffrierte Version und ließ mich selbst lesen. Was da stand, war wahrhaftig beunruhigend: Denkt an Sir Edmund Berry Godfrey.
    Mister Twistleton, bei diesem großen Glaubensunterfangen, auf welchem Gottes Segen ruht, fällt es Euch zu, Sergeant Rohan zu helfen, einen Plan für die Ermordung des Münzwarts, Doktor Isaac Newton, zu ersinnen. Es muss so aussehen, als läge alle Schuld bei dem alten Roettier, dem Stempelschneider, welcher allgemein als Katholik verdächtigt wird und Jonathan Ambrose, dem Goldschmied, welcher ein heimlicher Katholik ist und welches grimmigen Hass auf Newton bekannt ist. Nach der Rückkehr König Williams aus dem flandrischen Krieg wird dies dazu beitragen, heftigen Hass gegen alle Katholiken zu wecken, so wie damals Sir Edmund Berry Godfreys Tod. Erkundet daher Newtons Gewohnheiten und teilt mir brieflich mit, wie Ihr diese Tat zu einem noch zu bestimmenden günstigen Zeitpunkt auszuführen gedenkt. Denkt an St. Bartholomäus.
    Euer Doktor Davies

    «Ich

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