Nibelungen 05 - Das Runenschwert
Imbert und streckte seine Hand nach dem ledernen Schlauch aus. Er reckte das bartumwucherte Kinn vor und sah seinen Kameraden böse an.
Der hagere Tiedo setzte den Metschlauch ab, stieß einen scharfen Rülpser aus und leckte die klebrigen Reste von seinen dünnen Lippen. Selig blickten seine Triefaugen auf den Schlauch. Der Ausdruck wechselte zu Bedauern, als er den Met an den Kameraden weiterreichte, der so gierig trank, daß er sich verschluckte und in lautes Husten und Prusten ausbrach.
Osbern, der dritte Wachtposten am Nordtor, griff nach dem Schlauch, während Tiedo dem zusammengekrümmten Rotbärtigen kräftig auf den Rücken klopfte. »Schon gut, Imbert, nicht jedem bekommt der Würzmet.«
»Vielleicht ist er Imbert nicht gut genug«, kicherte der spitznäsige Osbern, nachdem er sich am Met gütlich getan hatte. »Unser Freund verträgt vielleicht nur ganz teuren Wein, wie ihn die edlen Herren trinken.«
»Der junge Prinz trinkt bestimmt keinen Met«, meinte Imbert, der sich wieder gefangen hatte. »Dazu müßte er nicht heimlich in die Stadt schleichen.«
Osbern nickte zustimmend. »Wundert mich auch, was er dort sucht.«
»Na, was wohl?« Tiedo stieß ein heiseres Lachen aus. »Das, was er auf der Burg nicht haben kann, weil ihm da die Königin und sein Zuchtmeister auf die Finger sehen. Das, was jeder gesunde Mann braucht: kräftigen Würzmet und die großen Brüste einer Hübschlerin!«
»Hauptsache, groß!« griente Imbert und starrte sehnsüchtig über den Burggraben hinweg auf die Häuser Xantens.
Osbern blickte den Wachhabenden ungläubig an. »Meinst du wirklich, Tiedo, ein feiner Herr wie unser Prinz gibt sich mit Hafenmetzen ab?«
»Auch ein feiner Herr ist ein Mann.« Wieder lachte Tiedo. »Minnesang und Liebesgedichte allein können einen Mann auf die Dauer nicht befriedigen.«
Die anderen beiden fielen in sein meckerndes Gelächter ein, so laut, daß sie den Mann nicht hörten, der im Schatten der Burgmauer zum Nordtor kam. Erst als er in den Schein der beiden am Torbogen hängenden Fackeln trat und dicht vor den lässig an die Wand gelehnten Wachen stand, bemerkten sie ihn. Osbern ließ vor Schreck den Metschlauch fallen.
»Wenn der Witz gut war, so möchte ich ihn hören!« sagte Graf Reinhold von Glander mit einem unechten, eher bedrohlich wirkenden Lächeln. »Vielleicht heitert mich das so weit auf, daß ich davon absehe, euch dem Scharfrichter zu überantworten.«
»Dem Scharfrichter?« Tiedos Augen weiteten sich. »Aber wieso denn, Herr?«
»Deshalb!« Reinholds Fuß, der in einem schwarzglänzenden Lederstiefel steckte, schnellte vor und traf den Metschlauch. Der Schlauch flog durch das offene Tor, schlitterte über das Holz der Zugbrücke und fiel in die Tiefe. Es dauerte einen Moment, bis ein leises Platschen an die Ohren der Männer drang. »Damit wäre das Beweisstück für euren Suff vernichtet«, fuhr der Kriegsherr fort. »Jetzt müßt ihr nur noch den Zeugen bestechen!«
»Welchen Zeugen?« fragte der vom Met verwirrte Wachhabende.
»Mich!« antwortete Reinhold.
Tiedo hob hilflos die Hände, es wirkte wie ein Flehen. »Aber, Herr! Wie… wie könnten wir Euch bestechen? Niemand von uns besitzt soviel Geld, daß es Euch lohnenswert erschiene!«
»Ich rede nicht von Geld. Gebt mir eine Auskunft, und ich werde eure Vergehen nicht weiter ahnden.«
»Was wollt Ihr wissen, Herr?« Tiedo keuchte wie ein Ertrinkender, der im letzten Augenblick aus dem Rhein gezogen wurde.
»Hat Prinz Siegfried die Burg durch dieses Tor verlassen?«
Tiedo erschrak und bemühte sich, sein Entsetzen vor dem Kriegsherrn zu verbergen. Er wechselte kurze Blicke mit Imbert und Osbern, aber auch die beiden wirkten ratlos. Tiedo blickte zu Boden, auf seine matten, fleckigen Stiefelspitzen. Er wagte nicht, dem hohen Herrn in die Augen zu sehen.
Die Lage war mehr als vertrackt! Gab er Reinhold die gewünschte Auskunft nicht, würde der Kriegsherr Tiedo und seine beiden Kameraden dem Scharfrichter übergeben. Verriet Tiedo aber Siegfried, würde der Prinz sie ebenso grausam bestrafen. Tiedo begann zu schwitzen und lockerte mit dem Finger die Halsberge seines Kettenhemdes.
»Was ist, Soldat?« fragte Reinhold barsch. »Hat der Met dir die Sprache verschlagen?«
Tiedo schüttelte matt den Kopf und fragte mit vor Angst bebender Stimme: »Versprecht Ihr, uns vor Strafe zu bewahren, wenn wir Euch die erwünschte Auskunft geben?«
Reinholds Rechte zuckte vor und versetzte Tiedos Wange einen
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