Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nibelungen 05 - Das Runenschwert

Titel: Nibelungen 05 - Das Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
Vom Netzwerk:
das Leben zu nehmen!
    Arko stand vollkommen reglos da und wagte kaum zu atmen. Das wütende Feuer in seinen Augen war erloschen. Pure Angst glänzte in ihnen, wie bei einem Tier, das erkannt hatte, daß man es zur Schlachtbank führte.
    »Genug Unfug!« rief eine dünne Stimme dicht neben Siegfried. »Hört doch auf zu streiten, Freunde. Baut die Tafel wieder auf und zecht weiter!«
    Anfangs sah Siegfried niemanden, als er sich aus den Augenwinkeln umblickte. Dann erst bemerkte er eine kleine Gestalt, die ihm noch nicht einmal bis zu den Ellbogen reichte. So ähnlich mußten die Zwerge ausgesehen haben, von denen sich die Alten erzählten.
    »Gebt endlich Ruhe, junger Freund«, bat das Männchen, das flehend zu Siegfried aufschaute. »Ich bin sicher, Arko wird sich bei Euch entschuldigen und Euch eine Karaffe vom besten Met spendieren.«
    »Eine ganze Karaffe?« brummte der Kuppler. Als der warnende Blick des Kleinen ihn traf, meinte er: »Also gut, eine Karaffe. Aber nicht mehr!«
    »Ich will gar nichts trinken!« sagte Siegfried, während er Arko weiterhin mit dem Runenschwert bedrohte.
    »Nichts trinken?« Der Kleine schaute verwundert drein. »Ja, was sucht Ihr dann in meiner Kaschemme?«
    »Du bist der Wirt?«
    »In ganzer Lebensgröße«, gackerte der Kleine. »Magnus ist mein Name.« Er gackerte noch lauter. »Das kommt aus dem Lateinischen und heißt…«
    »Ich weiß, was es heißt«, unterbrach Siegfried den redseligen Kerl und nahm zögernd das Schwert herunter. »Kommst du mir noch einmal zu nahe, Arko, verlierst du auch deine andere Hand – und deinen Kopf!«
    Der Kuppler zog sich taumelnd zurück. Die feurige Framhild war inzwischen aufgestanden, aber sie begann zu keifen und wollte sich offenbar nicht damit zufriedengeben, daß Siegfried so straflos ausging. Arko versetzte ihr eine schallende Ohrfeige, die sie erneut zu Boden schickte. Die Menge lachte, und die Hübschlerin hatte genug.
    »Ich suche jemanden«, sagte Siegfried zu Magnus, während er das Schwert zurück in die Scheide steckte. Ihm fielen die begehrlichen Blicke auf. Sie galten dem prächtigen Schwert und dem reichverzierten Wehrgehänge. Schnell nahm er seinen Umhang auf und legte ihn um die Schultern, um den Prunk vor den gierigen Augen zu verbergen.
    »Hier verkehren keine reichen Herren«, erklärte der Wirt.
    »Ich weiß nicht, ob er reich ist.«
    »Ihr kennt ihn nicht?«
    »Nur seinen Namen. Er nennt sich Vagabundus.«
    Magnus riß die Augen auf und fragte: »Seid Ihr ein Freund oder ein Feind von Vagabundus?«
    »Das wird sich herausstellen. Du kennst ihn also, Wirt?«
    Magnus nickte. »Ihr müßt der junge Bursche sein, den ich zu ihm bringen soll. Ich hätte Euch eher erkennen sollen, aber durch den kleinen Streit war ich zu aufgeregt. Kommt mit, ich führe Euch zu ihm!«
    Der Wirt wieselte so flink durch die Gästeschar, daß Siegfried Mühe hatte, ihm zu folgen. Magnus schlug eine dicke Flechtmatte beiseite und tauchte in einen engen, düsteren Durchgang ein. Siegfried mußte sich bücken. Vorsichtshalber legte er die Rechte auf den Schwertgriff.
    Sie kamen auf einen kleinen Hinterhof, auf dem es nach Viehmist stank. Über eine enge, morsche Außentreppe ging es zum Obergeschoß. Ein dickes Tuch hing vor einer Fensteröffnung, und nur schwacher Lichtschein drang nach draußen. Magnus stieß eine quietschende Tür auf, deutete eine Verbeugung an und sagte: »Vagabundus wartet auf Euch, junger Herr.«
    Siegfried nickte knapp und ging an ihm vorbei. Kaum hatte er die kleine Kammer betreten, da schlug Magnus auch schon die Tür von außen zu. Siegfried hörte seine trippelnden Schritte auf der knarrenden Stiege.
    Auf einem kleinen Tisch brannte ein klobiger Kerzenrest, dessen gelblicher Schein nicht bis in die hintersten Ecken reichte. Auch nicht bis zu der verhüllten Gestalt, die dort saß und sich mit etwas beschäftigte, das leise klackernde Geräusche verursachte. Siegfried nahm an, es seien Spielwürfel.
    Er hielt sich ebenfalls außerhalb des Lichtscheins, weiterhin die Rechte am Schwertknauf, und sagte mit bemüht fester Stimme: »Hier bin ich, Vagabundus. Was habt Ihr mir zu sagen?«
    »Ich freue mich, daß du gekommen bist, mein Sohn«, erwiderte eine tiefe Stimme.
    Siegfried trat zum Tisch, nahm die Kerze auf und hielt sie so, daß ihr Schein auf die schattenhafte Gestalt fiel. »Ihr?« fragte er kopfschüttelnd. »Ihr seid Vagabundus?«
     

     
    »Setz ab, Tiedo! Sauf uns nicht alles weg!« krähte der rotbärtige

Weitere Kostenlose Bücher