Nexus - Band 1
neurale Netz des jeweiligen Operators gespeisten Projektion auf ihre praktische Durchführbarkeit zu evaluieren. Hunderttausende unbemannte Aufklärungsdrohnen, und eine ungezählte Schar freiwilliger, unvorsichtiger oder schlicht törichter Seelen gingen bei der Suche nach neuen, sicheren Sprungrouten bereits für immer verloren - unwiederbringlich desintegriert im Quantenraum… und viele mehr würden folgen, ehe die Menschheit eines Tages gänzlich verstehen würde, welche Kräfte es wirklich waren, die sie sich ihres Unwissens zum Trotz schon seit Jahrhunderten zu nutze machte.
"Ich werde sie auf die Krankenstation bringen." sagte Tom mit einem leichten Schwenk seines Kopfes in Kimberlys Richtung - fügte, mit einem Blick auf den zunehmend übelriechenden See getrockneten Blutes, der einmal das Brustteil seiner Uniform gewesen war, hinzu "Uns beide. Tu inzwischen was du kannst mit den Schiffssystemen."
"Aye." Hank hob die Hand zur Andeutung eines Salutes, bevor er sich an seiner Station niederließ und sich mit einem positiv überraschten Brummen den Bedienelementen seiner Konsole widmete. "Garnich mal so schlimm wie ich dachte. Der Großteil des KI-Steuerkerns is offline… hat wohl ne Menge optischer Steuerknoten und anderen Kleinkram zerfetzt - aber das is in n´paar Stunden wieder flott."
"Mach eine einzige draus. Ich habe das Gefühl, dass wir nicht viel mehr bekommen werden..." Den heulenden Sturm der Pein in jedem einzelnen Nanometer seines Innersten mit einem zornigen Impuls aus zusammengepressten Zähnen und reiner Willenskraft ignorierend, hob Tom Kimberlys erschlafften Körper auf seine Arme, und steuerte mit zügigen Schritten in Richtung der Kabinentür des Turboliftes.
"Ich bin bald zurück."
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Mit einem ungesunden Geräusch löste sich der letzte Streifen des Molekularfaserverbandes von seinem Platz, entblößte einen weiteren Zentimeter des quer über Tom Parkers Brust gezeichneten, tiefen Einschnittes seiner Verletzung. Und als hätte er noch nicht genug davon gesehen, quollen augenblicklich breite Rinnsaale frischen Lebenssaftes zwischen den kaum verheilten Furchen sich nur widerwillig regenerierender Haut hervor und liefen in parallelen Strömen an ihm herab. Mit leise fluchendem Reflex hielt Tom das ohnehin bereits rotgetränkte Überbleibsel in seiner Hand notdürftig dagegen um ihren Fluss zumindest so lange zu stoppen, ehe er ihre Quellen erneut verbinden konnte. Hoffentlich würden regenerativen Kontaktstoffe einer neuen Bandage ausreichen, um die Wunde und somit auch den Blutverlust so lange zu stabilisieren, bis eine erneute Nanitinjektion möglich war, um den Schaden vollständig zu beseitigen. Mit einem entschlossenen Kopfschütteln vertrieb Tom nur einen weiteren von vielen Anfällen verdunkelnder Schwäche, fasste mit beiden Händen an die Enden eines bereits ausgerollten Ersatzverbandes und begann ihn mit eiligen, schmerzhaft verkrampften Handgriffen um die obere Hälfte seines immer heftiger blutenden Torsos zu wickeln.
Wenn man es streng betrachtete war es ein Wunder gewesen, dass ihn die Nanitklinge nicht in zwei Hälften geschnitten hatte… eine fast perfekte Monomolekularwaffe, scharf genug um mit nur einem geringen Krafteinsatz selbst einen stabilen Körperpanzer zu durchstoßen als wäre er nichts weiter als eine dünne Flakweste. Hätte er nur eine Mikrosekunde später reagiert… oder wäre gar auf sich selbst gestellt gewesen… Tom führte den Gedanken nicht zu Ende. Denn auch er hatte aus diesem Augenblick eine wichtige Lektion gelernt - dass jeder Mensch nur so gut war, jeder Soldat nur so lange überstand, wie die Kameraden die ihn begleiteten. Der alte Mann und er selbst hatten sich dort oben gegenseitig das Leben gerettet… schnelle, deutliche Bilder des Kampfes drangen in Toms Verstand ohne dass er es wirklich wollte - und dennoch ließen sie ein schmales Lächeln über seine Lippen wandern. Hank musste ihm besser früher als zu spät verraten, wie man es als einfacher, nicht-optimierter Mensch fertigbrachte, einem gut gerüsteten, kybernetisch verbesserten Assassinen binnen einer so kurzen Gelegenheit fast den gesamten Kopf von den Schultern zu reißen.
Toms Blick fiel auf Kimberly. Die Medikamente würden sie noch ein wenig länger schlafen lassen - und hoffentlich schon bald wieder Leben und Farbe in dieses friedliche, aber so erschreckend
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