Nibelungen 07 - Das Zauberband
sie am Arm zurück. »Jeder vernünftige Mensch würde diesem Dämonenweib aus dem Weg gehen, und Ihr wollt sie freiwillig suchen? Habt Ihr überhaupt eine Vorstellung davon, was das bedeutet?« Seine Stimme klang gereizt.
»Nein!« erwiderte Brunhild. »Aber ich erinnere mich noch an die Worte, die Arma mir einst sagte, als ich noch ein Kind war.« Sie schob Rabans Hand von ihrem Arm. »Man kann niemals wissen, wie groß eine Herausforderung wirklich ist, wenn man sie nicht annimmt. Ich kann schließlich nicht hier sitzen und über vergangene Zeit trauern, während da draußen die Hohepriesterin der schwarzen Göttin Not und Elend verbreitet!«
»Das müßt Ihr doch nicht! Ihr könntet fortgehen von hier, ein neues Leben beginnen. Vergeßt diesen Garten!«
»Ein neues Leben beginnen und das alles hier so zurücklassen? Für wen haltet Ihr mich, Raban!«
»Für eine kluge Frau!« sagte er, und seine Augen funkelten sie an. »Glaubt Ihr, ich habe Euer Leben gerettet, damit Ihr es der Priesterin zu Füßen werft? Sie wird Euch zerstören, und der Tod wird für Euch noch das Geringste sein. Sie ist zu mächtig, Brunhild, selbst die alte Ramee konnte nichts gegen sie ausrichten. Seht das endlich ein! Ihr habt verloren!«
»Mir scheint, Mut gehört nicht zu den Tugenden eines Wormser Ritters!« schimpfte Brunhild und warf zornig ihren langen Zopf über die Schultern.
»Inmee wird Euch ins Verderben stürzen, bevor Ihr sie gesehen habt. Sie ist gnadenlos! Denkt an Arma und Mirka!«
»Eben weil ich an Arma und Mirka denke, werde ich nicht eher rasten, bis dieses Teufelsweib für ihre Freveltaten bezahlt hat!« sagte sie. Verächtlich schaute sie auf Raban. »Notfalls werde ich auch ohne Euch gehen!«
»Das werdet Ihr auch müssen«, sagte er. Seine Stimme klang wieder sehr weich. Fast traurig sah er sie an. »Ich werde nicht mit Euch reiten. Ich kam alleine, um Euch zu retten, das habe ich getan. Es steht Euch frei, mit Eurem Leben zu tun, was Euch beliebt.« Er faßte sie an den Schultern. »Verflucht, Brunhild, diesen Kampf könnt Ihr nicht mehr gewinnen, laßt es jemand anders versuchen!«
»Jemand anders? Schaut Euch doch um! Außer uns beiden, Raban, gibt es niemanden mehr!«
»Was ist mit dem geheimnisvollen Reiter, der Euch das Schwert schenkte? Warum war er hier, und warum gab er Euch diese kostbare Waffe?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Brunhild. »Doch ich weiß, daß es allein meine Aufgabe ist, Inmee zu finden!«
»Das ist Unsinn!« Zart streichelte er mit seinen Fingern über ihre Wangen. Er strich ihr eine lose Strähne aus dem Gesicht. Brunhild fühlte, wie ihre Knie zu zittern begannen. »Gebt auf, Gefährtin der Nacht«, bat er leise. »Ich bin auf dem Weg zu den Feuerbergen. Ich suche dort nach dem unterirdischen Schloß meiner Väter. Wir könnten es gemeinsam suchen! Es sollen dort unermeßliche Reichtümer verborgen liegen.«
Brunhild starrte den Mann ungläubig an. »Was wollt Ihr?«
»Das unterirdische Schloß meiner Väter finden! Gemeinsam mit Euch, Brunhild. Laßt uns gehen!«
Für einen Augenblick hielt Brunhild den Atem an. Ihr Herz schlug ein wenig schneller. Die Vorstellung, diese Trostlosigkeit hinter sich zu lassen und an Rabans Seite fortzureiten, um ein geheimnisvolles Magierschloß zu suchen, erfüllte sie mit tiefer Sehnsucht. Wie oft hatte sie als Mädchen davon geträumt, so zu leben, wie Arma es als junge Kriegerin getan hatte. Von einem Abenteuer zum nächsten zu ziehen. Fremde Länder und Menschen kennenzulernen, immer frei zu sein und nur dort zu bleiben, wo es einem gefiel. Ein solches Leben an Rabans Seite war alles, was ihr Herz begehrte. Sein Lächeln um sich zu haben jeden Tag und jede Nacht, seinen Geschichten zu lauschen, vielleicht seine Geliebte zu werden, all dies erschien ihr wie ein Traum. Der Fluch fiel ihr ein, und ihr Blick glitt über die steinernen Gestalten des Gartens.
»Nein, das kann ich nicht! Dieser Garten, der Wasserfall, die Gefährtinnen…« Sie deutete mit der ausgestreckten Hand auf die Steine ringsum. »Nein, Raban, meine Aufgabe ist es, der Göttin zu folgen!«
Raban beugte sich ein wenig herab, küßte sanft ihre Wangen und wandte sich um. Elegant schwang er sich auf den prächtigen Hengst.
»Dann lebt wohl!« Er deutete noch eine Verbeugung an und nahm die Zügel auf.
»Das ist nicht Euer Ernst, Ihr könnt doch nicht wirklich zu diesem verfluchten Schloß reiten, nach allem, was hier geschehen ist.« Wütend griff sie ihm in
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