Nibelungen 07 - Das Zauberband
Hauch eines Augenblicks von goldenem Glanz umgeben war. Es war, als würde eine neue Lebendigkeit von dem See in den verletzten Körper hineinfließen. Antana griff nach den feuchten Tüchern und zog sie Mirka vorsichtig vom Rücken. Die Wunden waren geschlossen.
»In ein paar Tagen werdet Ihr wieder völlig gesund sein«, sagte sie.
»Ein paar Tage? So viel Zeit haben wir aber nicht, Antana. Es wird so gehen müssen.« Als die Hohepriesterin sich wieder aufrichtete, lag eine gewisse Festigkeit in ihren Bewegungen. Sie griff an ihren Hals. »Der Rubin ist fort.«
Die Heilerin nickte, und eine ihrer grauen Strähnen fiel ihr weich ins Gesicht. »Ja, ohne den Rubin hätte Inmee es wohl nicht geschafft!«
»Ich glaube es einfach nicht. Inmee war nur bedingt eine fähige Priesterin, sie war besessen, und das raubte ihr oft die Kraft. Selbst als sie den dunklen Weg wählte, war sie in ihrem Herzen nicht frei. Der Haß, den sie in sich trägt, ist zu dämonisch, als daß sie damit wirkliche Macht über lange Zeit erreichen könnte…« Mirka brach ab. »Sie besitzt nicht die Ausdauer und Geduld, die auch bei den dunklen Zauberliedern nötig ist.«
»Vielleicht braucht sie es auch gar nicht«, bemerkte Antana und überlegte, daß es wohl besser war, der Hohenpriesterin die ganze Wahrheit zu sagen.
»Was meint Ihr damit?«
»Ein Krieger, der mit Euch überlebte, sprach von Inmee und einer Wölfin!«
Mirka schaute auf und hielt sich eine Hand auf die Brust, als habe sie dort plötzlich irgend etwas getroffen. »Eine Wölfin?«
»Ja, er sagte, es sei nicht wirklich ein Tier, es sei ein Dämon, groß und schwarz mit zotteligem Fell!«
»Loba!«
Antana nickte. »Daran habe ich auch gedacht. Es war die Nacht des brennenden Mondes. Es wäre möglich, daß Inmee die Beschwörung gewagt hat.«
Mirka dachte eine Weile nach. »Das ist unsinnig. Die Knochen der Wölfin waren, nachdem Lajao Nejevé ihr das Halsband umgelegt hatte, in alle Himmelsrichtungen zerstreut worden. Man hatte sie vergraben und in Schluchten geworfen. Inmee kann nicht alle Knochen gesammelt haben!«
»Ich fürchte, sie hat es aber doch getan«, bemerkte Antana. »Oder habt Ihr eine andere Erklärung dafür?«
Mirka schüttelte den Kopf. »Falls Inmee es wirklich gewagt hat, wird es sie recht bald das Leben kosten. Die Jägerin der dunklen Göttin ist unberechenbar, sie wird sich gegen die Priesterin wenden, denn Loba hat stets ihre eigenen Ziele.«
»Aber auf Inmees Tod können wir schließlich nicht warten. Bis dahin kann die schwarze Priesterin mit Hilfe der Wölfin das ganze Land verwüstet haben.«
»Das glaube ich kaum«, sagte Mirka und ging ein paar Schritte am Ufer entlang, während sie dabei jeden einzelnen Stein genau betrachtete. Sie untersuchte zunächst die kriegerischen Gestalten, dann den Boden, schließlich die Bäume.
»Habt Ihr Euch schon umgeschaut, Heilerin?« fragte sie.
»Flüchtig!«
»Ist Euch etwas Besonderes aufgefallen?«
»Sie sind zu Stein erstarrt! Mehr habe ich daran nicht entdecken können!«
Mirka nickte und strich einer grauen Priesterin über den Arm. »Eben!«
»Was meint Ihr?« Neugierig betrachtete nun auch Antana die Gestalten aus der Nähe.
Die Hohepriesterin schaute sich noch einmal um, als wolle sie sich vergewissern, dann wandte sie sich wieder an Antana. »Erinnert Ihr Euch, als Pyros damals den Wasserfall vernichten wollte, tat er es mit Feuer, denn darin liegt seine Macht.«
»Ja und?«
»Wenn dies das Werk einer Priesterin der dunklen Göttin sein soll, dann frage ich Euch, warum sind hier keine Leichen? Warum ist nicht eine von ihnen blutleer? Warum verbrannten sie nicht in blutigem Opferfeuer oder fielen als Untote jetzt über uns her?«
»Ihr meint, diese Versteinerung ging nicht von Inmee und der Wölfin aus?«
Mirka blickte nachdenklich auf den See. »Ich weiß es nicht genau, es könnte auch eine Falle sein, um uns abzulenken. Aber warum sollte Inmee für die Vernichtung des heiligen Haines einen Zauber der weißen Göttin wählen, wenn ihr mit Hilfe des Rubins viel leichtere Wege der dunklen Seite offengestanden hätten, die ihren blutigen Durst nach Rache besser befriedigen konnten.«
»Die Versteinerung ist ein Zauber der weißen Göttin?« Antana hob erstaunt die Brauen.
Mirka ging weiter, während sie immer noch die Steine ringsum genau betrachtete. »Es ist ein altes Ritual, Ramee hat einmal in einer Geschichte davon erzählt. Der Stein gehört wie die Erde und das Wasser zu
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