Nibelungen 07 - Das Zauberband
führte sie sehr bald zur dunklen Göttin.« Die Alte hielt einen Augenblick inne. »Ich habe geahnt, daß sie eines Tages wiederkehrt!«
Ramee schaute auf Brunhild, die fasziniert von der Schönheit dieser Frau den Blick nicht wenden konnte.
»Es ist ein Trugbild. Laß dich nicht täuschen. Lerne die Wirklichkeit zu sehen, nicht nur den Schein! Du bist nun eine geweihte Priesterin!«
Brunhild schloß für einen Herzschlag lang ihre Lider, doch immer noch stand das Bild der anderen Frau vor ihr. Es war, als hätte es sich in ihr eingebrannt.
»Was soll ich tun?« fragte sie. Inmees Stärke beeindruckte sie.
»Das Schicksal hat seinen Sinn! Du wirst vollenden, was deine Mutter begann! Aber eines solltest du beachten, wenn du den Kampf mit der Hohenpriesterin der schwarzen Göttin beginnst, denn nichts anders ist Inmee jetzt. Hüte dich vor ihren Liedern! Diese Frau ist mächtiger, als du es dir vielleicht vorstellen kannst. Sie war eine von uns, und sie weiß uns zu schaden, wenn sie gegen uns kämpft!«
»Sie ist die Hohepriesterin der schwarzen Göttin? Woher weißt du das?«
»Sie trägt das Blutgewand, das nur der Priesterin zusteht, die der Göttin ihr Herz versprach und auch ihren Leib geopfert hat. Dieses Gewand ist ein Zeichen dafür, daß sie die mächtigste Dienerin der schwarzen Göttin ist. Zuletzt hat deine Tante Lursa dieses Kleid getragen!« sagte Ramee.
»Wenn sie die mächtigste Frau ihres Ordens ist, warum kämpft sie dann noch? Was will sie noch mehr?« fragte Brunhild.
»Sie ist rastlos und unzufrieden wie ihre Göttin«, antwortete die Alte. »Und das zwingt sie dazu, immer weiter zu opfern und zu morden. Erst wenn sie alles zerstört hat, wird sie Ruhe finden. Sie ist gefährlich, denn sie liebt nichts, am wenigstens sich selbst!« Sie zögerte. »Vielleicht will sie an uns Rache nehmen für die Schmach, daß wir sie nicht zur Hüterin des Feuers weihten.«
Brunhild sah, wie Inmee die Zügel ihres Pferdes losließ und ihre Hände in die Luft erhob. Für einen Augenblick sah es aus, als schwebten die Finger über dem nahen See. Doch die junge Kriegerin bemerkte, daß Inmees Hände nach unten auf das Wasser zeigten. Bei Mirka hatte sie diese Geste stets nur mit nach oben offenen Handflächen gesehen.
Das Klirren von Schwertern wurde lauter. Die Männer drängten die Priesterinnen wieder zurück, die den jenseitigen Uferrand des Sees gestürmt hatten. Das Kampfgeschehen kam näher. Irgendwo schrie einer der Krieger schmerzverzerrt auf.
Brunhilds Herz schlug ein wenig schneller.
»Ramee, schau, sie trägt den Rubin!« Sie hatte das Schmuckstück am Hals der Priesterin entdeckt.
»Ich dachte es mir.« Die Alte senkte einen Herzschlag lang die Augen. »Du mußt ihn zurückholen, doch ich sage es noch einmal, hüte dich vor ihren Liedern. Du wirst manche Verse davon wiedererkennen, doch sie werden anders klingen, als du gewohnt bist, und auch ihre Wirkung wird anders sein!«
Brunhild fragte sich, wie sie eine andere Priesterin hindern sollte, zu singen, besonders, wenn sie eine Hohepriesterin der schwarzen Göttin war.
»Du wirst nun alleine deinen Weg gehen müssen«, sagte die Alte. Es klang fast, als nähme sie Abschied von Brunhild. Sie segnete die junge Kriegerin noch einmal. »Vergiß niemals, daß du die wahre Hüterin des Feuers bist!«
»Und was wird aus Arma und Mirka?« fragte Brunhild.
Die Priesterin griff für einen Augenblick nach ihren Händen. Brunhild spürte den weichen Druck. »Dies, mein Kind, ist nicht deine Aufgabe. Jedenfalls nicht jetzt! Die Göttin wird für sie sorgen!« Dann ließ die Alte Brunhild los und wandte ihre Aufmerksamkeit Inmee und dem Kampfgeschehen zu. »Und ich werde nun mein Volk beschützen, so gut ich es vermag«, fügte sie leise hinzu.
Brunhild sah aus den Augenwinkeln einen Krieger mit blankem Stahl im scharfen Galopp auf sich zureiten. Der Mann war an den Priesterinnen vorbeigeprescht und hielt auf sie zu.
»Hier, Brunhild, fang!« Eine ihrer Gefährtinnen warf der jungen Kriegerin ihr Schwert zu. Gerade noch rechtzeitig sprang Brunhild auf die Füße, riß die glänzende Klinge hoch und konnte den Schlag des Mannes mit ein wenig Mühe abfangen.
Doch so schnell gab der Krieger nicht auf. Er wendete sein Pferd. Brunhild drehte ihr Handgelenk und hielt dem Reiter, der wieder ausholte, erneut ihre Klinge entgegen.
Der Fremde wagte noch einen Angriff. Brunhild wich geschickt zur Seite, so daß der Reiter sie durch den Schwung des
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