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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Dezember desselben Jahres freigelassen worden war. Laut Taylor bezog er sogar zehn Pfund pro Woche, was nicht wenig war, aus dem Geheimdienstfonds. Wieder auf freiem Fuß, schrieb er einen langen Bericht über die Behandlung, die ihm widerfahren war und veröffentlichte ihn unter dem Titel «Ein Akt der Tyrannei».
    Taylor erzählte mir, das Werk sei nach Meinung aller, die es gelesen hätten, eine gemeine Schmähschrift gegen König James, welche Oates sich dann auch noch König William zu schenken erdreistete, obwohl dieser gewiss nicht anders als mit Abscheu auf ein Buch reagieren konnte, in dem sein eigener Schwiegervater, König James, so infam verleumdet wurde.
    Als ich Newton mitteilte, dass Mister Davies niemand anders als Titus Oates sei, war er genauso verblüfft wie Mister Hall und ich, erklärte dann aber rasch, es sei, wenn auch schockierend, so doch höchst logisch, dass Oates an einer Verschwörung beteiligt
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    sei, welche ein Massaker an den Londoner Katholiken plane.
    «Das Gefängnis und die Peitsche haben Mister Oates offensichtlich nicht viel gelehrt», sagte er.
    «Kann es sein, dass Lord Ashley die wahre Identität dieses Doktor Davies gar nicht kennt?», sagte ich. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass Lord Ashley sich wissentlich mit einem solchen Teufel abgeben würde.»
    «War es nicht der Earl von Shaftesbury, Ashleys eigener Großvater, welcher dafür sorgte, dass Oates dem Kronrat von der Papistenverschwörung berichten konnte? Ohne ihn hätte man nie etwas von Oates gehört.
    Und ich halte es auch für bezeichnend», setzte Newton nachdenklich hinzu, «dass diese Verschwörung just dann zum Tragen kommen soll, wenn unser Land einen Krieg zu beenden sucht. Genauso war es auc h beim Papistenkomplott, das stattfand, als König Charles gerade Frieden mit den Holländern schloss. Es gibt Menschen, denen der Frieden immer unwillkommen ist, denn Frieden bedeutet das Ende lukrativer Regierungsaufträge über Kriegsgüter für Heer und Flotte. Und schlimmer noch, Frieden bedeutet, dass die Soldaten ausbezahlt werden müssen, was heißt, dass das Parlament Geld bewilligen muss, was stets den Effekt hat, dessen Macht auf Kosten des Adels zu stärken.»
    Newton schüttelte den Kopf. «Vieles an dieser Sache beunruhigt mich außerordentlich», gestand er. «Aber Ihr habt Eure Sache gut gemacht junger Freund. Ihr habt zweifellos einen der Anführer dieser Verschwörung entlarvt. Dennoch wüsste ich gern mehr über ihre Pläne. Ich bezweifle, dass wir Sergeant Rohan oder irgendeinen dieser Franzosen dazu bringen werden, uns mehr zu erzählen. Aber Oates könnte vielleicht reden.»
    Ich runzelte die Stirn. «Ich sehe nicht, wie oder warum», sagte ich.
    «Ich bin dem jungen Lord Ashley schon begegnet», sagte
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    Newton. «Im Griechischen Kaffeehaus und im Kit Kat Club. Ich würde sagen, er hat etwa Euer Alter und Eure Statur und ist ein schrecklicher Snob. Was auch ein Grund sein mag, weshalb er sich nicht mit Titus Oates treffen wollte. Aber das werden wir zu unserem Vorteil nut zen. Wir werden Oates einen chiffrierten Brief schreiben und ihn auffordern, Lord Ashley an einem von uns benannten Ort zu treffen. Und dort wird uns Oates alles erzählen.»
    «Aber wieso denn? Das verstehe ich immer noch nicht.»
    «Weil Ihr Lord Ashleys Part übernehmen werdet», sagte Newton.
    «Ich?»
    «Wer sonst? Ich bin zu alt. Aber ich könnte Euren Diener spielen. Wir werden uns einen hübschen Sechsspänner von Lord Halifax ausleihen. Und wir werden Euch ein paar feine Kleider beschaffen, wie sie dem künftigen Ea rl von Shaftesbury angemessen sind. Wir werden es so arrangieren, dass Ihr Oates vor dem Kit Kat Club in Hampstead trefft, wo der Lord, wie ich weiß, Mitglied ist. Und dann werden wir eine kleine Fahrt durch ländliche Gegenden machen, wie drei Männer, die einiges zu verbergen haben.»
    «Aber wird das denn klappen, Sir? Wenn Ihr ermordet werden sollt, kennt Titus Oates doch vielleicht Euer Gesicht.»
    «Ich bin keine so herausragende Erscheinung», sagte Newton.
    «Ganz ohne falsche Bescheidenheit. Außerdem ist mir, als hätte Lord Ashley einen Diener mit einer Augenklappe. Ich werde ebenfalls eine tragen. Das wird mir eine zusätzliche Tarnung sein.»
    «Dann soll ich jetzt also nicht nur Euer Gehilfe, sondern auch noch Schauspieler sein?»
    «So ist es, Ellis. Ein wahrer William Mountford.»
    «Bei allem Respekt, Sir, aber das ist kein gut gewähltes
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    Beispiel. William Mountford,

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