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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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muss gestehen, dass mir dieser Brief einige Mühe bereitet hat», erklärte Newton. «‹Jonathan Ambose, der Goldschmied, welches grimmigen Hass auf Newton bekannt ist›? Das ist grammatikalisch falsch. Solche Dinge machen dem Entschlüssler das Leben schwer.»
    «Aber, Sir, Ich kann's nicht fassen, dass Ihr die Sache so
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    herunterspielt. Laut diesem Brief schwebt Ihr in Lebensgefahr.»
    «Ich würde meinen, wir schweben beide in einer ge wissen Gefahr», sagte Newton.
    «Aber ich für mein Teil soll ja nur mit den Übrigen getötet werden. Ihr hingegen sollt zum Auftakt ermordet werden. Was jederzeit sein kann.»
    «Nicht ehe der König aus dem Krieg zurück ist», sagte Newton.
    «Das steht doch in der Botschaft, Ellis.»
    «Das würde erklären, weshalb Sergeant Rohan so neugierig war, was Euch anging», sagte ich bedrückt.
    «Ihr habt mit ihm gesprochen?»
    «Einmal, als ich ihm nach Westminster gefolgt war», gestand ich. «Ich verlor ihn vorübergehend aus den Augen und stieß dann förmlich mit ihm zusammen. Er war überaus liebenswürdig. Wir haben zusammen etwas getrunken. Damals dachte ich, ich könnte vielleicht ein paar Dinge über ihn erfahren.»
    «Und jetzt merkt Ihr, dass stattdessen er Dinge über mich erfahren hat?»
    Ich nickte kleinlaut und schämte mich zu gestehen, dass mir vielleicht sogar Newtons Adresse entschlüpft war.
    «Macht Euch nichts draus», sagte Newton. «Informationen über mich sind nicht schwer zu erlangen. Er hätte andere Wege gefunden, wenn Ihr ihm diese Dinge nicht gesagt hättet. Also beruhigt Euch. Wie sind vorbereitet und wissen, mit wem wir es zu tun haben: mit skrupellosen Kerlen. Zweifellos wurde Macey gefoltert und getötet, als er ihre Botschaften zu entziffern versuchte. Und selbst Major Mornay, als einer der ihren, war nicht mehr sicher, als ein Aufsehen erregendes Duell ihre Pläne zu gefährden drohte. Wir müssen äußerst vorsichtig agieren.»
    «Ich frage mich, warum sie Mister Twistleton am Leben gelassen haben», sagte ich.
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    «Wer hört denn auf einen Irren?», sagte Newton. «Das sagtet Ihr doch selbst. Es zeigt ihr Vertrauen in dieses Strategem und in ihre Geheimschrift, dass sie ihn am Leben und im Besitz eines chiffrierten Briefes ließen. Und das Ganze erklärt auch, weshalb mich Mister Twistleton überfallen wollte. Aber ich wünschte, ich wäre so geistesgegenwärtig gewesen mitzuschreiben, was er uns erzählte. Denn ich glaube, er hat uns das Schlüsselwort zu der Chiffre verraten, als wir ihn in Bedlam besuchten. Wisst Ihr noch, was er sagte, als ich ihn nach der Bedeutung der Briefe fragte?»
    «Blut», sagte ich. «Blut steckt hinter allem, sagte er.»
    «Er meinte es wörtlich und kryptisch», sagte Newton. «Denn Blut ist das Schlüsselwort des Codes.» Er schüttelte traurig den Kopf. «Es gibt Zeiten, da ich mir sehr dumm vorkomme.»
    «Aber eins verstehe ich immer noch nicht», sagte ich. «Warum spielt sich das alles ausgerechnet hier im Tower ab?»
    «Darüber habe ich auch nachgedacht», gab Newton zu. «Und ich bin zu einem Schluss gelangt: Wenn es den Pöbel zu bewaffnen gilt, was wäre dazu besser geeignet als das Königliche Waffenarsenal?», «Ja, natürlich», sagte ich. «Hier gibt es genügend Degen und Gewehre, um eine ganze Armee auszurüsten. Aber was sollen wir jetzt tun?»
    «Wir müssen uns in diese Geheimkorrespondenz einschleichen», erklärte er. «Nur so kommen wir an Beweise, um sie Lord Halifax vorzulegen. Ehe wir zu ihm gehen, müssen wir mehr über unsere Verschwörer wissen. Nicht zuletzt, wann sie ihren Verrat zu begehen gedenken. Und ich wüsste auch gern mehr über diesen Doktor Davies. Ist nicht einer unserer Spione Sergeant Rohan zum Gericht in Westminster Hall gefolgt?
    Vielleicht war Davies ja der Mann, welchen der Sergeant dort traf. Wenn wir das erst einmal wissen, werden wir die beiden gegeneinander ausspielen.»
    Unser Spion, Mister Hall, war, wie ich schon sagte, ein äußerst
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    verlässlicher Bursche und am nächsten Tag ging ich mit ihm nach Westminster Hall, um zu schauen, ob er den Mann, den er hier mit Sergeant Rohan gesehen hatte, identifizieren könnte.
    Doch der Mann war nicht da und auch am nächsten Tag nicht.
    Erst am Freitag, dem dritten September, entdeckte ihn Mister Hall.
    Ich sah mir den Kerl genau an, als wir ihm zum Swan with Two Necks in der nahen Tuttle Street folgten. Er war etwa fünfzig, groß, aber o-beinig, nicht besonders muskulös, aber mit einem

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