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Nibelungen 05 - Das Runenschwert

Titel: Nibelungen 05 - Das Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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nichts«, seufzte er und lächelte Amke an. »Ist schon vorbei.« Und wirklich: Bei seinem nächsten Blick über die Köpfe der Menge war der gespenstische Unbekannte verschwunden.

Kapitel 5  
    ief über den Pferdehals gebeugt, ließ Siegfried den grauen Hengst weit ausgreifen. Die Hufe schienen durch die Luft zu fliegen und den Waldboden kaum zu berühren. Daß sie es doch taten, zeigten die Abdrücke, die Graufell hinterließ.
    Und die Siegfried seinem Verfolger verrieten! Deshalb war es trotz Graufells Schnelligkeit unmöglich, den anderen Reiter abzuschütteln. Als der junge Xantener das erkannte, änderte er seinen Plan: Er mußte den Abstand zu seinem Verfolger so weit vergrößern, daß er ihm eine Falle stellen konnte. Der dichte Wald, in den er sein Tier lenkte, schien ihm die beste Gelegenheit zu bieten.
    Immer wieder streiften Äste und Zweige Pferd und Reiter. Siegfried ritt langsamer, er wollte nicht riskieren, daß der wertvolle Hengst über gefährliche Baumwurzeln stolperte und sich verletzte. Gewaltig wie Bergfriede erhoben sich hier die Bäume, uralt mit ihren verwitterten Borken, düster und geheimnisvoll.
    Aber zur Linken schimmerte etwas hell. Neugierig riß Siegfried den Grauen herum und hielt auf das Licht zu. Die Bäume wurden spärlich, wichen Sträuchern und Farnen, die eine große grüne Lichtung mitten im düsteren Wald bildeten. Nur ein Baum erhob sich hier, eine von Bienen umschwärmte Buche mit mächtigem Stamm.
    Das Gras, das sich auf der Lichtung ausbreitete und sich bis in die Ausläufer des Waldes erstreckte, brachte Siegfried auf eine Idee. Graufells Hufspuren waren hier nicht so deutlich zu erkennen. Siegfried stieg vom Pferd. Am Zügel führte er den Grauen am Rand der Lichtung entlang und dann wieder in den Wald hinein. Nach etwa zwanzig Schritten hielt er unter einer Eiche mit starken, weitausladenden Ästen an. Von der Lichtung aus war er hier nicht zu sehen.
    Nur kurz zog er in Erwägung, sich heimlich abzusetzen. Die Neugier war stärker. Er wollte herausfinden, wer ihn verfolgte. Als er aus dem Lager geschlichen war, hatte er sich sicher gefühlt, denn alle Recken waren auf der Jagd gewesen. Doch schon nach kurzer Zeit hatte er den hartnäckigen Verfolger bemerkt.
    »Sei ruhig, Graufell!« ermahnte er den Grauen und strich ihm sanft über Nase und Nüstern. »Gib keinen Laut von dir, was immer auch geschieht!«
    Bei einem anderen Pferd hätte er sich kaum darauf verlassen können. Aber Graufell war ein besonderes Tier: verläßlich in jeder Hinsicht. Als Siegfried die Eiche erkletterte und den Hengst nur lose angebunden unter sich zurückließ, zweifelte er nicht daran, daß Graufell ihn verstanden hatte und seinen Befehl befolgen würde.
    Siegfried kletterte, bis er freien Ausblick auf die Lichtung hatte. Er machte es sich auf einem dicken, gegabelten Ast bequem, den Rücken an den Stamm gelehnt. Plötzlich blieb sein schweifender Blick an einem großen, gewundenen Felsgebilde hängen.
    Die Schlangenhöhle!
    Wie eine glückliche Fügung war es ihm erschienen, als seine Mutter und ihre Ratgeber beschlossen, die friesischen Gäste auf eine große Jagd einzuladen – in den Schlangenwald. Reinhold von Glander war auf die Idee gekommen, den begeisterten Jäger Hariolf dadurch freundlich zu stimmen.
    Zwar hatte Siegfried die Tage in Xanten genossen, das Wiedersehen mit seiner Mutter und nicht minder das Zusammensein mit Prinzessin Amke. Siegfried hatte das Friesenmädchen in fast jede Ecke seiner Vaterstadt geführt. Insgeheim jedoch hatte er nach der unheimlichen grauen Gestalt Ausschau gehalten.
    Aber als Siegfried die Gelegenheit kommen sah, auch die zweite Hälfte des Runenschwertes zu holen, war ihm dies noch wichtiger als die liebliche Amke. Es war wie ein Lockruf, dem er folgte, um das Erbe seines Vaters anzutreten.
    Geräusche, erst leise, dann immer lauter, lenkten seine Aufmerksamkeit wieder auf die Lichtung. Zweige brachen, und ein Pferd schnaubte erschöpft.
    Ein Schatten fiel aus dem Waldunkel: das Pferd, schlank und lichtbraun, mit dunkler Mähne und dunklem Schweif. Selbst auf diese Entfernung erkannte Siegfried das Tier und auch die Reiterin im goldverzierten Damensattel. Vornehm war ihre Haltung und liebreizend der Anblick des offenen Gesichts.
    Was trieb Amke hierher? Warum verfolgte sie ihn?
    Langsam ritt sie auf die Lichtung; sie hielt ihre Stute zwischen Farnen und Brombeersträuchern an und schaute sich suchend um. Zum Schutz gegen die grelle

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